Deutschland gilt als Land, das vom Import vieler Rohstoffe abhängig ist. In den Krisen der letzten Jahre haben wir erlebt, wie gefährlich dies für unsere Wirtschaft und unseren Lebensstandard sein kann. Auch und gerade moderne Technologien kann es nur geben, wenn erforderliche Rohstoffe, darunter auch seltene Erden, zuverlässig verfügbar sind. Dabei kommen der Herkunft, also den Förderländern, den Tarnsportwegen und zunehmend auch dem Recycling besondere Bedeutungen zu.
Das Unternehmen „Vulcan Energy“ mit Sitz in Karlsruhe und 340 Beschäftigten, hat sich des Leichtmetalls Lithium angenommen. Im Rheingraben fördert es den kostbaren Rohstoff aus Tiefen von bis zu fünf Kilometern, der für Akkumulatoren, für Legierungen und in der Medizin verwendet wird, aber auch für Glas und Porzellan. Dazu wird Sole aus den Tiefen des Oberrheingrabens gepumpt. Die Wärme dient als erneuerbare Energie. Aus der natürlich erhitzten Sole wird zudem Lithium in Batteriequalität gewonnen. In der Sole sind weitere Rohstoffe wie Magnesium, Eisen und Natrium enthalten, für die aber keine Abbauerlaubnis vorliegt. Genutzt werden bisher schon länger vorhandene Bohrlöcher, aus denen bisher aber lediglich Strom (grundlastfähig!) gewonnen wurde. Seit das Unternehmen die Sole-Förderung übernommen hat, wird auch Wärme gewonnen – und Lithium. Interessant: Die zwei Bohrlöcher befinden sich nur vier Meter auseinander. Da diese sich bis zur Tiefe von 3,5 Kilometer immer weiter auseinanderspreizen, machen sie sich keine Konkurrenz. Die Sole gelangt durch Eigendruck an die Oberfläche. Die vorhandenen Bohrungen reichen noch für 100 Jahre zur Wärme- und für 30 Jahre zur Lithiumgewinnung.
Ziel des Unternehmens ist, weltweit führender Produzent klimaneutralen Lithiums für den europäischen Markt zu werden. Dazu bringt das Unternehmen nach eigenen Worten große Erfahrung in der Tiefengeothermie, im Lithium-Bereich, im Chemie-Sektor, im Bereich von Energieprojekten und im Bohrwesen mit.
Die Aktivitäten des Unternehmens zur Gewinnung von Lithium:
- Ressourcenbewertung
Mit elektrischen Bohrgeräten wird gebohrt und geothermische Li-haltige Sole gefördert und untersucht.
- Geothermische Energie und Wärme
Mit Geothermie- und Lithium-Gewinnungsanlagen wird heißes Thermalwasser gefördert, das in das geothermische Kraftwerk geleitet wird, um Strom und Wärme zu gewinnen und in das Stromnetz und die Fernwärmenetze einzuspeisen.
- Lithium-Extraktion
Aus der Sole wird Lithiumchlorid hergestellt.
- Lithium-Verarbeitung
Das Lithiumchlorid wird im Industriepark Frankfurt Höchst durch Elektrolyse in Lithiumhydroxid-Monohydrat (LHM) umgewandelt. Das LHM wird anschließend an Hersteller von Batterien für Elektrofahrzeuge geliefert.
Ich war mit einigen Interessierten aus der grünen Partei vor Ort auf dem Förderfeld und im Informationszentrum in Landau (Rheinland-Pfalz), um direkte Informationen und Eindrücke aufzunehmen. Das Unternehmen plant, (inklusive der vorhandenen) 24 Bohrungen an sechs Bohrplätzen einzurichten bzw. zu betreiben. Ab 2028/2029 soll die geförderte Lithiummenge dann für Akkus für rund 500.000 E‑Autos ausreichen. Dies wäre der Beginn des kommerziellen Betriebs der Anlagen. Der Abnahmemarkt wird weit überwiegend in Europa gesehen. Die öffentliche Meinung, die teils von Skepsis geprägt war, habe sich positiv entwickelt.
Im Vergleich zum Bergbau gilt die Lithiumgewinnung aus Tiefenbohrungen als ökologisch „minimalinvasiv“, so Vulcan Energy. Es entfalle ein Großteil des Landverbrauchs, es werde weniger Frischwasser verbraucht und es werde weniger CO2 emittiert als bei der Förderung im Bergbau.
Quellen neben den Informationen beim Lokaltermin:
Stuttgarter Zeitung vom 29.08.2023
Tagesspiegel Background vom 12.06.2023
Tagesspiegel Background vom 09.08.2021
Süddeutsche Zeitung vom 15.02.2021