Verkehrsetat sorgt nur für eingeschränkte Zufriedenheit
Der Bundeshaushalt für das laufende Jahr nimmt Kontur an. Er ist aber noch kein richtiger „Ampelhaushalt“. Denn er basiert auf einem Entwurf der abgewählten Großen Koalition – und bleibt gerade im Verkehrsetat vielfach hinter dem Koalitionsvertrag und vor allem hinter den Notwendigkeiten zurück.
Für uns Grüne sind die Erfordernisse einer Verkehrswende mit einer deutlichen Stärkung der Schiene, der notwendigen Bremse beim Straßenaus- und ‑neubau und dem Abbau ökologisch schädlicher Subventionen klar. Macht man dies zum Maßstab, dann enttäuscht der Haushaltsentwurf, wie er vom Kabinett auf Basis des Entwurfs der Vorgänger-Regierung ins Rennen geschickt worden war und nun von den Haushalts-Fachleuten der Regierungsfraktionen überarbeitet wurde. Das Positive vorweg: Mehr Geld als noch im vergangenen Jahr 2021 gibt es für den Bedarfsplan Schiene, also die Aus- und Neubauvorhaben. Dafür sollen 1,9 statt zuvor knapp 1,6 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden. Die „Förderinitiative Elektrische Güterbahn“ soll mit 31 statt 25 Millionen Euro und die Terminals des Kombinierten Güterverkehrs (KV) sollen mit 78 statt 63 Millionen Euro ausgestattet werden. Ich freue mich außerdem über fünf Millionen Euro, mit denen beim Deutschen Institut für Schienenverkehrsforschung ein Projekt für europäische Nachtzüge gestartet werden soll. Vorgesehen ist ein neues Förderprogramm für Fahrradparkhäuser an Bahnhöfen in Höhe von 30 Millionen Euro. Für den Bau von Radwegen sind deutlich mehr Mittel vorgesehen, so zum Beispiel mit einem neuen Haushaltstitel für den Ausbau und die Erweiterung des Radnetzes Deutschlands, das auch touristischen Zwecken dient.
Beim Straßenaus- und Neubau ergibt sich folgendes Bild: Für die Autobahnen gibt es ein minimales Minus um 0,03 Prozent (1,5 Millionen Euro), bei den Bundesfernstraßen ein Minus von knapp 10 Prozent (entspricht 103 Millionen Euro).
Wirklich schwer verdaulich sind Kürzungen bei der Digitalisierung der Schiene, konkret von knapp 700 auf 612 Millionen Euro. Auch für die Bahnhöfe sind geringere Mittel, nämlich 164 statt zuvor 238 Millionen Euro, geplant. Hier ist, wie auch bei anderen Haushaltstiteln, anzumerken, dass die Deutsche Bahn in den vergangen Jahren sog. Haushaltsreste angehäuft hat. Dies bedeutet, dass sie mangels baureifer Projekte nicht in der Lage war, alle vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel zu verbauen. Diese Mittel stehen weiterhin zur Verfügung – on top zu den „frischen“ Haushaltsmitteln. Mehr Geld zur Verfügung zu stellen würde also zunächst einmal nicht dazu führen, dass tatsächlich mehr investiert wird.
Oftmals kommt in der Berichterstattung zum Haushalt das Thema Verpflichtungsermächtigungen zu kurz. Dabei sind diese jedoch zentral, da hier Geld in zukünftigen Haushaltsjahren vorreserviert wird. Für Schienenprojekte mit den zumeist sehr langen Realisierungszeiträumen ist diese Klarheit besonders bedeutsam. Hier gibt es bei der Digitalisierung der Schiene eine sehr erfreuliche Entwicklung, indem die Finanzierungssicherheit für die Zukunft deutlich verbessert wurde. Ebenfalls zentral sind die zusätzlichen Verpflichtungsermächtigungen im Bereich Fahrrad. Wichtigste Aufgabe für den Haushalt 2023 ist es, die Verpflichtungsermächtigungen im Bereich des Bedarfsplan Schiene („Bundesverkehrswegeplan“) so zu gestalten, dass die Mittel von 2022 mit 1,9 Milliarden Euro schnell auf deutlich über 2 Milliarden Euro, bis zur Mitte des Jahrzehnts auf knapp 3 Milliarden Euro, ansteigen werden.
Zu beachten ist, dass der Haushaltsplan für 2022 nach seiner Verabschiedung durch den Bundestag und die Inkraftsetzung nur für ein „Rumpfjahr“ gelten wird. Die Hoffnung beruht nun auf dem ersten vollständig von der Ampel zu erstellenden Haushaltsplan für das Jahr 2023, der bereits „in der Mache“ ist. Hierzu hat der Haushaltsausschuss festgehalten: „Die Bundesregierung ist aufgefordert, bei der Erstellung des Haushaltsentwurfs 2023 (…) bei der Anhebung (…) der Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur erheblich mehr in die Schiene als in die Straße zu investieren.“ Wichtig wird sein, dass der Bund die Finanzierungssicherheit mit weiteren Verpflichtungsermächtigungen erhöht und die Deutsche Bahn ihre Planungskapazitäten deutlich aufstockt.