Digital und automatisch kuppeln

27.04.2022

Güterverkehr auf der Schiene wettbewerbsfähiger machen

Der Güter­ver­kehr auf der Schie­ne lei­det unter man­cher­orts unzu­rei­chen­den Tras­sen­ka­pa­zi­tä­ten, Unpünkt­lich­keit und hohen Kos­ten. Das alles führt dazu, dass der Güter­trans­port auf der Schie­ne oft­mals als unwirt­schaft­lich gilt. Ein Bau­stein für die Stär­kung der Schie­ne ist die Digi­ta­le Auto­ma­ti­sche Kupp­lung. Statt Güter­wa­gen hän­disch und damit zeit­auf­wän­dig zu kup­peln, kann das auch auto­ma­tisch gesche­hen. Das Zau­ber­wort: „Digi­ta­le Auto­ma­ti­sche Kupp­lung“ (DAK). Die Grund­idee ist alles ande­re als neu und wird in eini­gen Regio­nen der Welt längst prak­ti­ziert – nicht aber bei uns. Mit einem „inno­va­ti­ven Test­zug“ wird die Tech­no­lo­gie gera­de auf einer Fahrt durch ver­schie­de­ne euro­päi­sche Län­der prak­tisch erprobt. Dabei sol­len ver­schie­de­ne kli­ma­ti­sche Situa­tio­nen, enge Kur­ven und stei­le Stre­cken befah­ren wer­den, um die Tech­nik aus­gie­big zu erpro­ben. Der Zug besteht aus 24 Wagen und ist schon vor Wochen in Ber­lin gestar­tet. Die Schar­fen­berg­kupp­lun­gen, auf die man sich in Euro­pa im Grund­satz bereits als gemein­sa­men Stan­dard ver­stän­digt hat (Detail­spe­zi­fi­ka­tio­nen ste­hen noch aus), stam­men von zwei Her­stel­lern, einem in Schwe­den und der Fir­ma Voith (Hei­den­heim, Baden-Würt­tem­berg). Die bei­den Sys­te­me haben sich unter einer Aus­wahl von vie­ren durch­ge­setzt. Die Tech­nik funk­tio­niert, ver­ein­facht aus­ge­drückt, so: Die Wagen wer­den beim Ran­gie­ren anein­an­der­ge­drückt und die Mit­tel­puf­fer­kupp­lun­gen stel­len selbst­stän­dig die mecha­ni­sche und elek­tri­sche Ver­bin­dung her. Aktu­ell wird der „Typ 4“ erprobt. Bei die­sem gibt es noch einen manu­el­len Arbeits­schritt beim Ent­kup­peln, der ab „Typ 5“ auto­ma­tisch erfol­gen soll. Neben der Arbeits­er­leich­te­rung bringt die DAK wei­te­re Vor­tei­le: Dank der elek­tro­pneu­ma­ti­schen Brem­sen kön­nen schwe­re­re Züge gefah­ren wer­den und es wer­den höhe­re Geschwin­dig­kei­ten mög­lich. Die Güter­zü­ge kön­nen dann bes­ser im Per­so­nen­ver­kehr „mit­schwim­men“. Durch die beschleu­nig­ten Ran­gier­ab­läu­fe steigt die Kapa­zi­tät der Umschlag­bahn­hö­fe um bis zu 40 Pro­zent.

Im Ber­li­ner West­ha­fen konn­te ich mir gemein­sam mit Abge­ord­ne­ten­kol­le­gen einen Teil der Güter­wa­gen anschau­en und von der Deut­schen Bahn erklä­ren las­sen. Erst sahen wir, wie zwei Wagen hän­disch gekup­pelt wer­den. Dann wur­de die DAK vor­ge­führt. Der eine Güter­wa­gen wur­de auf den ande­ren gescho­ben und – schwupp – war die Kupp­lung erfolgt.

Bil­lig ist die Sys­tem­um­stel­lung nicht. Pro Wagen wird mit einem Auf­wand von 15.000 Euro gerech­net. In der EU und wei­te­ren euro­päi­schen Län­dern wird ein Finan­zie­rungs­be­darf von rund neun Mil­li­ar­den Euro gese­hen. Für eine mar­gen­schwa­che Bran­che ist das zu viel. Hier wer­den die EU und die euro­päi­schen Staa­ten hel­fen müs­sen. Zuvor muss noch ein ein­heit­li­cher tech­ni­scher Stan­dard defi­niert wer­den. Zuletzt waren hier­zu immer mehr opti­mis­ti­sche Stim­men zu ver­neh­men, dass dies bald erfol­gen könn­te. Die Test­fahrt soll übri­gens mit Aus­lau­fen die­ses Jah­res enden.

Quel­len:

FAZ v. 08.03.2022

Pri­vat­bahn­ma­ga­zin 02/2022

Gesprä­che mit DB-Vertreter*innen

Gemein­sa­me Pres­se­er­klä­rung von Bun­des­ver­kehrs­mi­nis­te­ri­um und DB v. 26.04.2022