Schienengüterverkehr verlangt nach politischem Handeln
Nur ein knappes Fünftel des Güterverkehrs wird auf der Schiene abgewickelt. Der Lastwagen dominiert mit einem Anteil von rund 70 Prozent den Güterverkehr. Insbesondere der sog. „Einzelwagenverkehr“ ist in der Krise.
Hinter diesem Fachbegriff verbergen sich Güterwagen, die von verschiedenen Orten/Kunden stammen, in einem Rangierbahnhof (bspw. in Maschen, Mannheim und Kornwestheim) mit anderen Wagen gekuppelt und gemeinsam in ihre Zielregion gefahren werden. Dieses Sammel- und Verteilsystem ist in der Organisation und vom Personalaufwand her gesehen sehr aufwändig. Die Antwort der Bundesregierung auf unsere Anfrage offenbart die Probleme des Einzelwagenverkehrs in aller Deutlichkeit. Das ansteigende Durchschnittsalter der Güterwagen auf inzwischen 32 Jahre und das hohe Alter der Rangierloks (im Durchschnitt 42 Jahre alt) zeigen exemplarisch, dass die Deutsche Bahn über viele Jahre zu wenig investiert hat. Steigende Instandhaltungskosten legen den Sparkurs der Vergangenheit schonungslos offen. Auch der Schrumpfkurs, dem bis in die heutige Zeit Gleisanschlüsse zum Opfer fallen (2012: 1.520 von der DB bediente Güterverkehrsstellen, 2018: 1.400), hat nicht zur Gesundung des Einzelwagenverkehrs beigetragen. Im Gegenteil: Das ständige Wegbrechen von Gütermengen sorgt in einem fixkostengetriebenen System für steigende Kosten je Waggon.
Für die Verkehrswende und die Verlagerung von Güterverkehr auf die Schiene benötigen wir ein modernes und leistungsfähiges Einzelwagensystem. Deshalb brauchen wir umgehend ein Investitionsprogramm zur konsequenten Modernisierung und Automatisierung dieses wichtigen Segments des Güterverkehrs auf der Schiene. Der Bund muss mit einem neuen Gleisanschlussprogramm dafür sorgen, dass dem System zusätzliche Mengen zugeführt werden können.
Überfällig ist die europaweite Einführung einer automatischen Kupplung, mit der Betriebsabläufe im Güterverkehr weitgehend automatisiert werden können. Dies würde dem Einzelwagenverkehr einen enormen Schub in der Wirtschaftlichkeit verleihen. Hier brauchen wir eine Anschubfinanzierung durch den Bund, damit der Güterverkehr der Zukunft endlich ins Rollen kommt. Und schließlich braucht die Verkehrswende faire Wettbewerbsbedingungen zwischen den Güterbahnen und dem Lkw: Es ist ein Unding, dass wir jährlich noch Milliardenbeträge für die Subventionierung von Dieselkraftstoff ausgeben.