22.12.2020
Beschleunigte Bahn-Verbindung wirft Fragen auf
Eine Panne beim Fahrplanwechsel der Bahn sorgte Mitte Dezember für viel Spott: Wegen einer fehlerhaft gestellten Weiche wurde der Premierenzug der frisch elektrifizierten Verbindung München – Lindau – Zürich auf ein nicht elektrifiziertes Bahnsteiggleis geschickt. Die Oberleitung nahm Schaden, der Zugbetrieb musste eingestellt werden.
Was in der Berichterstattung vergessen wurde ist das, was noch symptomatischer ist für die deutsche Bahnpolitik:
- Die Elektrifizierung der Verbindung war bereits 1996 in Einvernehmen mit der Schweiz vereinbart worden Dennoch hat es sage und schreibe 24 Jahre bis zu Fertigstellung gebraucht!
- Weshalb wurden in Hergatz nicht alle Gleise elektrifiziert und mit entsprechenden Weichenverbindungen für eine größere betriebliche Flexibilität gesorgt?
- Die Tatsache, dass die Deutsche Bahn über keine für diese Strecke geeigneten Fahrzeuge (mit Neigetechnik!) verfügt macht deutlich, dass für Deutschland die Zukunft der Neigetechnik endlich mal grundsätzlich geklärt werden muss.[1]
- Die Führung der Züge über Lindau, Bregenz und St. Gallen durch überwiegend Schweizer Gebiet ist ein Sinnbild für die unzureichenden Investitionen in die Eisenbahn auf der deutschen Seite des Bodensees. Potenzielle Verbindungen nördlich des Bodensees nach Zürich wären fast identisch lang – aber weniger leistungsfähig, nicht elektrifiziert und würden mehr Fahrzeit beanspruchen.
Das, was gestern gefeiert wurde und in einem Jahr, wenn der neue Bahnknoten Lindau in Betrieb geht und sich die Fahrzeit auf der Strecke um eine weitere halbe Stunde verkürzen wird, nochmal gefeiert wird, brachte/bringt der Bahn einige gute Entwicklungen. Aber weshalb muss das bei uns immer alles so halbherzig gehen und so lange dauern? Der Vergleich zwischen Deutschland und der Schweiz schmerzt manchmal …
[1] Zum Einsatz kommen Schweizer Züge des Typs „Astoro“.