Hier wird der Bahnknoten Stuttgart gesteuert

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04.03.2020

Besuch im Stellwerk

Die Tech­nik wur­de in den 1960er-Jah­ren ent­wi­ckelt, 1978 wur­de das heu­ti­ge Stell­werk in Betrieb genom­men. Doch es gilt als nach wie vor zuver­läs­sig.

55 Fahr­dienst­lei­te­rin­nen und Fahr­dienst­lei­ter, von denen immer zwi­schen fünf und acht gleich­zei­tig anwe­send sind, über­wa­chen und regeln den Bahn­ver­kehr im Her­zen des Bahn­kno­tens Stutt­gart. Sie bedie­nen die knapp 700 Signa­le und fast 500 Wei­chen für den Fern‑, Regio­nal- und S‑Bahn-Ver­kehr im unmit­tel­ba­ren Bahn­hofs­be­reich und ent­lang der Stre­cken bis kurz vor Bad Cannstatt, bis vor Zuffen­hau­sen und die Pan­ora­m­abahn­stre­cke (Gäu­bahn) bis zum ehe­ma­li­gen West­bahn­hof sowie einen Teil der S‑Bahn. Der Stell­be­reich ist als sche­ma­ti­sches Gleis­bild an der Wand dar­ge­stellt. Die Bedie­nung der Schalt­knöp­fe erfolgt über das Zwei-Tas­ten-Prin­zip, bei dem immer zwei zuein­an­der gehö­ren­de Tas­ten gleich­zei­tig bedient wer­den müs­sen, um Fahr­stra­ßen für die Ein- oder Aus­fahrt frei zu geben. Die Tech­nik ist alt, aber nach Aus­sa­ge der Fahr­dienst­lei­ter robust und ver­mut­lich auch noch 20 Jah­re betriebs­be­reit. Doch soweit soll es nicht kom­men, denn mit Stutt­gart 21 soll der Bahn­kno­ten mit ETCS ohne Rück­fal­l­e­be­ne aus­ge­stat­tet sein und das alte Stell­werk – wie auch die Stell­wer­ke in Cannstatt und Vai­hin­gen – durch ein neu­es, digi­ta­les Stell­werk in Waib­lin­gen ersetzt wer­den.

Was mich beson­ders inter­es­sier­te war die Fra­ge der Aus­las­tung bzw. der Kapa­zi­tät des Haupt­bahn­hofs. Seit Jah­ren, näm­lich seit der Ent­glei­sung meh­re­rer IC-Züge, darf Gleis 10 nur von ICE-Zügen genutzt wer­den. Damit geht die Mög­lich­keit für die „Abfer­ti­gung“ von vier Zügen pro Stun­de ver­lo­ren. Alle Ver­su­che, das Gleis wie­der frei zu bekom­men, sind bis­lang an der feh­len­den Zustim­mung des Eisen­bahn­bun­des­am­tes geschei­tert. Ver­schärft wird die Situa­ti­on dadurch, dass die Anzahl der Züge zunimmt (Takt­ver­dich­tung etc.) und es noch Kom­mu­ni­ka­ti­ons­pro­ble­me mit den neu­en Wett­be­werbs­un­ter­neh­men (Abel­lio und Go Ahead) gibt. Neu war für mich, dass bei Tras­sen­ver­ga­ben immer nur die Ver­füg­bar­keit von Tras­sen, nicht aber die der Sta­tio­nen über­prüft wird. So kann es selbst dann, wenn alle Züge fahr­plan­kon­form unter­wegs sind, ins­be­son­de­re in den Haupt­ver­kehrs­zei­ten zu Eng­päs­sen im Bahn­hof kom­men. Dadurch kön­nen Ver­spä­tun­gen ent­ste­hen, obwohl zunächst alle Züge pünkt­lich waren.

Wir spra­chen des Wei­te­ren über die Per­so­nal­si­tua­ti­on und die Nach­wuchs­sor­gen und die geplan­te Umstel­lung auf digi­ta­le Stell­werk­tech­nik.

Ich konn­te eini­ges Neu­es für mei­ne Arbeit mit­neh­men. Mein Ein­druck: Das Team enga­giert sich sehr, trotz bestehen­der par­ti­el­ler struk­tu­rel­ler Eng­päs­se einen mög­lichst zuver­läs­si­gen Bahn­ver­kehr zu gewähr­leis­ten.