17.12.2015
GRÜNE Bewertung des Konzernumbaus der Deutschen Bahn AG – Matthias Gastel: „Hoffnungsvolle Ankündigungen, aber noch zu wenig Konkretes!“
Zur heutigen Pressekonferenz zum Umbau des bundeseigenen DB-Konzerns in Berlin erklärt Matthias Gastel, bahnpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
„Die Pressekonferenz ist ein Eingeständnis, dass Vorstand und Aufsichtsrat in den letzten Jahren das Kerngeschäft Eisenbahn in Deutschland vernachlässigt haben. Die Deutsche Bahn AG hat mit Prestigeprojekten und der internationalen Logistik zuletzt den Blick auf Pünktlichkeit, Servicequalität und Kundenzufriedenheit bei ihren Zügen verloren. Es ist nicht das erste Mal, dass der Vorstand des DB-Konzerns Einsicht in gravierende Fehler und Versäumnisse zeigt. Damit muss aber auch die Zeit der Phrasendrescherei vorbei und die Zeit der konkreten Veränderungen gekommen sein. Für grundlegende Veränderungen fehlt aber in vielen Bereichen noch immer Mut. Dies gilt für den Bahnkonzern. Dies gilt aber in viel größerem Maße für den Bund als Eigentümer der DB AG.“
Zur Pünktlichkeit und Qualität der Züge:
„Jeder dritte Zug im Fernverkehr ist unpünktlich. Und zu viele Züge werden schon morgens mit Mängeln an Toiletten und der Gastronomie aufs Gleis gesetzt. Mobile Einsatzteams und der vermehrte Einsatz von digitaler Technik zur Behebung technischer Störungen an Fahrzeugen und an der Infrastruktur sind ebenso gute und notwendige Schritte wie die Verbesserung der Vegetationskontrolle. Dies wird aber nicht ausreichen, um die Pünktlichkeit deutlich zu erhöhen und Anschlüsse zu sichern. Nach wie vor fehlt eine umfassende Pünktlichkeitsstrategie.“
Zu WLAN in den Zügen:
„Die DB hat die Kundenerwartungen an die Verfügbarkeit von WLAN in den Zügen erst gründlich verpennt und dann zu zögerlich reagiert. Noch immer beschränkt sich die WLAN-Offensive zunächst nur auf die ICE-Züge. Dass selbst die erst seit wenigen Tagen fahrenden Doppelstock-InterCitys hier Nachrüstbedarf haben ist oberpeinlich.“
Zu den Bahnhöfen:
„Die DB will die Zuverlässigkeit von Aufzügen und Rolltreppen erhöhen. Das ist dringend notwendig. Allzu häufig kommt es vor, dass diese selbst an großen Bahnhöfen monatelang stillstehen. Leider sagt die DB nicht, wie sie das Problem konkret lösen möchte. Künftig muss es aus unserer Sicht möglich sein, die Stationsentgelte zu kürzen, wenn die Leistungen von DB Station & Service beispielsweise wegen defekter Rolltreppen nicht den Erwartungen entsprechen.
Die Stationsoffensive für den Neubau von deutschlandweit 350 Stationen ist zu begrüßen. Doch auch hier läuft die Deutsche Bahn Gefahr, nur Ankündigungen zu produzieren. Denn das Stationsprogramm ist auf das Wohlwollen der Länder angewiesen, die sich mit der vorgesehenen Mischfinanzierung an den Investitionen beteiligen sollen.“
Zur strategischen Ausrichtung des DB-Konzerns:
„Irritierend ist die Ausrichtung der DB AG auf dem internationalen Logistikmarkt. Während eine Konzentration auf das Kerngeschäft Eisenbahn in Deutschland dringender denn je ist, setzt der Konzernvorstand weiterhin auf Investitionen in die internationalen Aktivitäten von DB Schenker Logistics. Völlig unklar ist auch nach dem heutigen Tag die strategische Ausrichtung des Auslandgeschäfts. Der Bund als Eigentümer der Deutschen Bahn AG muss wissen, wohin hier mittel- und langfristig die Reise geht. Aus unserer Sicht sollte die DB die Konzerntöchter Schenker Logistics und Arriva vollständig veräußern. Damit werden zwei wesentliche Ziele erreicht: Erstens wird die überbordende Komplexität des Konzerns verringert. Und zweitens kann der dramatisch angewachsene Schuldenberg verringert werden.“
Zur Zukunft der Schlaf- und Liegewagen:
„Seit vielen Monaten besteht unter den Kunden der Nachtzüge mit Schlaf- und Liegewagen Unsicherheit über die Zukunft dieser Form des Reisens. Anstatt ein zukunftsfähiges Konzept vorzulegen und damit für Klarheit zu sorgen, hat der Konzernvorstand wieder nichts vorgelegt. Der vermehrte Einsatz von nächtlichen ICE-Zügen oder Bussen kann jedenfalls kein adäquater Ersatz für Schlaf- und Liegewagen sein. Jedes Versäumnis der DB ist ein Konjunkturprogramm für die Fernbusse, die zunehmend den Nachtreiseverkehr für sich entdecken.“
Zur Rolle der Politik:
„Der Bund als Eigentümer der Deutschen Bahn AG, vertreten durch die Bundesregierung, fällt völlig aus. Die Bundesregierung formuliert weder verkehrspolitische Erwartungen an den Bahnkonzern noch verschafft er dem System Schiene ein Umfeld, in dem dieses erfolgreich arbeiten kann. So sorgt die Bundesregierung nicht für niedrigere Trassenpreise und damit mehr Personen- und Güterverkehr. Stattdessen presst sie Dividenden aus dem Bahnkonzern heraus, die dieser nicht ohne Handlungsfähigkeit zu verlieren bezahlen kann.“