Beitrag für Dekarbonisierung auch auf der Schiene
Seit wenigen Tagen ist auf der Gäubahn der bundesweit erste Batteriezug (Hybrid Akku/Oberleitung) im Fahrgastbetrieb unterwegs. Er pendelt montags bis freitags als Verstärkerzug im Berufsverkehr zwischen Horb am Neckar und Stuttgart. Das Fahrzeug stammt aus dem Hause Bombardier/Alstom und wird, um in dieser Testphase mit DB Regio noch auf Nummer sicher zu gehen, unter der Oberleitung gefahren. So besteht im Falle einer Störung der Stromversorgung über die Batterie die Möglichkeit, den „Saft“ aus dem Fahrdraht zu ziehen. Es kann aber auch die Umschaltung zwischen Oberleitungs- und Batteriebetrieb erprobt werden. Parallel wird der Zug an Wochenenden im Fränkischen auf einer nicht elektrifizierten Strecke erprobt, an der die Batterie nur an den Start- und Zielpunkten geladen werden kann. So wird der Zug unter verschiedenen Laufprofilen und Batterieladeszenarien erprobt. Der Test soll bis zum 01. Mai 2022 laufen.
Ich bin mit dem Zug mitgefahren und hatte die Gelegenheit, mit einem Triebfahrzeugführer zu sprechen. Der Prototyp hat seine Akkus, bestehend aus vier Paketen, auf dem Dach. Diese ermöglichen mit seinem kleinen Akkupaket eine Reichweite von (nur) 40 Kilometer, die aber für die Testzwecke ausreichen (möglich sind mit zusätzlichen Akkupaketen 100 bis 150 Kilometer Reichweite). Der Zug begann seine Fahrt in Böblingen. An einem Unterwegsbahnhof wiesen die Akkus nur noch eine Ladung von zwei Prozent auf und ohne jeglichen Zeitverzug wurde der Stromabnehmer gehoben. Der Fahrstrom kam nun statt aus dem Speicher aus der Leitung. Zugleich wurde der Akku geladen, was bereits nach 10 Minuten (!) abgeschlossen war. Die in Strom zurück verwandelte Bremsenergie wandert in den Akku. Das Fahrgefühl war sehr gut, der Zug fuhr im einen wie auch im anderen Modus sehr angenehm ruhig. Der Triebfahrzeugführer äußerte sich sehr zufrieden, auch seine Kolleg*innen seine begeistert vom neuen Zug. Die Beschleunigung sei im Batterie- jedoch etwas schlechter als im Oberleitungsbetrieb.
Derzeit sind in Deutschland erst 60 Prozent der Streckenkilometer elektrifiziert. Die Ampelkoalition hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 auf einen Anteil von 75 Prozent zu kommen. Auch, wenn die Streckenelektrifizierung mittels Oberleitungen danach weiter geführt werden soll, wird immer Strecken geben, auf denen andere Möglichkeiten eines dekarbonisierten Bahnbetriebs gesucht werden müssen. Der Batteriezug ist eine Möglichkeit dafür.
Infos von Alstom:
Seit 2016 entwickelt Alstom zusammen mit der TU Berlin, mit Unterstützung der Nationalen Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW) sowie einer Förderung des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr, den batterie-elektrischen Zug. Er ist ein möglicher nachhaltiger Nachfolger für Dieselzüge in Deutschland: insgesamt 450 Linien im deutschen Schienennetz werden bislang ausschließlich mit Dieselzügen befahren.