23.04.2016
Sieben Mitglieder des Bundestags-Verkehrsausschusses reisten für fünf Tage ins Vereinigte Königreich. Angereist bin ich mit der Bahn, die meisten anderen mit dem Flugzeug. Das Programm startete in London, weiter ging es dann in Schottland.
Was dem London-Reisenden sofort auffällt ist der viele Verkehr. Kaum zu glauben, dass es vor der Einführung der City-Maut noch mehr gewesen ist. Der Verkehr ist eine bunte Mischung aus Autos, Bussen, Motorradfahrenden, Radfahrenden und zu Fuß Gehenden. „Transport of London“, die staatliche Organisation für die Koordination des öffentlichen und individuellen Verkehrs hat uns die verkehrlichen Besonderheiten Londons ausführlich erklärt. Eine dieser Besonderheiten, vielleicht sogar die spannendste, ist die City-Maut: Wer mit dem Auto in die Innenstadt will, muss dafür nach der dritten Gebührenerhöhung seit der Einführung im Jahr 2003 inzwischen 11,50 Pfund löhnen (umgerechnet rund 14 Euro). Anwohner zahlen nur ein Zehntel dieses Betrages. Fuhren vor der Einführung der Maut täglich 185.000 Autos in die Kernstadt, sind es heute noch 124.000. Innerhalb der Mautzone hat der Verkehr um 20 Prozent abgenommen. Kaum zu glauben, wenn man den dichten Verkehr sieht oder selber im Stau steht. Dies hat aber zumindest teilweise damit zu tun, dass der Autoverkehr Verkehrsfläche zugunsten des Radverkehrs, der deutlich zugenommen hat, abtreten musste. Allerdings sind die Radspuren – wir kennen dies aus Deutschland – nicht selten durch Lieferfahrzeuge blockiert werden. Auffällig ist, dass unter den Radfahrenden viele sehr flott mit Rennrädern unterwegs sind. Viele Menschen sind auch zu Fuß unterwegs – auf dafür zumeist zu engen Gehwegen. Vermutlich, weil Motorräder von der City-Maut ausgenommen sind, zwängen sich Heerscharen davon zwischen den Autos und Bussen durch. Es ist ein wildes Durcheinander.
In London haben wir u. a. noch mit drei Mitgliedern des britischen Unterhauses und dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn-Tochter Arriva gesprochen. Arriva bietet in 14 europäischen Ländern außerhalb Deutschlands Bus- und Schienenverkehre an. Im Vereinigten Königreich ist Arriva besonders aktiv und hat erst kürzlich eine große Ausschreibung im Schienenbereich gewonnen. Der Konzern möchte einen Teil des Unternehmens an die Börse bringen, um einen weiteren Schuldenanstieg bei sich zu bremsen.
Die Reise führte uns mit dem Zug an der Ostküste entlang bis ins schottische Edinburgh. Wir trafen uns dort mit der Geschäftsführung von „Transport for Edinburgh“, einer staatlichen Mobilitätsagentur. Sie betreibt den Fernbusbahnhof, den wir uns angeschaut haben. Er besticht durch seine Ausstattung (Gebäude mit großzügigem Wartebereich, ein Fahrkartenschalter für alle Busanbieter, Fahrgastinformation, Läden, Toilette und überdachten Zugangsbereich zu den Bussen).Die Betriebskosten werden durch Gebühren für die Busbetreiber und Pachteinnahmen gedeckt. Alle Busse, die von privaten Unternehmen wettbewerblich betrieben werden, verfügen über einen Lift für Menschen im Rollstuhl und einen, künftig zwei Plätzen für Menschen im Rollstuhl in den Bussen. Alles wirkt sehr sauber und freundlich. „Transport for Edinburgh“ bietet auch kostendeckendes Car-Sharing („Die jungen Menschen kaufen sich immer häufiger kein eigenes Auto – wenn sie überhaupt den Führerschein machen“).
In Glasgow, das wir mit dem Fernbus erreichen, staunen wir über den Busbahnhof, der uns hell, freundlich und gut ausgestattet empfängt. Auch er finanziert zumindest seine Betriebskosten selber, wie uns Vertreter des schottischen Verkehrsverbundes berichten. Später treffen wir uns mit der „Stagecoach Group“. Dieses Unternehmen betreibt unter anderem die Billigmarke „Megabus“, die inzwischen auch in Deutschland Fernbusfahrten ab einem Euro anbietet. Das Unternehmen versichert, mit hohen Qualitätsstandards unterwegs zu sein und seine Fahrer gut zu bezahlen. Die niedrigen Preise seien durch das erhöhte Platzangeboten in den Doppeldeckern und eine Auslastung von mindestens 85 Prozent möglich. In Deutschland sei der Wettbewerb besonders hart und die Preise seien auf Dauer nicht zu halten. In UK bietet das Unternehmen, das auch Bahnen betreibt, Kombiangebote Bahn/Bus an.