InfraGo gestartet – Mit neuem Unternehmen aber noch nicht am Ziel

Zu Jah­res­be­ginn wur­de die ers­te Struk­tur­re­form bei der Deut­schen Bahn seit 30 Jah­ren umge­setzt – und damit ein Punkt aus dem Koali­ti­ons­ver­trag. Kon­kret wur­den die bei­den bis­her getrennt geführ­ten Infra­struk­tur­un­ter­neh­men “DB Sta­ti­on & Ser­vice“ sowie “DB Netz“ zu einem Unter­neh­men, der “DB Infra­Go AG“, zusam­men­ge­legt.

Das neue Unter­neh­men weist wei­te­re inter­es­san­te Merk­ma­le auf: So wur­den in der Sat­zung erst­mals Zie­le und Auf­ga­ben näher beschrie­ben (sie­he Tabel­le) und am Gemein­wohl aus­ge­rich­tet. Zu den Zie­len gehö­ren bei­spiels­wei­se die Schaf­fung von Leis­tungs­fä­hig­keit auf einer qua­li­ta­tiv guten Eisen­bahn­in­fra­struk­tur. Dar­auf ist der Vor­stand ver­pflich­tet. Wie sich der Gemein­wohl­auf­trag mit der Rechts­form einer Akti­en­ge­sell­schaft “ver­trägt“, wird sich zei­gen. Letzt­lich hängt die Aus­prä­gung des gemein­wohl­ori­en­tier­ten Han­delns immer auch von den Men­schen ab, die Ent­schei­dun­gen zu tref­fen haben. Der Gemein­wohl­auf­trag hängt also nicht aus­schließ­lich von Struk­tu­ren ab. Vor allem muss er prak­tisch gelebt wer­den. Der Vor­stand und der Auf­sichts­rat sind übri­gens schlan­ker auf­ge­stellt als die Sum­me aus bei­den frü­he­ren Unter­neh­men.

Ist nun also alles gut? Lei­der nein. Denn bedau­er­li­cher­wei­se sind eini­ge wich­ti­ge Punk­te zur Steue­rung des neu­en Unter­neh­mens noch unklar. Das Kern­ele­ment soll der “Inf­ra­plan“ wer­den. Die­ser soll mit einer Per­spek­ti­ve von fünf Jah­ren die Sanie­rung sowie den Neu- und Aus­bau der DB Infra­GO bes­ser steu­ern. Er soll Kenn­grö­ßen beinhal­ten, die die Leis­tun­gen der DB Infra­GO auf­zei­gen. Bei Abwei­chung sol­len Kor­rek­tur­maß­nah­men ergrif­fen wer­den. Unse­re (grü­ne) Vor­stel­lung: Er ist aus­ge­rich­tet an der nächs­ten Etap­pe des Deutsch­land­takts (sowie dazu­ge­setz­ten Zie­len beim Bestands­netz, z. B. durch eine Ziel­no­te für den Netz­zu­stands­be­richt). Vor­zu­se­hen sein soll­te, dass der Intra­plan jedes Jahr fort­ge­schrie­ben wird und über einen Zeit­raum von sechs Jah­ren gül­tig ist. Mit Fort­schrei­bung des Inf­ra­plans wer­den auch die Finan­zie­run­gen abge­si­chert und ver­bind­lich ein­ge­gan­gen. Bei Neu- und Aus­bau wer­den dabei Ver­ein­ba­run­gen für die Pla­nung und den Bau ein­ge­gan­gen. Der Inf­ra­plan sichert ab, dass Neu- und Aus­bau recht­zei­tig geplant und gebaut wer­den, damit die Etap­pen des Deutsch­land­takts umge­setzt wer­den kön­nen. Dazu braucht es auch Kenn­grö­ßen, die zum Bei­spiel die ver­füg­ba­ren Pla­nungs- und Bau­ka­pa­zi­tä­ten (ver­füg­ba­res Per­so­nal, Maschi­nen, Bau­fir­men) beinhal­ten. Bei­spiel für gut funk­tio­nie­ren­de Kenn­grö­ßen fin­den sich im Netz­zu­stands­be­richt in der Schweiz sowie in der Rah­men­ver­ein­ba­rung in Öster­reich. Das bis­her vor­ge­leg­te Kon­zept des Bun­des­ver­kehrs­mi­nis­te­ri­ums erfüllt die­se Anfor­de­run­gen lei­der noch nicht. Für einen wirk­lich schlag­kräf­ti­gen Inf­ra­plan müs­sen daher noch umfas­sen­de Kor­rek­tu­ren erfol­gen.

Unklar­heit besteht auch noch bei der Zusam­men­set­zung und der Struk­tur des Sek­tor­bei­rats. Die­ser soll bis­he­ri­ge Gre­mi­en bün­deln und sicher­stel­len, dass der Sek­tor bei den Ent­wick­lun­gen der Infra­GO aus­rei­chend ein­ge­bun­den ist. Dabei sol­len ver­schie­de­ne Ver­tre­ter aus dem Bahn­sek­tor unter Zur­ver­fü­gung­stel­lung aus­rei­chen­der Infor­ma­tio­nen die Fort­schrit­te der Infra­GO bewer­ten und Pro­ble­me anzei­gen kön­nen. Aller­dings gibt es hier auch Män­gel in der Umset­zung und der recht­li­chen Ver­an­ke­rung, die aus unse­rer Sicht gesetz­lich erfol­gen soll­te. Wich­tig Ist auch, einen aus­rei­chen­den Infor­ma­ti­ons­fluss und ein weit rei­chen­des Aus­kunfts­recht sicher­zu­stel­len.

Schließ­lich feh­len im neu­en Unter­neh­men noch die Infra­struk­tur­tei­le von DB Ener­gie, um mit Infra­Go die gesam­te Infra­struk­tur abzu­bil­den. Hier­für ist ein zwei­ter Reform­schritt erfor­der­lich.

Neue Finan­zie­rungs­ar­chi­tek­tur erfor­der­lich

Schon der “Beschleu­ni­gungs­kom­mis­si­on Schie­ne“, die Ende 2022 ihre Emp­feh­lun­gen vor­ge­legt hat­te, war eine neue Finan­zie­rung von Schie­nen-Infra­struk­tur wich­tig. Die schlus zwei Fonds vor, um von den bis zu 180 Finan­zie­rungs­töp­fen weg­zu­kom­men, auf die sei­tens Deut­scher Bahn heu­te zuge­grif­fen wird. Mit den Fonds soll eine über­jäh­ri­ge, län­ger­fris­tig gesi­cher­te Finan­zie­rung gewähr­leis­tet wer­den.

Mit dem Urteil des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts und dem deut­lich höhe­ren nach­ho­len­den Finan­zie­rungs­be­darfs ist nun aber deut­lich gewor­den, dass die Finan­zie­rung nicht allei­ne aus dem Bun­des­haus­halt gelin­gen kann. Eine Opti­on könn­te das öster­rei­chi­sche Modell sein. Über­tra­gen auf Deutsch­land könn­te dies so aus­se­hen: Die Deut­sche Bahn (oder eine dafür zu grün­den­de Gesell­schaft, sie­he Öster­reich) nimmt für die mit dem Bund abge­stimm­ten Aus- und Neu­bau­pro­jek­te Kre­di­te auf. Der Bund gewähr­leis­tet die Über­nah­me von min­des­tens 80 Pro­zent von Zins und Til­gung, get­reckt auf die Nut­zungs­dau­er der geschaf­fe­nen Infra­struk­tur (bei­spiels­wei­se 40 Jah­re).