Neue Koalition: Verkehrswende zurück?

01.04.2025

Die Fach­ar­beits­grup­pe “Ver­kehr“ von CDU/CSU und SPD hat sich auf einen Text für den Koali­ti­ons­ver­trag ver­stän­digt. Auch, wenn noch nicht alles geeint ist, lässt sich lei­der erken­nen: Eini­ge Uhren wer­den zurück­ge­dreht. Die SPD ist bereit, fürs Fest­klam­mern am inte­grier­ten DB-Kon­zern nahe­zu alles zu opfern. So sol­len die Ein­nah­men aus der Lkw-Maut wie­der voll­stän­dig in den Stra­ßen­bau flie­ßen. Dies hat­ten wir vor weni­gen Jah­ren zusam­men mit SPD und FDP geän­dert und damit die Schie­ne erheb­lich bes­ser finan­ziert als dies frü­her der Fall war. Die SPD hat hier in unver­ant­wort­li­cher Wei­se nach­ge­ge­ben und leis­tet der Schie­ne einen Bären­dienst. Zudem soll das Deutsch­land­ti­cket teu­rer wer­den, wäh­rend zugleich Regio­nal­flug­hä­fen durch den Bund sub­ven­tio­niert wer­den sol­len. Was soll dar­an „sozi­al“ sein?

Unter Umwelt­ge­sichts­punk­ten abzu­leh­nen sind die Aus­wei­tung von Pend­ler- und Dienst­wa­gen­pri­vi­leg. Die­se begüns­ti­gen lan­ge Pen­del­stre­cken mit schwe­ren (meist fos­sil betrie­be­nen) Fahr­zeu­gen. Eine Kauf­prä­mie für E‑Autos soll­te sich nach dem Bonus-Malus-Prin­zip aus dem Auto­mo­bil­markt her­aus sel­ber finan­zie­ren und kei­ne Hybrid­fahr­zeu­ge för­dern.

Mei­ne Kom­men­tie­rung:

“SPD und Uni­on soll­ten sich drin­gend einen funk­tio­nie­ren­den Taschen­rech­ner kau­fen. Auch mit Son­der­ver­mö­gen ist die­ses Wunsch­kon­zert nicht finan­zier­bar. Der Schie­ne feh­len durch den Weg­fall der Lkw-Maut fünf Mil­li­ar­den Euro pro Jahr. Da klingt es wie Hohn, dass die ver­blei­ben­den Mit­tel jetzt in das Flä­chen­netz finan­ziert wer­den sol­len: Es ist nach den Plä­nen von Uni­on und SPD kein Geld dafür da. Durch den Weg­fall der Finan­zie­rungs­mit­tel aus der Lkw-Maut leis­tet die SPD einen Bären­dienst an der Schie­ne – aber immer­hin ihr hei­li­ger inte­grier­ter Kon­zern bleibt unbe­rührt. Der SPD ist Kon­zern­po­li­tik nach dem Geschmack der Deut­schen Bahn wich­ti­ger als die Stär­kung des Sek­tors und die Inter­es­sen der Fahr­gäs­te. Letz­te­re fin­den noch nicht ein­mal Erwäh­nung. Uni­on und SPD wol­len das Deutsch­land­ti­cket ver­teu­ern, gleich­zei­tig aber über­flüs­si­ge Regio­nal­flug­hä­fen sub­ven­tio­nie­ren.

Die Bemü­hun­gen der klei­nen Koali­ti­on im Bereich der Pla­nungs­be­schleu­ni­gung sind zwar nett, aber gehen am Kern des Pro­blems vor­bei: Es braucht einen poli­ti­schen Kon­sens über not­wen­di­ge Bahn­pro­jek­te. Die schwam­mi­gen und aus­wei­chen­den For­mu­lie­run­gen zei­gen: Gera­de die SPD ver­wei­gert die­sen poli­ti­schen Kon­sens – und scha­det damit der Wirt­schaft und sorgt für unpünkt­li­che Züge. Das Feh­len jeg­li­cher kon­kre­ter Zah­len, zum Bei­spiel fes­ter Ver­la­ge­rungs­zie­le, zeigt klar auf: Die ange­hen­de Koali­ti­on hat kei­nen kon­kre­ten Plan, son­dern reiht lose Ver­spre­chen mög­lichst unkon­kret nach­ein­an­der auf.“

Posi­ti­ve Ansät­ze

Im Ent­wurf des Koali­ti­ons­ver­tra­ges ist fest­ge­legt, dass es einen „Schie­nen­fonds“ geben soll. Ein sol­cher ist sehr zu begrü­ßen, da damit eine über­jäh­ri­ge und unkom­pli­zier­te­re Finan­zie­rung gewähr­leis­tet wer­den kann. Wich­tig ist aber, dass er aus­rei­chend mit Inves­ti­ti­ons­mit­teln bestückt wird. Hier sind lei­der erheb­li­che Zwei­fel ange­bracht (sie­he oben). Posi­tiv ist, dass bei Stre­cken­elek­tri­fi­zie­run­gen auf die Kos­ten-Nut­zen-Berech­nung ver­zich­tet wer­den soll. Dies beschleu­nigt Maß­nah­men und schont die knap­pen Pla­nungs­ka­pa­zi­tä­ten.

Wei­te­re Kri­tik­punk­te aus dem Umwelt­be­reich

Die ver­mut­lich zukünf­ti­ge Koali­ti­on will das „Hei­zungs­ge­setz“ abschaf­fen. Damit schürt sie wei­te­re Ver­un­si­che­rung unter denen, die vor Inves­ti­ti­ons­ent­schei­dun­gen ste­hen. Der Aus­bau der erneu­er­ba­ren Ener­gien und der Koh­le­aus­stieg dro­hen unter CDU/CSU und SPD ver­zö­gert zu wer­den.

Aus­blick

Auch, wenn der Koali­ti­ons­ver­trag noch nicht in allen Details aus­ver­han­delt und beschlos­sen wur­de, habe ich mich zur Ver­öf­fent­li­chung die­ses Tex­tes ent­schie­den. Kri­tik ist immer zu dem Zeit­punkt am kon­struk­tivs­ten, zu dem sich noch etwas ändern lässt. Wir haben als Grü­ne wie auch ich per­sön­lich den Anspruch, eine kon­struk­ti­ve Oppo­si­ti­on zu sein. Der frü­he­re Frak­ti­ons­vor­sit­zen­de Fritz Kuhn sag­te mal: „Eine gute Oppo­si­ti­on regiert ein Stück weit mit.“