Mein persönliches Bahnjahr 2021

25.12.2021

Blick in mein Bahntagebuch

Seit acht Jah­ren doku­men­tie­re ich in mei­nem Online-Bahn­ta­ge­buch aus der Per­spek­ti­ve eines Fahr­gas­tes jede Fahrt im Fern­ver­kehr. Eine sta­tis­ti­sche Aus­wer­tung der Erfah­run­gen gibt, ohne den Anspruch, reprä­sen­ta­tiv zu sein, Hin­wei­se auf Hand­lungs­be­dar­fe.

Der Anteil pünkt­li­cher Züge ist mit 70 Pro­zent gegen­über dem Vor­jahr wie­der deut­lich abge­fal­len (2020: 80%), aber bes­ser als in den Jah­ren 2017 bis 2019. Mein Maß­stab für Pünkt­lich­keit ist dabei mit maxi­mal 4:59 Minu­ten Ver­spä­tung um eine Minu­te stren­ger als der bei der Deut­schen Bahn. Nach der DB-Sta­tis­tik wer­den im Jahr 2021 (bis ein­schließ­lich Novem­ber 2021) 75 Pro­zent der Fern­zü­ge pünkt­lich (oder unter sechs Minu­ten ver­spä­tet) gewe­sen sein. Die durch­schnitt­li­che Ver­spä­tung der unpünkt­li­chen Züge sank bei mei­nen Fahr­ten deut­lich auf 17 Minu­ten (Vor­jahr: 33 Minu­ten; damals wirk­ten sich aller­dings eini­ge sehr hef­ti­ge Ver­spä­tun­gen aus). Es konn­ten mit 95 Pro­zent – wie schon im Vor­jahr – wie­der die aller­meis­ten Anschluss­zü­ge erreicht wer­den. In den Jah­ren 2019 und frü­her gin­gen deut­lich mehr Anschlüs­se ver­lo­ren. Die Gas­tro­no­mie stand bei bald jeder fünf­ten Fahrt nur ein­ge­schränkt oder sogar über­haupt nicht zur Ver­fü­gung (deut­li­che Ver­bes­se­rung gegen­über dem Vor­jahr). WLAN in den ICE-Zügen habe ich über Jah­re hin­weg als so unzu­ver­läs­sig erlebt, dass ich dies seit eini­ger Zeit über­haupt nicht mehr nut­ze. Ärger­lich bleibt, dass das Reser­vie­rungs­sys­tem nur bei knapp 80 Pro­zent der Fahr­ten funk­tio­nier­te.

Den­noch: Ich fah­re ger­ne Bahn, trotz aller Män­gel. Wäh­rend der Fahrt kann ich wun­der­bar arbei­ten und die Zeit sinn­voll nut­zen. Die Bahn ist ein umwelt­freund­li­ches, ser­vice­ori­en­tier­tes und im Grund­satz ver­läss­li­ches Ver­kehrs­mit­tel.

Die Bahn­bran­che und die Poli­tik müs­sen gemein­sam end­lich alles dafür unter­neh­men, dass die Bahn ihre theo­re­ti­schen Vor­zü­ge auch in der Pra­xis viel häu­fi­ger aus­spielt als der­zeit. Die poli­ti­sche Bevor­zu­gung des Stra­ßen­ver­kehrs muss ein Ende haben. Dann hat die Bahn die Chan­ce, dem Auto und dem Flug­zeug nen­nens­wert Fahr­gäs­te abzu­ja­gen. Mit dem Koali­ti­ons­ver­trag der Ampel wur­den wich­ti­ge Zie­le defi­niert: So soll erheb­lich mehr in die Schie­ne als in die Stra­ße inves­tiert wer­den. Mit einem Schnell­pro­gramm für kurz­fris­tig umsetz­ba­re Infra­struk­tur­maß­nah­men soll die Kapa­zi­tät und Red­un­danz des Net­zes ver­bes­sert wer­den, was sich auf die Pünkt­lich­keit aus­wir­ken dürf­te. Wir wol­len außer­dem mehr Groß­städ­te an den Fern­ver­kehr anbin­den. Wir Grü­nen wer­den dar­auf drän­gen, dass die­se und wei­te­re wich­ti­ge Din­ge rasch ange­packt wer­den. Denn wir brau­chen die deut­li­che Stär­kung der Schie­ne, um eine kli­ma­ver­träg­li­che Mobi­li­tät und gute Altera­ti­ven zu Auto und Flug­zeug zu schaf­fen.

https://www.matthias-gastel.de/meine-fahrgast-erlebnisse-mit-der-deutschen-bahn/