Der Ulmer Hauptbahnhof ist ein wichtiger Knotenbahnhof, welcher täglich von rund 40.000 Reisenden genutzt wird. Hier laufen verschiedene Strecken zusammen. Neben der Filstalbahn aus Stuttgart und der Schnellfahrstrecke aus Wendlingen sind dies die Brenzbahn aus Aalen, die Donautalbahn aus Immendingen, die württembergische Südbahn aus Friedrichshafen und die Bahnstrecke aus München.
Derzeit wird das Bahnhofsgebäude des Ulmer Hauptbahnhofs saniert und modernisiert. Ich habe mich gemeinsam mit Planer*innen von DB InfraGO auf der Baustelle umgeschaut. Baubeginn war im Oktober 2024. Seither wurde das Bahnhofsgebäude auf den Rohbauzustand zurückgebaut. Kernstück ist ein neues Atrium. Eine Betondecke wurde herausgerissen und soll durch ein großes Glasdach ersetzt werden. Dadurch entsteht ein überdachter Innenbereich, in den der neue Wartebereich einziehen soll. Daneben wird eine barrierefreie Toilette entstehen. Die Toiletten in Untergeschoss werden durch einen Aufzug erschlossen, den es bisher nicht gab. Durch das Gebäude hindurch entsteht ein Durchgang mehr als bisher zu Bahnsteig 1. Die Empfangshalle wird heller und von der früheren Übermöblierung befreit. Die Treppe von/zu den Bahnsteigen wird in die Halle hineingerückt, wodurch dort und in der Unterführung mehr Tageslicht hineinkommt. Die Treppe wird durch eine Fahrtreppe ergänzt. Das Bauvorhaben befindet sich im Zeitplan und soll im Frühjahr 2027 fertiggestellt werden.
Gesteuert wird der Zugverkehr in Ulm momentan von einem Relaisstellwerk aus dem Jahr 1967. Aufgrund des Alters muss das Stellwerk ersetzt werden. Ursprünglich sollte hierfür der Zugverkehr in Ulm im Januar 2026 für vier Wochen unterbrochen werden, um das als Ersatz für das Relaisstellwerk fungierende Elektronische Stellwerk (ESTW) in Betrieb zu nehmen.
Dazu werden mehr als tausend signaltechnische Einrichtungen und Signale neu eingebaut bzw. aufgestellt. Für die Bau- und Abnahmephase hielt die Deutsche Bahn diese lange Vollsperrung für erforderlich. Die Sperrung sollte zudem genutzt werden für den Einbau neuer Weichenverbindungen inklusive Anpassungen der Oberleitung sowie für Instandhaltungsarbeiten. Ende Oktober 2026 gab die Deutsche Bahn bekannt, vom ursprünglich geplanten Inbetriebnahmekonzept für das ESTW abzusehen und durch eine „optimierte Inbetriebnahmeplanung“ (Wording der Deutschen Bahn) zu ersetzen. Begründet wird der Schritt mit der Einschätzung von Sachverständigen, dass selbst die lange, vierwöchige Sperrung nicht ausreichen könnte, um alle notwendigen Tests zur Inbetriebnahme des Stellwerks durchführen zu können.
Anstatt der vierwöchigen Komplettsperrung im Januar 2026 wird es in diesem Zeitraum nun eine einwöchige Teilsperrung zur Durchführung von Gleis- und Weichenarbeiten geben, da im Zuge des neuen ESTW auch Spurplananpassungen im Ulmer Bahnhof geplant sind.
Was die Bahn bisher allerdings bisher verschweigt: Ein neues Inbetriebnahmedatum für das ESTW. Damit entsteht der Eindruck, dass mit der Umschreibung der Neuorganisation der Inbetriebnahme des ESTW lediglich erhebliche Projektverzögerungen beim ESTW verschleiert werden. Womöglich droht eine für die Fahrgäste noch ungünstigere Situation als eine vierwöchige Sperrung, nämlich immer wiederkehrende, kurzfristig angekündigte und in Fahrplänen nicht ausgewiesene Sperrungen und Umleitungen. Aus Stuttgart kennen wir die lange nicht endenden Baustellenphasen, die für erheblichen Unmut sorgen.
Das neue Stellwerk legt auch die Grundlage für die spätere Ausrüstung mit ETCS. Da, so die DB, die Mehrzahl der Züge noch nicht mit ETCS ausgerüstet sind, wird der Bahnknoten mittelfristig mit ETCS zusätzlich zur konventionellen PZB mit Lichtsignalen ausgestattet. Hierbei spielt auch der Umstand eine Rolle, dass von den auf Ulm zulaufenden Strecken momentan lediglich die Schnellfahrstrecke aus Wendlingen mit ETCS ausgestattet ist.
Diese Informationen entstammen überwiegend den Antworten auf eine Kleine Anfrage meiner Fraktion. Leider wurden, wie beim Bundesverkehrsministerium üblich, nicht alle gestellten Fragen beantwortet. So wird die Frage, welche Effekte durch die neue Stellwerkstechnik beispielsweise auf die Fahrzeiten zu erwarten sind, gänzlich ignoriert.
