Mit Bosch über Diesel- und E‑Antriebe im Gespräch

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 15.12.2017

Unternehmen fordert mehr Zeit für Transformation

Mit eini­gen grü­nen Mit­glie­dern habe ich das Bosch-Werk in Stutt­gart-Feu­er­bach besucht. Wir woll­ten erfah­ren, ob das Unter­neh­men das Zeit­al­ter nach dem fos­si­len Ver­bren­nungs­mo­tor kom­men sieht und wie es sich dar­auf vor­be­rei­tet.

Im Werk Feu­er­bach fin­den 12.000 Men­schen Arbeit. Unter ande­rem wird hier die Die­sel­ein­spritz­tech­no­lo­gie ent­wi­ckelt, gefer­tigt und ver­trie­ben. Bosch war mit einer Rei­he hoch­ka­rä­ti­ger Füh­rungs­kräf­te Dr. Uwe Gack­statt­er (Vor­sit­zen­der des Bereichs­vor­stands Die­sel Sys­tems), Dr. Mat­thi­as Pil­lin (Bereichs­lei­ter Elek­tro­mo­bi­li­tät), Dr. Micha­el Krü­ger (Ent­wick­lungs­lei­ter Die­sel Sys­tems) u. a.] in unse­rem Gespräch ver­tre­ten (hier­für vie­len Dank!).

Vie­le Arbeits­plät­ze hän­gen am Die­sel­mo­tor

Bosch glaubt an den Die­sel­an­trieb. Dies wur­de im Gespräch deut­lich. Dass vie­le Arbeits­plät­ze dar­an hän­gen, ist unstrit­tig: Im Gesamt­un­ter­neh­men sind es 48.000. Für die Trans­for­ma­ti­on brau­che man mehr Zeit, bekom­men wir immer wie­der zu hören. Ich ver­wei­se dar­auf, dass immer mehr Län­der aus dem fos­si­len Ver­bren­ner­mo­tor aus­stei­gen wol­len. Jüngst hat auch Indi­en sich auf die Jah­res­zahl 2030 fest­ge­legt. Damit bestimmt immer weni­ger die deut­sche Poli­tik, son­dern es bestim­men immer mehr die Absatz­märk­te über die Autos der Zukunft. Bosch hin­ge­gen ver­weist auf die Wider­sprüch­lich­keit der Märk­te und nennt als Bei­spie­le Japan und Korea. Dort stei­ge der Die­sel­an­teil, wenn­gleich aus­ge­hend von einem nied­ri­gen Niveau. Ein Die­sel­fahr­zeug habe einen CO2-Vor­teil von 25 Gramm pro Kilo­me­ter gegen­über einem ver­gleich­ba­ren Ben­zi­ner, wird uns gesagt. Ich zitier­te die neue Zulas­sungs­sta­tis­tik, nach der bei den neu zuge­las­se­nen Autos der Vor­teil (gemes­sen nach dem NEFZ) bei 11 Pro­zent liegt. Bosch ver­weist dar­auf, dass man den Die­sel sau­be­rer machen wol­le, dar­an inten­siv mit den Kun­den arbei­te und man die Grenz­wer­te sogar unter­schrei­ten kön­ne. Daher mache die Wei­ter­ent­wick­lung Sinn. Weni­ger ein­fach sei es mit der Hard­ware-Nach­rüs­tung älte­rer Die­sel­fahr­zeu­ge, was vor allem am häu­fig feh­len­den Platz lie­ge. Auch die Haf­tungs­fra­ge sei schwie­rig. Unter­neh­men, die Nach­rüs­tun­gen anbie­ten, wür­den dafür kei­ne Garan­tien über­neh­men und die Her­stel­ler könn­ten nicht für die Ein­bau­ten von Fremd­fir­men haf­ten. Es gebe jedoch auch Fahr­zeug­ty­pen, die sich ein­fach nach­rüs­ten lie­ßen, bei­spiels­wei­se Bus­se. Was Bosch ein­deu­tig unter­stützt, ja sogar ein­for­dert ist die Blaue Pla­ket­te. Die­se schaf­fe die benö­tig­te Pla­nungs­si­cher­heit.

An einem wei­te­ren Punkt gab es Unstim­mig­keit: Macht das E‑Auto auch mit dem heu­ti­gen Strom­mix bereits Sinn? Damit waren wir beim Zukunfts­the­ma, den alter­na­ti­ven Antrie­ben. Bosch betont dabei, auf einen Mix an Antrie­ben zu set­zen und dem­entspre­chend bei Verbrenner‑, Hybrid‑, Elek­tro- und Brenn­stoff­zel­len­fahr­zeu­gen ver­tre­ten sein zu wol­len.

Boschs Blick auf das E‑Auto

400 Mil­lio­nen Euro inves­tiert Bosch nach eige­nen Wor­ten jähr­lich in die E‑Mobilität. So wird unter ande­rem an der elek­tri­schen Ach­se sowie an der Fest­kör­per­bat­te­rie gear­bei­tet. Die Fest­kör­per­bat­te­rie ver­fügt über eine höhe­re Ener­gie­dich­te als zur Zeit ver­wen­de­te Lithi­um-Ionen-Akkus, hat eine län­ge­re Lebens­dau­er zu erwar­ten und ist außer­dem nicht brenn­bar. Trotz „gro­ßer Fort­schrit­te“, von denen Bosch berich­tet, ist die­se Bat­te­rie ein Pro­dukt für die Zukunft. Wegen des noch frü­hen Ent­wick­lungs­sta­di­ums hat sie für die euro­päi­sche Indus­trie Poten­zi­al, den asia­ti­schen Her­stel­lern Kon­kur­renz zu machen. Eine Bat­te­rie wird aus vie­len Zel­len zusam­men­ge­setzt. Die­se wer­den der­zeit aus­schließ­lich von asia­ti­schen Her­stel­lern gelie­fert. In Euro­pa gibt es des­halb auch Über­le­gun­gen, eige­ne Zell­fer­ti­gun­gen auf­zu­bau­en. Dafür wären wahr­schein­lich Inves­ti­tio­nen in Mil­li­ar­den­hö­he not­wen­dig. Bosch wird sich Anfang 2018 zum The­ma Ent­wick­lung und Pro­duk­ti­on von Bat­te­rie­zel­len posi­tio­nie­ren.

Beim Stich­wort Bat­te­rie spre­chen wir auch die heik­len Sei­ten, näm­lich den Roh­stoff­ein­satz und das Recy­cling an. Noch fehlt eine Recy­cling­stra­te­gie, die über eine Wei­ter­ver­wen­dung aus­ge­mus­ter­ter Bat­te­rien im Zusam­men­hang mit PV-Anla­gen (spei­chern für Eigen­strom­nut­zung) hin­aus­geht. Man rech­net mit Lösun­gen für die­se Pro­ble­ma­tik ab 2025.

Wor­auf ist die Kauf­zu­rück­hal­tung der Kun­den in Punk­to E‑Autos zurück zu füh­ren? Von Bosch wer­den zwei Aspek­te genannt: Die noch unzu­rei­chen­de Lade­infra­struk­tur und die Sor­ge um den Wie­der­ver­kaufs­wert des gebrauch­ten, tech­no­lo­gisch schnell über­hol­ten E‑Autos. Gera­de im loka­len Lie­fer­ver­kehr sieht Bosch gro­ße Poten­zia­le für die E‑Mobilität und ver­weist mehr­fach dar­auf, Lie­fe­rant für Streets­coo­ter, die Unter­neh­mens­toch­ter der Deut­schen Post mit ihren E‑Lieferfahrzeugen, zu sein.

Dem Gespräch schloss sich eine Werks­füh­rung an.

Wir haben ver­ein­bart, das Gespräch zu einem spä­te­ren Zeit­punkt in locke­rer Run­de fort­zu­set­zen.