“Güter auf die Schiene” – Von den Sonntagsreden der SPD
Schwerer Stand für die Schiene – Auch wegen der Politik der großen Koalition
Der Anteil der Schiene beim Transport von Gütern stagniert. Zuletzt ist er sogar gesunken. Die Gründe sind bekannt. Aber die GroKo handelt nicht.
Nur noch 17,4 Prozent aller Güter wurden im Jahr 2016 auf dem Schienenweg transportiert (gemessen in Tonnenkilometern; Vorjahr 17,5 Prozent). Erneut zugelegt hat der Lkw. Quelle: https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2017/02/PD17_057_463.html
Das hat Gründe (ich beschränke mich hier auf drei):
- Die Schienen-Infrastruktur ist unzureichend entwickelt. Viele Knoten sind nicht ausreichend leistungsfähig. Und während die Bundesregierung Lang-Lkw zulässt ist noch immer keine Strategie erkennbar, mit der das sog. “740 Meter-Netz” endlich in Angriff genommen wird. Wenn auf den Hauptrouten längere Güterzüge fahren könnten, wäre dies für die Schiene ein wesentlicher wirtschaftlicher Vorteil. Mit den Ausbaugesetzen für Straße und Schiene, die aus dem Bundesverkehrswegeplan abgeleitet werden, setzt die GroKo aber “auf viel Straße und wenig Schiene”.
- Während die Trassenpreise ein den letzten Jahren gestiegen sind, wurde die Lkw-Maut durch die GroKo gesenkt.
- Mittel des Bundes für die Stärkung des kombinierten Verkehrs (Lkw für die “erste und letzte Meile”, Hauptstrecke per Bahn) werden seit Jahren nicht vollständig abgerufen, weil die Förderkriterien zu bürokratisch sind.
Nun hat die SPD wieder mal die Reduzierung der Trassenpreise angekündigt. Dazu sollte man wissen, dass wir Grüne dies beantragt hatten. Die SPD hat den Antrag abgelehnt und am Nachmittag desselben Tages auf einem Bahnkongress selber die Forderung nach niedrigeren Trassenpreisen erhoben. Nun hat sie ihre Forderung wiederholt.
Die Forderung der SPD nach niedrigeren Trassenpreisen im Bahnverkehr habe ich als Sprecher für Bahnpolitik und Mitglied im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages wie folgt kommentiert:
„Schön, dass die SPD jetzt auch einmal aufwacht. In den letzten vier Jahren hat die SPD in der Bundesregierung genug Zeit gehabt, die Weichen hin zu mehr Verkehr auf der Schiene zu stellen. Wir haben in den letzten Jahren die Absenkung der Trassenpreise immer wieder gefordert, Union und SPD haben derartige Anträge ein auf das andere Mal abgelehnt. Die Verkehrspolitik der Großen Koalition hat die Bedingungen für die Schiene von Jahr zu Jahr immer weiter verschlechtert. Jetzt verkauft die SPD das als Wahlprogramm, was sie selbst hätte vier Jahre lang umsetzen können, stattdessen aber verhindert hat. Immerhin rückt so endlich mal die Schiene ins Zentrum der Verkehrspolitik.“
Kommentare zu ““Güter auf die Schiene” – Von den Sonntagsreden der SPD”
Hallo Herr Gastel,
Beim Vorgehen in der (Deutschen) Politik fällt mir immer wieder auf, dass es mehr darum geht sich zu profilieren (ich hab’s erfunden), anstatt dass das Thema im Vordergrund steht. Durch diese “Reibungsverluste”, verzögern sich die effektive Umsetzungen und die damit verbundenen Verbesserungen immer wieder.
Mir scheint auch, von der GroKo werden erstmal alle Bahnprojekte zusammengestrichen und nur die Projekte, bei denen anschliessend am meisten protestiert wird, die werden dann wieder hochgestuft. So schien’s mir auch beim Bundesverkehrswegeplan z.B. mit dem Ausbau der Gäubahn, die ich wöchentlich als Pendler seit knapp 10 Jahren nutze.
Ich wünsche Ihnen viel Durchhaltevermögen und dass Sie sich mit nachvollziehbaren Argumenten durchsetzen.
Sehr geehrter Herr B,
vielen Dank für Ihren Kommentar. Wir werden durchhalten und am Ball bleiben …
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Gastel
“Wenn auf den Hauptrouten längere Güterzüge fahren könnten, wäre dies für die Schiene ein wesentlicher wirtschaftlicher Vorteil”: Wo ist das Problem? Natürlich könnten auch schon heute 1000-m-Güterzüge fahren – wenn auch auf Kosten des Personenverkehrs, weil ein solch langer Güterzug nicht überholt werden könnte, weil dafür die Überholstrecken zu kurz sind. Aber kann man den Güterverkehr auf der Schiene attraktiver, also wettbewerbsfähiger machen, wenn man ihn alle 15 bis 30 Kilometer an die Seite fahren muss? Ist das ökonomisch und ökologisch sinnvoll? Warum können Nahverkehrszüge (die RBs, kaum die gleichschnellen REs) nicht an Haltepunkten für den Fahrgastwechsel so halten, dass diese von den möglichst durchfahrenden Güterzügen überholt werden können? Genau da fehlt es an der Infrastruktur! Und an einer Betriebsqualität im DB Netz, die solch anspruchsvolle Konzepte wie in der Schweiz ermöglicht! Und Systemtrassen, auf welche die Infrastruktur abgestimmt werden kann – Stichwort Deutschland-Takt. Mit einem 740-m-Netz wie auch mit der Halbierung der Trassenpreise für den Schienengüterverkehr wird letztlich nur Placebopolitik betrieben, aber kein nennenswerter Schritt für eine zukunftsfähige Schiene in Deutschland geleistet.
Danke für Ihren Kommentar, Herr Bär. 1.000 Meter lange Züge können heute nicht überall fahren, beispielsweise wegen den Blockabständen. Was genau gemacht werden muss, um längere Züge fahren zu lassen (ohne den Personenverkehr zu beeinträchtigen), wird derzeit im Rahmen des Schienenwegeausbaugesetzes geprüft (leider viel zu spät in Auftrag gegeben). Ich bin der Meinung, dass eine deutliche Senkung der Trassenpreise keine ausreichende, aber doch eine von mehreren wichtigen Maßnahmen darstellt. Der SGV hat neben dem Kapazitäten- eben auch ein Kostenproblem.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Gastel
Hallo Herr Gastel,
neben den von Ihnen beschriebenen 3 Gründen besteht das Hauptproblem darin, daß der Besitzer der DB (also letztendlich der Bund) keine Strategie hat; soll die Bahn Rendite abwerfen oder ist sie Daseinfürsorge. Erst wenn diese Frage geklärt ist, haben die Vorstände der allzuvielen DB-AGs eine Möglichkeit, sich in ihrem Geschäftsfeld entsprechend zu
positionieren. Ein weiteres Problemfeld ist die Zersplitterung der DB, es gibt vielzuviel Reibungsverluste.
Der neue Vorstand Güterverkehr; Frau Nikutta, will den Einzelwagenverkehr stärken – gute Idee, aber seit Mora C ist dieser Bereich abgewürgt worden. Hier kommt auch wieder der von Ihnen genannte Punkt 1 ins Spiel – fehlende Infrastruktur. Um am Markt erfolgreich sein zu können, muß DB-Cargo aktiv werden, Aufträge akquirieren und nicht warten, bis eine Kundenanfrage kommt. Man muß die potentiellen Kunden regelrecht “abklappern”, die Wünsche mal erfassen und dann ein mögliches passendes “Angebot stricken”. Natürlich mit entsprechenden Zusagen zur Transport-qualität und Termintreue.
Ich denke, es geht viel mehr Güterverkehr, wenn man die Nebenstrecken mehr einbindet und die Verkehre entzerrt.
Aber solange die CSU-Verkehrsminister-Darsteller ihr Unwesen treiben, wird sich nicht viel ändern.
Man soll aber die Hoffnung auf Besserung aber nie aufgeben. In diesem Sinne durchhalten bis zur nächsten Bundestagswahl.
MfG Ralph Lemmen
Für den Schienengüterverkehr ist unter dem Stichwort “gewinnorientiertes Bahnunternehmen” auf die hohen Trassenpresie hinzuweisen. Diese wurden zwar abgesenkt, aber leider nur befristet und damit nahezu ohne jeden Effekt.