Neues Eisenbahnrecht: Nicht konsequent – Aber Chance für Gäubahn

Jahr­zehn­te­lang wur­den Stra­ßen aus- und Schie­nen­in­fra­struk­tur zurück gebaut. Die Ergeb­nis­se ken­nen wir:

– unpünkt­li­che Züge auf über­las­te­ten Schie­nen­we­gen

– oft­mals kei­ne idea­len Fahr­plä­ne und lücken­haf­te Ange­bo­te im öffent­li­chen Ver­kehr

– über­las­te­te Bahn­kno­ten

– still­ge­leg­te Bahn­stre­cken in länd­li­chen Räu­men

– der Last­wa­gen mit über­wäl­ti­gen­der Domi­nanz im Güter­ver­kehr.

Als Ampel­ko­ali­ti­on hat­ten wir reagiert: Wir haben Ent­wid­mun­gen von Bahn­flä­chen erheb­lich erschwert. Wir haben zukünf­ti­gen Ent­wick­lun­gen der Bahn eine hohe Prio­ri­tät ein­ge­räumt und die dafür benö­tig­ten Flä­chen bes­ser vor Zweck­ent­frem­dung geschützt.

Durch die Les­art des Eisen­bahn­bun­des­am­tes sind Ent­wid­mun­gen von Bahn­flä­chen so gut wie nicht mehr mög­lich. Dies gilt selbst dann, wenn Flä­chen lang­fris­tig für eine Bahn­nut­zung aus­schei­den, weil die bei­spiels­wei­se von Lage, Grö­ße oder Zuschnitt dafür nicht geeig­net sind. Daher hat sich der Bun­des­tag an eine neue For­mu­lie­rung gemacht. Für uns Grü­ne geht es um den kon­se­quen­ten Schutz von Bahn­flä­chen, die per­spek­ti­visch noch benö­tigt wer­den könn­ten. Dafür haben wir Zie­le und Kri­te­ri­en for­mu­liert. Wäh­rend die Koali­ti­on aus CDU/CSU und SPD ein­zig die Reak­ti­vie­rung still­ge­leg­ter Stre­cken im Blick hat, gehen wir weit dar­über hin­aus: Wir wol­len die Ver­kehrs­an­tei­le der Bahn im Güter- wie im Per­so­nen­ver­kehr erhö­hen, für den Güter­ver­kehr Umschlag­flä­chen sichern, Über­las­tun­gen im Netz besei­ti­gen, trans­eu­ro­päi­sche Net­ze aus­bau­en, die digi­ta­le Schie­ne ermög­li­chen und wir den­ken die Bedürf­nis­se der Lan­des­ver­tei­di­gung mit. Dafür haben wir einen eige­nen Gesetz­ent­wurf ent­wi­ckelt. Die­ser Gesetz­ent­wurf ermög­licht Ent­wid­mun­gen von Flä­chen, die für die genann­ten Zie­le nach den for­mu­lier­ten Kri­te­ri­en nicht benö­tigt wer­den. Damit kann vie­ler­orts, bei­spiels­wei­se in Nür­tin­gen, Woh­nungs­bau ermög­licht wer­den.

Wir hät­ten als Grü­ne ger­ne die bei­den Gesetz­ent­wür­fe fach­lich gegen­über­stel­lend bewer­ten las­sen. Dazu hat­ten wir eine Anhö­rung im Ver­kehrs­aus­schuss bean­tragt. Lei­der haben die bei­den Regie­rungs­frak­tio­nen dies abge­lehnt. Sie wol­len eine schnel­le Ent­schei­dung. Ganz nach den Devi­sen: Schnel­lig­keit vor Gründ­lich­keit. Durch­zie­hen, statt eine gute Lösung fin­den.

Stutt­gart 21

Wie über­eilt die Regie­rungs­ko­ali­ti­on ihren Gesetz­ent­wurf ins Ver­fah­ren gebracht hat zeigt die Tat­sa­che, dass sie zwei Tage vor der zwei­ten und abschlie­ßen­den drit­ten Lesung im Bun­des­tag noch einen Ände­rungs­an­trag zu ihrem eige­nen Gesetz­ent­wurf ein­ge­bracht hat.

Stutt­gart 21 hat in den Geset­zes­ver­hand­lun­gen kei­ne Rol­le gespielt. Viel­mehr ging es um weit über hun­dert Fäl­le in Deutsch­land, für die Ent­schei­dun­gen nach neu defi­nier­ten Kri­te­ri­en ermög­licht wer­den soll­ten.

Für die Flä­chen des Gleis­vor­fel­des in Stutt­gart brach­te der Ände­rungs­an­trag der Koali­ti­on noch­mal eine span­nen­de Aus­sa­ge ins Gesetz: Dem­nach schei­det eine Ent­wid­mung aus, wenn ent­we­der noch ein Ver­kehrs­be­dürf­nis besteht oder aber eine erset­zen­de Infra­struk­tur nicht oder noch nicht vor­han­den ist. Für Stutt­gart dürf­te dies bedeu­ten: Die Flä­chen, auf denen heu­te Ver­keh­re abge­wi­ckelt wer­den, die mit Inbe­trieb­nah­me des Tief­bahn­hofs dort­hin ver­legt wer­den, kön­nen ent­wid­met und einer Bebau­ung zur Ver­fü­gung gestellt wer­den. Für die Gäu­bahn­zü­ge an den Haupt­bahn­hof besteht jedoch ein Ver­kehrs­be­dürf­nis und es gibt kei­ne erset­zen­de Infra­struk­tur. Das Land hat den Regio­nal­ver­kehr für das gesam­te Fahr­plan­jahr 2026 bis zum Haupt­bahn­hof bestellt. Der Pfaf­fen­steig­tun­nel ist nicht vor den 2030er-Jah­ren ver­füg­bar, wenn er denn über­haupt gebaut wird. Eine Frei­stel­lung der für die Züge der Gäu­bahn benö­tig­ten Flä­chen erscheint damit nicht mög­lich. Dies wäre schon nach dem ursprüng­li­chen Gesetz­ent­wurf der Koali­ti­on kaum vor­stell­bar gewe­sen und wur­de mit dem Ände­rungs­an­trag noch kon­kre­ti­siert. Als Grü­ne sind wir der Mei­nung: Eisen­bahn­flä­chen, die benö­tigt wer­den, kön­nen nicht ande­ren Zwe­cken zuge­führt wer­den. Wir wol­len, dass Fahr­gäs­te mit den Zügen der Gäu­bahn umstei­ge­frei bis zum Haupt­bahn­hof in Stutt­gart fah­ren kön­nen. Die Chan­cen dar­auf sind mit der neu­en Rechts­la­ge nach wie vor gege­ben und sogar noch gestie­gen.