Kompetenzstelle: Konflikte bei Bahnausbau besser klären!

Die Bahn in Deutsch­land lei­det unter einem schlech­ten Zustand der Infra­struk­tur, Eng­päs­sen, unzu­rei­chen­den Kapa­zi­tä­ten und aus all die­sen (und wei­te­ren) Grün­den einer hohen Ver­spä­tungs­an­fäl­lig­keit. Ange­bots­ver­bes­se­run­gen im Regio­nal- und Fern­ver­kehr sind häu­fig nicht mög­lich und viel zu vie­le im Grun­de bahn­af­fi­ne Güter wer­den auf der Stra­ße trans­por­tiert. Es muss also mehr saniert und im sowie am Bestand müs­sen Kapa­zi­tä­ten erhöht wer­den. Dem die­nen die mehr als 40 Kor­ri­dor­sa­nie­run­gen. All das wird aber lei­der auf eini­gen Kor­ri­do­ren nicht aus­rei­chen, um Über­las­tun­gen zu ver­mei­den, geschwei­ge denn grö­ße­re Ange­bots­ver­bes­se­run­gen und Ver­kehrs­ver­la­ge­run­gen zuguns­ten der kli­ma­ver­träg­li­che­ren Schie­ne errei­chen zu kön­nen. Daher braucht es auf eini­gen Rela­tio­nen Neu­po­si­tio­nie­run­gen von Gleis­la­gen für höhe­re Geschwin­dig­kei­ten und Flä­chen für zusätz­li­che Glei­se oder auch bestands­na­he oder mit ande­ren Ver­kehrs­we­gen best­mög­lich gebün­del­te Neu­bau­stre­cken.

Dabei muss end­lich nach einem fach­lich fun­dier­ten Plan vor­ge­gan­gen wer­den. Der Deutsch­land­takt ist die Pla­nungs­grund­la­ge, um wei­te­re Fias­kos wie Stutt­gart 21 zu ver­mei­den. Es darf nicht mehr „irgend­et­was irgend­wo“ gebaut wer­den. Es muss ein Ziel­fahr­plan zugrun­de lie­gen, in dem eine bedarfs­ge­recht defi­nier­te Anzahl von Regional‑, Fern- und Güter­zü­gen vor­ge­se­hen ist und opti­ma­le Umstei­ge­zei­ten in Kno­ten­bahn­hö­fen mög­lich sind. Damit wird ver­mie­den, dass „zu klein“ (sie­he Stutt­gart 21 und den neu­en Bahn­kno­ten in Lin­dau) gebaut wird oder die Fahr­gäs­te in Kno­ten­bahn­hö­fen bis zu 50 Minu­ten auf ihren Anschluss war­ten müs­sen (sie­he Nürn­berg an der NBS zwi­schen Mün­chen und Ber­lin). Der Aus­bau von Bestands­stre­cken und neue Glei­se an oder fern der Bestands­stre­cke lösen aber meist Debat­ten vor Ort aus. Denn alle Vari­an­ten von Infra­struk­tur­pro­jek­ten ver­ur­sa­chen ver­schie­de­ne Betrof­fen­hei­ten. Es geht um Lärm, Flä­chen­ver­brauch, Land­wirt­schaft, Natur­schutz, Zer­schnei­dungs­wir­kun­gen, Grund­was­ser etc. Es geht aber auch um die Auf­lö­sung von Eng­päs­sen im Schie­nen­netz und attrak­ti­ve Fahr­plä­ne. Vor- und Nach­tei­le müs­sen bewer­tet und abge­wo­gen wer­den, um eine Ent­schei­dung tref­fen zu kön­nen. Auch, wenn alle grund­sätz­li­chen Ent­schei­dun­gen, die Pla­nungs­pro­zes­se in Gang set­zen, durch den Bun­des­tag getrof­fen wer­den (Bun­des­schie­nen­we­ge­aus­bau­ge­setz mit dem Bedarfs­plan), zeigt die Pra­xis ein Pro­blem auf: Es ist die Deut­sche Bahn, die auf Grund­la­ge poli­ti­scher Vor­ga­ben im Bedarfs­plan plant und Vari­an­ten bewer­tet oder bewer­ten lässt. Das Bun­des­ver­kehrs­mi­nis­te­ri­um, der Bun­des­tag und auch die Öffent­lich­keit sind in hohem Maße von Anga­ben der Deut­schen Bahn abhän­gig. Eine von der Deut­schen Bahn, aber auch von inter­es­sen­ge­lei­te­ten Orga­ni­sa­tio­nen wie Bürger*inneninitiativen oder Kom­mu­nen unab­hän­gi­ge Exper­ti­se gibt es kaum.

Mit mei­nem Büro habe ich daher die Idee einer “Kom­pe­tenz­stel­le für Deutsch­land­takt und Schie­nen­in­fra­struk­tur“ ent­wi­ckelt. Hin­ter­grund: Aus- und Neu­bau­pro­jek­te sind – wie beschrie­ben – vor Ort häu­fig strit­tig. Posi­tio­nen sind schnell fest­ge­fah­ren, Bun­des­ver­kehrs­mi­nis­te­ri­um und Bun­des­po­li­tik sind stark von der Exper­ti­se der DB abhän­gig. Aus die­ser Erfah­rung ent­stand die Idee einer mög­lichst unab­hän­gi­gen, beim Deut­schen Zen­trum für Schie­nen­ver­kehrs­for­schung (DZSF) ange­sie­del­ten Instanz, die ein­zel­ne Streit­fra­gen im Auf­trag bspw. von Bun­des­tag oder Dia­log­fo­ren prü­fen und bewer­ten (nicht aber ent­schei­den) kann. Damit, so die Hoff­nung, soll Bewe­gung in fest­ge­fah­re­ne Situa­tio­nen kom­men. Ent­we­der wer­den Pla­nun­gen der die DB bestä­tigt oder aber die­se wer­den erschüt­tert und die DB muss noch­mal über ihre Plä­ne „drü­ber gehen“, also Miss­ver­ständ­nis­se aus­räu­men oder aber Plä­ne (ggf. per Bun­des­tags­be­schluss) ändern. So kommt zusätz­li­che Fach­ex­per­ti­se in den Pro­zess von Mei­nungs­bil­dung und Ent­schei­dung und es ent­steht eine neue, bes­se­re Trans­pa­renz bei strit­ti­gen Aspek­ten.

Hier ist unse­re Kon­zept­idee zu fin­den: Kom­pe­tenz­stel­le Infra­struk­tur­pla­nung und Deutsch­land­takt

Hin­weis auf einen der Zei­tungs­ar­ti­kel über die Idee: https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.verkehrsexperten-umstrittene-bahnprojekte-eine-neue-stelle-soll-konflikte-entschaerfen.8eaee6ae-2202–4421-acc4-dfd64262654a.html