26.02.2016
Fahrrad-Monitor Deutschland 2015 stellt der Bundesregierung ein schlechtes Zeugnis aus
Für den Fahrrad-Monitor werden durch die Sinus Markt- und Sozialforschung alle zwei Jahre rund 2.000 Menschen ab 14 Jahren nach ihrem Verkehrsverhalten und ihrer Fahrradnutzung befragt. Die Untersuchung wird vom Bundesverkehrsministerium gefördert und durch den ADFC unterstützt.
Verfügbarkeit von Fahrrädern
Knapp über drei Viertel der Deutschen leben in einem Haushalt mit einem Fahrrad. Im Schnitt befinden sich 2,4 Fahrräder in einem Haushalt.
Intensität der Fahrradnutzung Einsatzzwecke
62 Prozent der Menschen in Deutschland fahren mindestens gelegentlich, 38 Prozent fahren mindestens mehrmals wöchentlich mit dem Rad. Im Vergleich zu 2013 ist das eine Zunahme von 5 Prozent bei den gelegentlich Radfahrerenden und um 6 Prozent bei den wöchentlichen Radfahrerenden.
Knapp über die Hälfte nutzt das Fahrrad nie oder fast nie als reines Verkehrsmittel. Besonders beliebt ist das Rad für die Erledigung von Einkäufen und für Ausflüge. Seltener wird es auf dem Weg zur Arbeit genutzt. Allerdings steigt die Nutzung des Fahrrads auf dem Weg zur Arbeit im Vergleich zu 2013 von 35 auf 39 Prozent.
Die stärkste Nutzergruppe stellen die 14- bis 19-Jährigen dar, von denen 49% täglich oder mehrfach pro Woche das Rad nutzen. In den Altersgruppen von 20 bis 49 Jahre bleibt die Nutzungsintensität mit 38 bis 40 Prozent in etwa gleich, bis sie dann bei der Population der ab 50-Jährigen sinkt. Im Vergleich zu 2013 fuhren 2015 mehr Kinder täglich mit dem Fahrrad.
In kleineren Orten wird eher weniger Rad gefahren als in den größeren.
Von denjenigen, die das Rad auf dem Weg zur Arbeit oder Ausbildung nutzen, kombinieren 27 Prozent die Nutzung von Fahrrad und öffentlichem Nahverkehr. Das sind 6 Prozent weniger als noch 2013. Wenn Fahrrad und ÖPNV kombiniert werden, dann wird durchschnittlich die Hälfte der Gesamtstrecke, die im Schnitt 12 Kilometer lang ist, mit dem Rad zurückgelegt.
Sicherheitsempfinden
52 Prozent der Radfahrenden fühlen sich meistens sicher im Straßenverkehr, 48 Prozent fühlen sich eher nicht oder überhaupt nicht sicher. Im Jahr 2013 fühlten sich noch 53 Prozent der Radfahrenden meistens sicher.
E‑Bikes
17 Prozent der Befragten halten E‑Bikes/Pedelecs für sich für eine sehr interessante Variante. Das Interesse nimmt im Vergleich zu den vergangenen Jahren tendenziell zu. Für die Hälfte sind Fahrräder mit Elektromotor uninteressant; überwiegend deshalb, weil sie dafür keinen Bedarf sehen.
Beliebtheit und Einschätzung der Verkehrsmittel
Das Auto bleibt das Verkehrsmittel, das mit Abstand am liebsten genutzt wird. Dann folgen dicht aufeinander motorisierte Zweiräder und das Fahrrad. Fürs Auto sprechen aus Sicht der Befragten vor allem dessen Flexibilität, der Zeitvorteil, die Transportmöglichkeiten, der Komfort und –mit einigem Abstand – schließlich die Sicherheit. Das Fahrrad punktet mit dem Gesundheitseffekt, der Umweltfreundlichkeit, den geringen Kosten, dem Spaßfaktor und den einfachen Parkmöglichkeiten. Das Fahrrad schneidet damit fast durchweg besser ab als die öffentlichen Verkehrsmittel. Im Vergleich zu 2013 hat die Beliebtheit des Fahrrads zugenommen.
Fahrradfreundlichkeit der Bundesregierung
Nur 12 Prozent der Befragten stufen die Bundesregierung als fahrradfreundlich ein. Dies ist im Vergleich zu 2013 ein Rückgang um 3 Prozent. Insgesamt erhält die Bundesregierung von den Befragten bezüglich ihrer Fahrradfreundlichkeit lediglich die Schulnote 3,6.
Politische Konsequenzen
Die Befragten wünschen sich zuvorderst den Ausbau der Radwege und deren Beleuchtung und mehr sichere Abstellanlagen. Vor allem an Verknüpfungspunkten mit dem öffentlichen Verkehr wird Handlungsbedarf gesehen (die Bewertung der Sicherheit hat sich hier seit 2013 verschlechtert). Zudem sehen die Befragten einen zunehmenden Bedarf an Kampagnen für ein besseres Miteinander aller Verkehrsteilnehmer.
Die Politik darf sich ermutigt fühlen, mehr für den Radverkehr zu machen: Rund 82 Prozent der Befragten sprechen sich dafür aus, dass sich die Kommunalebene mehr mit dem Radverkehr beschäftigt. Auch, dass 9% weniger Personen als 2013 angeben, dass ihnen Fahrradfahren in ihrer Gemeinde Spaß macht, muss ein Ansporn sein, die Fahrradbedingungen in Deutschland zu verbessern.
Die Sicherheit im Straßenverkehr ist dabei ein wesentlicher Erfolgsfaktor. 13 Prozent der Befragten sagten aus, dass sie das Rad außerhalb der Freizeit nicht benutzen, weil es ihnen vor allem wegen des vielen Autoverkehrs zu gefährlich erscheint. Die gefühlte und objektive Radsicherheit muss erhöht werden, um mehr Menschen für das Rad als Verkehrsmittel zu gewinnen. Umwelteffekte stellen sich schließlich nur dann ein, wenn Radfahrten Autofahrten ersetzen.