06.11.2015
Der Schienenverkehr ist von „Natur aus“ eine äußerst energieeffiziente und umweltfreundliche Art der Fortbewegung. Dies begründet sich beispielweise darin, dass die Reibungen zwischen Rad und Schiene deutlich geringer ist, als die zwischen Gummi und Asphalt im Straßenverkehr. Doch auf diesem Vorteil ruht sich die Bahnbranche nicht aus. Zahlreiche neue Innovationen sollen helfen, den Schienenverkehr noch emissionsärmer zu machen. In loser Folge werden im Newsletter einige aktuelle Technologien kurz vorgestellt, die das Zugfahren der Zukunft noch ökologischer machen sollen. Heute betrachten wir eine Innovation in der Bahnstromversorgung:
Bei Autos ist der elektrische Antrieb der Fahrzeuge gerade in aller Munde – bei der Bahn ist er seit über 100 Jahren eine Selbstverständlichkeit. Bereits im Jahr 1879 wurde auf einer Gewerbeausstellung in Berlin die erste elektrische Lokomotive vorgestellt. Dieses hohe Alter des umweltfreundlichen elektrischen Antriebs bei der Eisenbahn bringt jedoch auch eine Problematik mit sich, denn die damaligen elektrischen Motoren waren noch lange nicht ausgereift. So konnten sie zum Beispiel nur zuverlässig mit einem 16,7 Hertz Wechselstrom betrieben werden. Dies bedeutet, dass mit einer Frequenz von 16,7 Hertz – also knapp 17 Mal pro Sekunde – der Plus- und Minuspol vertauscht wird.
Da der Stand der Technik damals nichts anderes zuließ, entschied man sich, eben diese 16,7 Hertz für das Bahnstromnetz festzulegen. Die Entwicklung der Elektromotoren schritt jedoch schnell voran, sodass bald der Betrieb mit 50 Hertz Wechselstrom problemlos möglich war. Weil diese Frequenz für kleinere Motoren Vorteile mit sich brachte, legte man die 50 Hertz für das öffentliche Stromnetz fest.
Nun stand man vor einem Problem: Während das gewöhnliche deutsche Stromnetz mit 50 Hertz betrieben wird, wird beim Bahnstromnetz bis heute eine Frequenz von 16,67 Hertz eingesetzt. Man benötigt bei der Bahn also eigene Stromleitungen, aber besonders auch eigene Kraftwerke. Will man dies vermeiden, kann man einen 50 Hertz Strom auch in einen 16,67 Hertz Strom umwandeln. Dieser Wechsel der Frequenz geschah früher mit sogenannten Umformern. Sie wandelten die Frequenz auf eine mechanische Art unter Verwendung großer rotierender Massen um. Dabei wird jedoch lediglich ein Wirkungsgrad von ca. 80% erreicht – es gehen also 20% der elektrischen Energie verloren. Heute kommen für den Wechsel der Frequenz mehr und mehr sogenannte Umrichter zum Einsatz. Sie wandeln die Frequenz des Stromes mit elektrischen Schaltern um. Diese Schalter werden kurz gesagt so ein- und ausgeschaltet, dass der Strom den richtigen „Takt“ bekommt.
Und eben diese Umrichter sind eine willkommene Innovation – denn ihr Wirkungsgrad liegt bei bis zu 98%. Die Verluste bei der Umwandlung können damit also um das Zehnfache gesenkt werden! Das ist besonders im Hinblick auf die Energiewende von größter Bedeutung. Im Rahmen des verstärkten Einsatzes von erneuerbaren Energien ist nämlich eine möglichst weitgehende Vereinigung des gewöhnlichen Stromnetzes mit dem Bahnstromnetz wünschenswert. Die Umrichtertechnik war also auch ein Baustein zur Energiewende.
Wer sich nun im Nachgang fragt, warum man nicht einfach nachträglich beim Bahnstromnetz zu einer Frequenz von 50 Hertz gewechselt ist: ein solcher Wechsel wäre bei älteren Lokomotiven sehr problematisch gewesen. Teilweise hätte man sogar die Motoren austauschen müssen – und zwar in kürzester Zeit. Weiterhin wären auch aufwendige infrastrukturelle Anpassungen nötig gewesen. Für die weite Zukunft ist der Einsatz von 50 Hertz beim Bahnstrom jedoch in Überlegung.