26.11.2020
Kapitel “Mobilität”: Jeder Mensch hat das Recht auf Mobilität.
Jeder Mensch hat das Recht auf Mobilität. Sie ermöglicht Freiheit und Teilhabe und ist Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Sie muss sich an den menschlichen Bedürfnissen orientieren, vollständig barrierefrei gestaltet sein und zugleich die planetaren Grenzen wahren. Eine sozial-ökologische Politik schafft die Mobilitätswende und garantiert allen Menschen nachhaltige Mobilität. Sie sorgt für bessere Luft, weniger Verkehrslärm und stärkt die Sicherheit. Ziel ist ein Straßenverkehr, in dem keine Menschen mehr sterben. Dazu braucht es strenge Geschwindigkeitsbegrenzungen, auch auf Autobahnen.
Die öffentliche Förderung der einzelnen Verkehrsmittel ist in Zukunft am ökologischen Fußabdruck auszurichten. Zugleich müssen die einzelnen Verkehrsträger für ihre jeweiligen Umweltkosten aufkommen. Statt immer neue Straßen und Autobahnen braucht das Land eine moderne und flächendeckende Infrastruktur für Schienen- und öffentlichen Nahverkehr. Das heißt auch, dass vorhandene Straßeninfrastruktur neu und vernetzt genutzt werden kann. Attraktive Angebote führen zu einer Verkehrsverlagerung. Es gilt das Prinzip: Schiene, Radfahren und Zufußgehen stärken, Straßen- und Luftverkehr dekarbonisieren.
Die Mobilität im ökologischen Zeitalter ist vernetzt und digital. Die Verkehrsträger kombinieren ihre Angebote und Verbindungen – ermöglicht von allen Anbietern und auf Grundlage transparenter Programmierungen und Informationen. Der öffentliche Nahverkehr wird immer stärker öffentlich finanziert, sodass seine Nutzung für alle über niedrige Pauschaltarife bis hin zu Kostenlosangeboten gewährleistet ist. Gleichzeitig muss das Angebot verbessert werden. Verschiedene Mobilitätsformen greifen so nahtlos ineinander und ermöglichen individuelle Mobilität, auch für Menschen mit einer Behinderung oder mobilitätseingeschränkte Menschen. Home-Office, Videokonferenzen und flexibles Arbeiten tragen zusätzlich zur Verkehrsvermeidung bei.
In ländlichen Räumen ist die Mobilitätswende am anspruchsvollsten, denn viele Menschen sind dort auf das Auto angewiesen. Deshalb braucht es gerade hier einen verlässlichen Takt bei der ÖPNV-Anbindung. Da, wo weiterhin ein Auto gebraucht wird, wird es künftig emissionsfrei und digital vernetzt sein. Regionale Wirtschaft zu stärken und Menschen bezahlbaren Wohnraum in der Nähe ihres Jobs zu bieten, vermeidet unnötige Wege, Gütertransporte und Pendelwege.
Der Raum in den Städten wird Stück für Stück neu aufgeteilt. Sichere und barrierefreie Infrastruktur für Fußgänger*innen, Radfahrende und Menschen mit Behinderung sowie ein attraktiver, für alle erschwinglicher und verlässlicher Nahverkehr bilden das Rückgrat einer sozial-ökologischen Mobilität. Insgesamt wird es deutlich weniger Autos und weniger unnötigen Verkehr geben, die Autozentrierung von Verkehrspolitik, Stadtplanung und Gesellschaft gehört der Vergangenheit an. Fahrräder und E‑Bikes können Autoverkehr ersetzen und unsere Städte und Dörfer lebenswerter, sicherer und mobiler machen – Radwege und Ladestationen vorausgesetzt. In den Städten gehört die Zukunft der autofreien Innenstadt.
Die Verkehrswende in der Stadt und auf dem Land gelingt nur mit einer starken und zuverlässigen Bahn. Das erfordert einen Aus- und Umbau des Nah- und Fernverkehrs, eine getrennte Bewirtschaftung von Infrastruktur und Betrieb und eine erhebliche Angebotsausweitung. Dazu gehören die Anbindung an Regionalzentren auch über Verwaltungsgrenzen und nationale Grenzen hinweg sowie der Ausbau und die Elektrifizierung des Schienennetzes, damit alle größeren Städte angebunden sind. Stillgelegte Bahnstrecken sollen reaktiviert werden. Die europäischen Großstädte sind durch schnelle transnationale Bahnverbindungen, ein komfortables Nachtzugangebot und ein einheitliches europäisches Buchungssystem zu vernetzen. Das sind wesentliche Voraussetzungen dafür, dass Kurzstreckenflüge sowie viele Regionalflughäfen überflüssig werden und der Flugverkehr – wie klimapolitisch notwendig – merklich zurückgeht.
Auch der Güterverkehr muss klimaneutral und schadstofffrei werden. Für diese Aufgabe müssen alle Möglichkeiten genutzt werden, insbesondere die Verlagerung von Straße und Flugzeug auf Bahn und emissionsfreie Schiffe sowie der Umstieg auf alternative Antriebssysteme, der Bau und Ausbau von Oberleitungen auf Straße und Schiene und die Förderung des kombinierten Güterverkehrs Straße-Schiene. Es gilt, durch dezentrale Verteilkonzepte die Städte möglichst frei von Lkw zu bekommen.