Hier wird der Bahnknoten Stuttgart gesteuert
Besuch im Stellwerk
Die Technik wurde in den 1960er-Jahren entwickelt, 1978 wurde das heutige Stellwerk in Betrieb genommen. Doch es gilt als nach wie vor zuverlässig.
55 Fahrdienstleiterinnen und Fahrdienstleiter, von denen immer zwischen fünf und acht gleichzeitig anwesend sind, überwachen und regeln den Bahnverkehr im Herzen des Bahnknotens Stuttgart. Sie bedienen die knapp 700 Signale und fast 500 Weichen für den Fern‑, Regional- und S‑Bahn-Verkehr im unmittelbaren Bahnhofsbereich und entlang der Strecken bis kurz vor Bad Cannstatt, bis vor Zuffenhausen und die Panoramabahnstrecke (Gäubahn) bis zum ehemaligen Westbahnhof sowie einen Teil der S‑Bahn. Der Stellbereich ist als schematisches Gleisbild an der Wand dargestellt. Die Bedienung der Schaltknöpfe erfolgt über das Zwei-Tasten-Prinzip, bei dem immer zwei zueinander gehörende Tasten gleichzeitig bedient werden müssen, um Fahrstraßen für die Ein- oder Ausfahrt frei zu geben. Die Technik ist alt, aber nach Aussage der Fahrdienstleiter robust und vermutlich auch noch 20 Jahre betriebsbereit. Doch soweit soll es nicht kommen, denn mit Stuttgart 21 soll der Bahnknoten mit ETCS ohne Rückfallebene ausgestattet sein und das alte Stellwerk – wie auch die Stellwerke in Cannstatt und Vaihingen – durch ein neues, digitales Stellwerk in Waiblingen ersetzt werden.
Was mich besonders interessierte war die Frage der Auslastung bzw. der Kapazität des Hauptbahnhofs. Seit Jahren, nämlich seit der Entgleisung mehrerer IC-Züge, darf Gleis 10 nur von ICE-Zügen genutzt werden. Damit geht die Möglichkeit für die „Abfertigung“ von vier Zügen pro Stunde verloren. Alle Versuche, das Gleis wieder frei zu bekommen, sind bislang an der fehlenden Zustimmung des Eisenbahnbundesamtes gescheitert. Verschärft wird die Situation dadurch, dass die Anzahl der Züge zunimmt (Taktverdichtung etc.) und es noch Kommunikationsprobleme mit den neuen Wettbewerbsunternehmen (Abellio und Go Ahead) gibt. Neu war für mich, dass bei Trassenvergaben immer nur die Verfügbarkeit von Trassen, nicht aber die der Stationen überprüft wird. So kann es selbst dann, wenn alle Züge fahrplankonform unterwegs sind, insbesondere in den Hauptverkehrszeiten zu Engpässen im Bahnhof kommen. Dadurch können Verspätungen entstehen, obwohl zunächst alle Züge pünktlich waren.
Wir sprachen des Weiteren über die Personalsituation und die Nachwuchssorgen und die geplante Umstellung auf digitale Stellwerktechnik.
Ich konnte einiges Neues für meine Arbeit mitnehmen. Mein Eindruck: Das Team engagiert sich sehr, trotz bestehender partieller struktureller Engpässe einen möglichst zuverlässigen Bahnverkehr zu gewährleisten.