Haushalt 2022 geht in Schlussberatungen

23.05.2022

Verkehrsetat sorgt nur für eingeschränkte Zufriedenheit

Der Bun­des­haus­halt für das lau­fen­de Jahr nimmt Kon­tur an. Er ist aber noch kein rich­ti­ger „Ampel­haus­halt“. Denn er basiert auf einem Ent­wurf der abge­wähl­ten Gro­ßen Koali­ti­on – und bleibt gera­de im Ver­kehrs­etat viel­fach hin­ter dem Koali­ti­ons­ver­trag und vor allem hin­ter den Not­wen­dig­kei­ten zurück.

Für uns Grü­ne sind die Erfor­der­nis­se einer Ver­kehrs­wen­de mit einer deut­li­chen Stär­kung der Schie­ne, der not­wen­di­gen Brem­se beim Stra­ßen­aus- und ‑neu­bau und dem Abbau öko­lo­gisch schäd­li­cher Sub­ven­tio­nen klar. Macht man dies zum Maß­stab, dann ent­täuscht der Haus­halts­ent­wurf, wie er vom Kabi­nett auf Basis des Ent­wurfs der Vor­gän­ger-Regie­rung ins Ren­nen geschickt wor­den war und nun von den Haus­halts-Fach­leu­ten der Regie­rungs­frak­tio­nen über­ar­bei­tet wur­de. Das Posi­ti­ve vor­weg: Mehr Geld als noch im ver­gan­ge­nen Jahr 2021 gibt es für den Bedarfs­plan Schie­ne, also die Aus- und Neu­bau­vor­ha­ben. Dafür sol­len 1,9 statt zuvor knapp 1,6 Mil­li­ar­den Euro zur Ver­fü­gung gestellt wer­den. Die „För­der­initia­ti­ve Elek­tri­sche Güter­bahn“ soll mit 31 statt 25 Mil­lio­nen Euro und die Ter­mi­nals des Kom­bi­nier­ten Güter­ver­kehrs (KV) sol­len mit 78 statt 63 Mil­lio­nen Euro aus­ge­stat­tet wer­den. Ich freue mich außer­dem über fünf Mil­lio­nen Euro, mit denen beim Deut­schen Insti­tut für Schie­nen­ver­kehrs­for­schung ein Pro­jekt für euro­päi­sche Nacht­zü­ge gestar­tet wer­den soll. Vor­ge­se­hen ist ein neu­es För­der­pro­gramm für Fahr­rad­park­häu­ser an Bahn­hö­fen in Höhe von 30 Mil­lio­nen Euro. Für den Bau von Rad­we­gen sind deut­lich mehr Mit­tel vor­ge­se­hen, so zum Bei­spiel mit einem neu­en Haus­halts­ti­tel für den Aus­bau und die Erwei­te­rung des Rad­net­zes Deutsch­lands, das auch tou­ris­ti­schen Zwe­cken dient.

Beim Stra­ßen­aus- und Neu­bau ergibt sich fol­gen­des Bild: Für die Auto­bah­nen gibt es ein mini­ma­les Minus um 0,03 Pro­zent (1,5 Mil­lio­nen Euro), bei den Bun­des­fern­stra­ßen ein Minus von knapp 10 Pro­zent (ent­spricht 103 Mil­lio­nen Euro).

Wirk­lich schwer ver­dau­lich sind Kür­zun­gen bei der Digi­ta­li­sie­rung der Schie­ne, kon­kret von knapp 700 auf 612 Mil­lio­nen Euro. Auch für die Bahn­hö­fe sind gerin­ge­re Mit­tel, näm­lich 164 statt zuvor 238 Mil­lio­nen Euro, geplant. Hier ist, wie auch bei ande­ren Haus­halts­ti­teln, anzu­mer­ken, dass die Deut­sche Bahn in den ver­gan­gen Jah­ren sog. Haus­halts­res­te ange­häuft hat. Dies bedeu­tet, dass sie man­gels bau­rei­fer Pro­jek­te nicht in der Lage war, alle vom Bund zur Ver­fü­gung gestell­ten Mit­tel zu ver­bau­en. Die­se Mit­tel ste­hen wei­ter­hin zur Ver­fü­gung – on top zu den „fri­schen“ Haus­halts­mit­teln. Mehr Geld zur Ver­fü­gung zu stel­len wür­de also zunächst ein­mal nicht dazu füh­ren, dass tat­säch­lich mehr inves­tiert wird.

Oft­mals kommt in der Bericht­erstat­tung zum Haus­halt das The­ma Ver­pflich­tungs­er­mäch­ti­gun­gen zu kurz. Dabei sind die­se jedoch zen­tral, da hier Geld in zukünf­ti­gen Haus­halts­jah­ren vor­re­ser­viert wird. Für Schie­nen­pro­jek­te mit den zumeist sehr lan­gen Rea­li­sie­rungs­zeit­räu­men ist die­se Klar­heit beson­ders bedeut­sam. Hier gibt es bei der Digi­ta­li­sie­rung der Schie­ne eine sehr erfreu­li­che Ent­wick­lung, indem die Finan­zie­rungs­si­cher­heit für die Zukunft deut­lich ver­bes­sert wur­de. Eben­falls zen­tral sind die zusätz­li­chen Ver­pflich­tungs­er­mäch­ti­gun­gen im Bereich Fahr­rad. Wich­tigs­te Auf­ga­be für den Haus­halt 2023 ist es, die Ver­pflich­tungs­er­mäch­ti­gun­gen im Bereich des Bedarfs­plan Schie­ne („Bun­des­ver­kehrs­we­ge­plan“) so zu gestal­ten, dass die Mit­tel von 2022 mit 1,9 Mil­li­ar­den Euro schnell auf deut­lich über 2 Mil­li­ar­den Euro, bis zur Mit­te des Jahr­zehnts auf knapp 3 Mil­li­ar­den Euro, anstei­gen wer­den.

Zu beach­ten ist, dass der Haus­halts­plan für 2022 nach sei­ner Ver­ab­schie­dung durch den Bun­des­tag und die Inkraft­set­zung nur für ein „Rumpf­jahr“ gel­ten wird. Die Hoff­nung beruht nun auf dem ers­ten voll­stän­dig von der Ampel zu erstel­len­den Haus­halts­plan für das Jahr 2023, der bereits „in der Mache“ ist. Hier­zu hat der Haus­halts­aus­schuss fest­ge­hal­ten: „Die Bun­des­re­gie­rung ist auf­ge­for­dert, bei der Erstel­lung des Haus­halts­ent­wurfs 2023 (…) bei der Anhe­bung (…) der Inves­ti­tio­nen in die Ver­kehrs­in­fra­struk­tur erheb­lich mehr in die Schie­ne als in die Stra­ße zu inves­tie­ren.“ Wich­tig wird sein, dass der Bund die Finan­zie­rungs­si­cher­heit mit wei­te­ren Ver­pflich­tungs­er­mäch­ti­gun­gen erhöht und die Deut­sche Bahn ihre Pla­nungs­ka­pa­zi­tä­ten deut­lich auf­stockt.