Mehr Geld für die Schiene – aber keine ausreichende Mittelsteuerung!

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LuFV

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Im Jahr 2009 wur­den kom­ple­xe Ein­zel­ver­trä­ge zwi­schen dem Bund und der Deut­schen Bahn für die Erhal­tung der Schie­nen­we­ge durch die Leis­tungs- und Finan­zie­rungs­ver­ein­ba­rung (LuFV) abge­löst. Die­ser Ver­trag soll nun durch einen neu­en ersetzt wer­den. Wir Grü­nen begrü­ßen, dass mehr Geld ins Schie­nen­sys­tem flie­ßen wird. Inhalt­lich bleibt das Ver­trags­werk aber hoch­pro­ble­ma­tisch.

Durch die LuFV wur­de ein Sys­tem­wech­sel von ein­zel­maß­nah­men­be­zo­ge­nen Ver­fah­ren in Rich­tung leis­tungs- und qua­li­täts­be­zo­ge­ner Out­put­kon­trol­le auf Basis von Qua­li­täts­kenn­zif­fern voll­zo­gen. In der Ver­ein­ba­rung wer­den Leis­tun­gen und Pflich­ten für den Erhalt der Schie­nen­we­ge fest­ge­schrie­ben. Der Bund stellt dafür jähr­lich zweck­ge­bun­den einen fes­ten Betrag zur Durch­füh­rung von Ersatz­in­ves­ti­tio­nen zur Ver­fü­gung. Von 2009 bis 2012 lag die­ser Betrag bei 2,5 Mrd. Euro jähr­lich; 2013 und 2014 bei 2,75 Mrd. Euro. Im Gegen­zug muss­te die DB AG einen defi­nier­ten Min­dest­um­fang an Inves­ti­tio­nen täti­gen. In der LuFV I lag die­ser bei 500 Mio. Euro jähr­lich. Die LuFV II soll für den Zeit­raum 2015 bis 2019 gel­ten. Der Bund wird sei­nen Bei­trag auf durch­schnitt­lich 3,9 Mrd. Euro jähr­lich auf­sto­cken. Der Eigen­an­teil der DB AG wird auf 0,1 Mrd. Euro gesenkt. Dafür wird von der DB eine Divi­den­den­aus­schüt­tung von rund 500 Mil­lio­nen Euro pro Jahr an den Bund erwar­tet, die wie­der­um Teil der 3,9 Mil­li­ar­den Euro vom Bund für die Bahn ist. Die Divi­den­de fließt also wie­der zurück in die Infra­struk­tur. Es bleibt der unter­neh­me­ri­schen Ent­schei­dung der DB AG über­las­sen, wie sie die vor­ge­ge­be­nen Zie­le erreicht. Eini­ge der mög­li­chen Ziel­ver­feh­lun­gen wer­den sank­tio­niert. Die DB AG muss jähr­lich eine Infra­struk­tur­zu­stands- und Ent­wick­lungs­be­richt (IZB) vor­le­gen. So weit, so gut.

Doch bei aller Zustim­mung dafür, dass mit der LuFV II mehr Geld in die Schie­ne flie­ßen soll, gibt es erheb­li­che Kri­tik von uns Grü­nen:

1. Die Divi­den­den­er­war­tung ist mög­li­cher­wei­se unrea­lis­tisch und birgt Pla­nungs­un­si­cher­hei­ten

Ob die DB die erwar­te­te Divi­den­de erwirt­schaf­ten kann ist unge­wiss. Für das Wirt­schafts­jahr 2013 konn­te das Unter­neh­men nicht ein­mal die Hälf­te des von Finanz­mi­nis­ter Schäub­le als Ein­nah­me des Bun­des ver­an­schlag­ten Betra­ges zah­len. Unse­re Befürch­tung ist, dass die erhöh­te Gewinn­erwar­tung den Druck auf die Tras­sen­prei­se erhöht, die ten­den­zi­ell noch stär­ker stei­gen könn­ten. Das wäre nicht gut für das Preis-Leis­tungs-Ver­hält­nis auf der Schie­ne. Außer­dem sorgt der Ver­trag nicht für Klar­heit für den Fall, dass die Divi­den­de gerin­ger aus­fällt. Für die­sen Fall ist eine Sprech­klau­sel vor­ge­se­hen. Sowohl für den Bund als auch für die Deut­sche Bahn gibt es also ein Risi­ko auf der Aus­ga­ben- bzw. Ein­nah­men­sei­te.

2. Der Zustand der Brü­cken wird sich wei­ter ver­schlech­tern

Auf eine Klei­ne Anfra­ge von mir muss­te die Bun­des­re­gie­rung ein­räu­men, dass es durch die LuFV zu Fehl­al­lo­ka­tio­nen kommt und dar­un­ter der Unter­halt der Bahn­brü­cken lei­det. Allei­ne in Baden-Würt­tem­berg sind 101 Eisen­bahn­brü­cken in einem so schlech­ten Zustand, dass Instand­set­zun­gen nicht mehr wirt­schaft­lich sind. Die LuFV I sah kei­ner­lei Anrei­ze dafür vor, dass die DB das Geld dort­hin inves­tiert. Mit der LuFV II wird eine zusätz­li­che sank­ti­ons­be­wehr­te Kenn­zahl für den Zustand der Brü­cken ein­ge­führt. Die­se soll aber nur für die knapp 1.000 sanier­ten Bau­wer­ke gel­ten; die übri­gen 24.000 Bahn­brü­cken dro­hen wei­ter zu ver­fal­len.

 3. Bahn­hö­fe zu wenig im Fokus

Wesent­li­che Aspek­te bei den Bahn­hö­fen wie Roll­trep­pen sol­len nur alle zwei Jah­re bewer­tet wer­den (also nur ein‑, maxi­mal zwei­mal wäh­rend der LuFV-Lauf­zeit). Dies kri­ti­siert auch der Bun­des­rech­nungs­hof. Wer jähr­lich Geld vom Bund bekommt, soll auch jähr­lich die Ver­wen­dung nach­wei­sen müs­sen! Ärger­nis­se wie nicht funk­ti­ons­fä­hi­ge Roll­trep­pen wer­den den Fahr­gäs­ten auch wei­ter­hin erhal­ten blei­ben, ohne dass dies für die DB irgend­wel­che Kon­se­quen­zen hat.

4. Wei­te­re Kri­tik­punk­te

 – Wich­ti­ge seit län­ge­rem aus der Fach­welt gefor­der­te Kenn­zah­len wer­den nicht auf­ge­nom­men: Gleis­geo­me­trie, Netz­ka­pa­zi­tät (zu letz­te­rem wur­de ein höchst frag­wür­di­ges Gut­ach­ten für die Bun­des­re­gie­rung ver­fasst)

- Das Anla­gen­al­ter ist wei­ter­hin als Kenn­zahl nicht sank­ti­ons­be­wehrt und wird nicht detail­liert genug erfasst

- Es feh­len im Bereich der Kon­troll­me­cha­nis­men des Bun­des not­wen­di­ge Erneue­run­gen. Der Bun­des­rech­nungs­hof schreibt hier­zu: „Sie (die Qua­li­täts­kenn­zah­len) ermög­li­chen weder eine qua­li­täts­ori­en­tier­te Steue­rung der Bun­des­mit­tel noch belast­ba­re Kotrol­len über den mit den Zuwen­dun­gen bewirk­ten Erfolg.“ Die Gel­der, so der BRH, könn­ten „ohne Wis­sen und Ein­wil­li­gung des Bun­des“ eben­so in die Finan­zie­rung des Pro­jek­tes „Stutt­gart 21“ flie­ßen statt in den Erhalt der Schie­nen­we­ge.

 

Die Bun­des­tags­frak­ti­on BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat aus die­sen Grün­den bean­tragt, die LuFV II nach­zu­ver­han­deln. So hat es auch der Bun­des­rech­nungs­hof gefor­dert. Wie nicht anders zu erwar­ten, haben die Abge­ord­ne­ten von CDU/CSU und SPD unse­ren Antrag aber abge­lehnt.