Studie im Auftrag der Grünen im Bundestag
Die Deutsche Bahn verfehlt seit längerem ihre selbst gesteckten Pünktlichkeitsziele. Dabei gilt nach ihrer Definition ein Zug erst ab sechs Minuten Ankunftsverspätung als unpünktlich. Gleichzeitig nicht erfasst wird eine sog. Anschlusspünktlichkeit, die zeigt, wie oft Kund*innen infolge unpünktlicher Züge ihre Anschlüsse tatsächlich verpassen. Der Frust ist groß, die Ideen bei der Deutschen Bahn und Bund dafür ziemlich bescheiden.
Wie lässt sich das Pünktlichkeitsdilemma wieder in den Griff bekommen? Und was kann vor allem kurzfristig dafür getan werden, damit der Bahnverkehr wieder pünktlicher und insgesamt zuverlässiger wird?
Eine aktuelle Studie der KCW GmbH im Auftrag der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen widmet sich genau diesen Fragen und schlägt kurz‑, mittel- bis langfristige Maßnahmen vor, mit denen dauerhafte und deutliche Effekte zur Steigerung der Pünktlichkeitsraten erreicht werden können.
Spannend sind vor allem diejenigen Maßnahmen, die innerhalb eines absehbaren Zeithorizonts, d. h. kurz- und mittelfristig, realisiert werden könnten. Aus den genannten Maßnahmen der Studie lassen sich folgenden Forderungen formulieren:
- Die Deutsche Bahn muss für ein standardisiertes Umleitungskonzept im Falle von Streckensperrungen sorgen.
- In Knotenbahnhöfen müssen Zugreserven erhöht werden, die im Fall von im Betrieb ausscheidenden Zügen schnell eingesetzt werden können.
- Die DB Netz sollte die Aufgabe übernehmen, eigene Abschlepp- und Schneepflugloks bereitzustellen.
- Der Fahrzeugeinsatz muss nach Linien sortiert werden, um Instandhaltungsprozesse zu vereinfachen und zu beschleunigen.
- Fahrzeuge sollten bestmöglich für den Einsatz auf unterschiedlichen Strecken ausgestattet werden, um zu vermeiden, dass auf bestimmten Strecken bestimmte Fahrzeuge nicht eingesetzt werden können.
- Personalplanungen sind rechtzeitig auf den Weg zu bringen und für Personalwechsel muss genügend Zeit eingeräumt werden.
- Das Buchungs- und Auskunftssystem muss ehrlicher werden und Fahrgastwechselzeiten müssen inklusive eventueller Bahnsteigwechsel gedacht und an der realen Praxis orientiert werden.
- Fahrgastrechte sollten einfacher in Anspruch genommen werden können und näher an den Bedürfnissen der Kund*innen ausgerichtet sein.
Mein Fazit: „Wir Grünen wollen, dass wieder mehr als 90 Prozent der Züge pünktlich fahren. Dafür braucht es mehr als aktionistische „Fünf-Punkte-Pläne“ der Deutschen Bahn. Wir brauchen eine bahnpolitische Agenda, die die Verdoppelung der Fahrgastzahlen im Schienenverkehr bis 2030 als verbindliches Ziel verfolgt und die Umsetzung der dafür erforderlichen Maßnahmen. Die Infrastruktur muss für dieses Ziel leistungsfähig ausgebaut werden. Der DB-Konzern muss dazu angehalten werden, seinen Fuhrpark entsprechend aufzustocken. Eine ausreichende Reserve ist bei allen künftigen Fahrzeugbestellungen zu berücksichtigen. Schließlich steht und fällt das zentrale bahnpolitische Projekt mit einer hohen Pünktlichkeit: Auch der Deutschland-Takt kann nur funktionieren, wenn die Fahrgäste in den Knotenbahnhöfen verlässlich ihre Anschlusszüge erreichen.“