Gespräch mit der Flughafen-Geschäftsführung

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18.08.2018

Gespräch mit Geschäfts­füh­re­rin Ari­na Frei­tag und Geschäfts­füh­rer Wal­ter Schoe­fer.

Aktuelle Probleme und Umweltthemen im Blick

Der Lan­des­flug­ha­fen Stutt­gart liegt in mei­nem Wahl­kreis. Obwohl ich sel­ber so gut wie nie flie­ge, tref­fe ich mich regel­mä­ßig mit der Geschäfts­füh­rung der Betrei­ber­ge­sell­schaft, der Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH (FSG).

Nach­dem ich die ver­kehr­li­che Anbin­dung des Flug­ha­fens und die umstrit­te­nen Park­platz­plä­ne in einem offe­nen Brief the­ma­ti­siert hat­te, war ein wei­te­rer Schwer­punkt die­ses Gesprächs die Orga­ni­sa­ti­on des Flug­ver­kehrs in Deutsch­land, die in den letz­ten Mona­ten mas­siv in die Kri­tik gera­ten war. Außer­dem ging es um wich­ti­ge Umwelt­fra­gen. 

All­ge­mei­ne Pro­ble­me im Flug­ver­kehr

In den letz­ten Mona­ten wird über ver­mehr­te Flug­aus­fäl­le und Ver­spä­tun­gen berich­tet. Als ursäch­lich hier­für wird eine Gemenge­la­ge aus Streiks an euro­päi­schen Flug­hä­fen (aktu­ell streikt das Per­so­nal von Ryan­air wegen der schlech­ten Arbeits­be­din­gun­gen), einem Man­gel an Flug­lot­sen, einer Häu­fung extre­mer Wet­ter­la­gen, die stei­gen­de Anzahl an Flug­gäs­ten, die eng getak­te­ten Ein­satz­plä­ne für die Flug­zeu­ge und die Sicher­heits­kon­trol­len an deut­schen Flug­hä­fen genannt. Zu den Sicher­heits­kon­trol­len: Hier steht die Bun­des­po­li­zei in der Ver­ant­wor­tung. Ihr obliegt auch die Fach­auf­sicht über die zahl­rei­chen pri­va­ten Sicher­heits­fir­men, derer sie sich bedient. Immer wie­der bemän­gelt wird die knap­pe Infra­struk­tur für Kon­trol­len und das Sicher­heits­per­so­nal. Die FSG hält die­se in Stutt­gart für momen­tan noch aus­rei­chend, sieht aber wegen der stei­gen­den Flug­gast­zah­len räum­li­chen Erwei­te­rungs­be­darf.

Der Streik bei Ryan­air lenkt die Bli­cke auf die Arbeits­be­din­gun­gen zumin­dest in Tei­len der Luft­wirt­schaft. Pilo­ten arbei­ten beim Bil­lig­flie­ger wie Schein­selbst­stän­di­ge ohne siche­res Ein­kom­men und auch ande­re Beschäf­ti­gungs­grup­pen kla­gen über schlech­te Bezah­lung. Selbst der Luft­han­sa­chef hat schon höhe­re Flug­prei­se gefor­dert. Flie­gen ist mei­ner Mei­nung nach oft­mals zu bil­lig, denn Nied­rig­prei­se ermög­li­chen weder fai­re Löh­ne noch decken sie auch nur ansatz­wei­se die Umwelt­schä­den, die sie ver­ur­sa­chen.

Der Koali­ti­ons­ver­trag sieht vor, dass der Bund höhe­re Kos­ten­an­tei­le für die Sicher­heits­kon­trol­len über­neh­men soll. Bis­her wird in Stutt­gart von jeder Per­son, die kon­trol­liert wird, ein Unkos­ten­bei­trag von etwa sechs Euro erho­ben. Da die­ser Satz nicht kos­ten­de­ckend ist, ist eine „Staats­de­ckung“ erfor­der­lich. Ob ein höhe­rer Eigen­fi­nan­zie­rungs­an­teil sinn­voll ist, haben wir in unse­rem Gespräch strit­tig dis­ku­tiert. Einer­seits ist die Gewäh­rung von Sicher­heit eine Gemein­schafts­auf­ga­be. Ande­rer­seits muss die Fra­ge gestellt wer­den, ob Kos­ten­an­tei­le für Urlaubs- (die den Groß­teil der Flü­ge aus­ma­chen) und Geschäfts­flü­ge von der All­ge­mein­heit getra­gen wer­den müs­sen. Ich mei­ne nein. Zumal der Flug­ver­kehr nicht, wie Bus und Bahn, der Gewähr­leis­tung der All­tags­mo­bi­li­tät dient. Das belegt gera­de „unser“ Flug­ha­fen: Rund 70 Pro­zent der Flug­gäs­te sind aus pri­va­tem Anlass, über­wie­gend tou­ris­tisch, unter­wegs. Der Flug­ver­kehr soll­te sich sel­ber finan­zie­ren.

Auf­hor­chen lässt die Mel­dung, dass ein Flug­zeug heu­te mehr Flü­ge bewäl­ti­gen muss als frü­her. Kaum gelan­det, steht bald schon der nächs­te Flug an. Ver­spä­te­te Lan­dun­gen bedeu­ten damit häu­fig zwangs­läu­fig Ver­spä­tun­gen beim Start. Der Auf­ent­halt am Boden wird knap­per kal­ku­liert. Da stellt sich die Fra­ge nach der Sicher­heit. Gibt es noch genü­gend Zeit, die Flug­zeu­ge vor dem Start aus­rei­chend zu che­cken? Ant­wort der FSG: Die eigent­li­chen Checks wer­den meist nicht in Stutt­gart, son­dern bei­spiels­wei­se in Frank­furt (Luft­han­sa) durch­ge­führt. Für Rei­ni­gung, Tan­ken und Kon­trol­len vor Abflü­gen sei­en min­des­tens 25 Minu­ten vor­ge­se­hen – und wür­den genutzt, da „Sicher­heit obers­te Prio­ri­tät hat“.

Nicht nur wegen des Wet­ters, son­dern auch wegen der eng gestrick­ten Umlauf­plä­ne der Flug­zeu­ge kommt es immer wie­der zu Ver­spä­tun­gen. Dabei gehört der Flug­ha­fen Stutt­gart zu den pünkt­lichs­te der Repu­blik, wie der Blick auf die Sta­tis­tik ver­rät. Deut­lich zuge­nom­men haben jedoch auch hier im bis­he­ri­gen Ver­lauf des Jah­res 2018 die Flug­aus­fäl­le (im ers­ten Halb­jahr 1.500 und damit fast so vie­le wie im gesam­ten Vor­jahr).

Umwelt­ma­nage­ment am Flug­ha­fen

Die Flug­ha­fen­ge­sell­schaft hat jüngst ihren aktu­el­len Nach­hal­tig­keits­be­richt vor­ge­legt. Die Betrei­ber­ge­sell­schaft hat sich das Ziel gesetzt, ent­spre­chend des Pari­ser Kli­ma­schutz­ab­kom­mens bis zum Jahr 2050 kli­ma­neu­tral wirt­schaf­ten zu wol­len. Als Zwi­schen­ziel wur­de eine Hal­bie­rung bis 2030 (gegen­über 1990) gesetzt. Eine Redu­zie­rung um 27 Pro­zent, so die FSG, sei bereits erreicht. Es wird u. a. auf fol­gen­de Maß­nah­men ver­wie­sen:

  • Inzwi­schen sind alle Pas­sa­gier­bus­se und ‑schlep­per elek­trisch unter­wegs
  • 48 öffent­li­che Lade­punk­te für E‑Autos
  • Für Beschäf­tig­te wer­den Mit­fahr­zen­tra­le und Job­ti­cket ange­bo­ten
  • Lärm- und emis­si­ons­ab­hän­gi­ge Start- und Lan­de­ge­büh­ren
  • Eigen­pro­duk­ti­on von Strom durch Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen
  • Eigen­pro­duk­ti­on von Strom und Wär­me durch Block­heiz­kraft­werk
  • Umstel­lung von 90 Pro­zent der Vor­feld­leuch­ten auf LED

Bis zum Jahr 2030 wird ein Anstieg der jähr­li­chen Flug­gast­zah­len von 11 (in 2017) auf 14 Mil­lio­nen Flug­gäs­te erwar­tet. Dies ist sehr kri­tisch zu sehen, denn der Flug­ver­kehr an sich ist die kli­ma­be­last­ends­te Ver­kehrs­art über­haupt. Vie­le Flü­ge sind auf die Bahn ver­la­ger­bar, denn mehr als ein Vier­tel der Rei­sen­den sind auf Inlands­flü­gen (vor allem Ber­lin und Ham­burg) unter­wegs.

Strit­tig ist die Park­platz­fra­ge. Die FSG sieht einen zusätz­li­chen Bedarf von 2.500 Stell­plät­zen, da die Anzahl der Rei­sen­den steigt. Wir haben über die Mit­nut­zung der Mes­se­park­plät­ze gespro­chen, was aber nur wäh­rend der mes­se­frei­en Zei­ten in gewis­ser Wei­se zuläs­sig ist – obwohl es auch Mes­sen mit ver­hält­nis­mä­ßig gerin­gen Besu­cher­zah­len gibt, bei denen Mes­se­park­plät­ze frei blei­ben. Ich mei­ne, dass die­se Fra­ge noch­mal erör­tert wer­den muss und dass vor allem viel stär­ker auf die öffent­li­chen Ver­kehrs­mit­tel gesetzt wer­den muss.

Die FSG plant den Bau einer Kero­sin­pipe­line, um jähr­lich rund 7.500 Lkw-Gefahr­gut­fahr­ten zu ver­mei­den. Die Plä­ne, die ich unter­stüt­ze, sind nicht neu, kom­men aber seit eini­ger Zeit wegen Wider­stän­den einer Gemein­de und von Grund­ei­gen­tü­mern nicht vor­an. Lei­der konn­te die FSG im Gespräch hier­zu von kei­nen Fort­schrit­ten berich­ten.

Im Umland wird der Flug­ha­fen stark durch den Flug­läm wahr­ge­nom­men. Der gemit­tel­te Dau­er­schall­pe­gel ist im Jahr 2017 gegen­über dem Vor­jahr leicht auf 53,9 dB(A) gesun­ken. Die Lärm­be­schwer­den gin­gen zurück. Dazu muss gesagt wer­den, dass trotz der gestie­ge­nen Flug­gast­zahl die Anzahl der Starts und Lan­dun­gen auf­grund grö­ße­rer und bes­ser aus­ge­las­te­ter Maschi­nen gesun­ken ist.