Wie Corona das Arbeiten verändert hat
Wie haben Pandemie und Lockdown die Alltage in verschiedenen Berufen verändert? Darüber sprach ich mit einer Vertreterin der Krankenpflege-Ausbildung, einem jungen Altenpfleger und einem Gastronom, der auch als Kulturanbieter auftritt.
Monika Kneer ist stellvertretende Leiterin des Pflege-Bildungszentrums an der Filderklinik. Auch wenn die Sympathiewelle für die Pflege nicht mehr so offensichtlich ist wie zu Beginn der Pandemie, als aus vielen Fenstern geklatscht wurde, genießt der Krankenpflegeberuf nach ihrer Wahrnehmung ein hohes Ansehen. Dennoch gebe es „Luft nach oben“. Die Öffentlichkeit wisse vielfach zu wenig über den Beruf. Eltern würden ihren Kindern bisweilen abraten, Pflegefachkraft zu werden. Die Auszubildenden würden mit viel Idealismus in die Ausbildung starten, weil sie Menschen begegnen und ihnen helfen wollen. Die Realität in den Kliniken, auf die sie treffen, sei dann nicht immer gut und es gebe in der Ausbildung (nicht speziell in der Ausbildung in der Filderklinik) eine hohe Abbrechendenquote. Jedoch biete der Beruf Arbeitsplatzsicherheit. Wie stellt sich die Arbeit unter Pandemiebedingungen dar? Anfangs sei man überhaupt nicht vorbereitet gewesen und habe keine Online-Möglichkeiten für den Unterricht gehabt. Vieles habe sich inzwischen aber eingespielt. Einige Auszubildenden würden vom Distanzunterricht profitieren, andere wiederum hätten damit Probleme. Praxiseinsätze seien besonders schwierig, viele andere Kliniken hätten diese abgesagt. Alle praktischen Prüfungen seien aber möglich gewesen. Der Theorieunterricht könne dank großer Räume und Raumlüftern wieder in Präsenz stattfinden. Für den im April gestarteten neuen Ausbildungsgang habe es die übliche Zahl an Bewerbungen gegeben und alle 20 bis 22 Ausbildungsplätze hätten belegt werden können.
Kai Schubert arbeitet als junger Altenpfleger (seit 2,5 Jahren examiniert) in zwei Pflegeeinrichtungen eines Trägers im Tag- und Nachtdienst. Bereits seit Februar 2020 gebe es Beschränkungen in den Einrichtungen des Trägers. Der Beginn der Pandemie sei durch Mangel an Schutzausrüstung geprägt gewesen. Die Bewohner*innen hätten damit zurechtkommen müssen, viel Zeit in ihren Zimmern zu bleiben oder nur alleine auf die Flure zu dürfen. Pflegekräfte nur mit Masken zu sehen sei für einige von ihnen, insbesondere dem Demenzkranken, deprimierend gewesen. Teilweise sei daher auf die Masken verzichtet worden und man habe früh auf regelmäßige Schnelltests gesetzt. Auch die Begrenzung der Besuchszahl sei für alle belastend gewesen. Auch hier sei durch Tests eine Lockerung möglich geworden. Einmal habe es an einem Tag drei Tote im Zusammenhang mit Corona gegeben. Das habe auch für erfahrene Pflegekräfte eine besondere Belastung dargestellt. Es wurde eine Isolierstation eingerichtet, um Infizierte und Kranke von nicht infizierten Bewohner*innen zu trennen. Die ohnehin nicht einfache Personalsituation sei durch Positivtestungen noch angespannter geworden. So seien auch positiv getestete Kolleginnen und Kollegen zur Arbeit erschienen, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. Die Sterblichkeit sei erhöht gewesen. Die Impfungen würden wieder mehr Freiheiten wie Besuche, Zusammensein ohne Masken und den Einsatz von Alltagsbegleitern ermöglichen. Was das Image des Berufs angeht sei es erforderlich, dass Pflegekräfte mehr Selbstbewusstsein entwickeln. Die Pflege müsse sich mehr nach außen darstellen, „um Leute vom Beruf zu überzeugen“. Noch wichtiger als die Frage der Bezahlung seien die Arbeitsbedingungen.
Michael Holz ist Gastwirt aus Kirchheim unter Teck und Kulturanbieter. Er betreibt eine Veranstaltungslokation und eröffnete nach einer Pause nur wenige Monate vor der Pandemie wieder eine Speisegaststätte, mit der er sich seit November im Lockdown befindet. Michael Holz hob eingangs eine Gemeinsamkeit der drei Gesprächspartner*innen hervor: Sie alle würden Berufe repräsentieren, in denen zu Zeiten gearbeitet würde, wenn die meisten Leute frei hätten. Zu seiner Situation: Er freue sich auf bevorstehende Teilöffnung, sehe aber mit Sorge, ob noch ausreichend Personal bereit stünde. Ein Mitarbeiter habe für eine Stelle in einem anderen Arbeitsfeld gekündigt. Mit dem Personal werde es in der Gastronomie schwierig. Die Attraktivität der Ausbildungsberufe in seiner Branche habe durch die Pandemie gelitten. Er selber sei noch nie so lange „raus gewesen“ und müsse erst weder „rein finden“. Die Hilfen von Bund und Land seien sehr gut. Er rechne mit einem Neustart Anfang Juni. Man solle nichts überstürzen, sondern sicher sein können, dass es nicht wieder zu Schließungen kommen müsse. Die Ausweitung der Außengastronomie könne hilfreich sein, um Platzverluste durch Abstandsgebote auszugleichen. Außerdem würden, so die Erfahrungen aus dem letzten Sommer, viele Leute die Innenbereiche meiden. Ob „to go“ Sinn mache hänge von der Lage der Gastronomie und davon ab, ob dies schon frühzeitig, am besten bereits vor dem Lockdown, zum Angebot gehört habe. Bei ihm habe dies nicht geklappt, da er vor allem von Getränkeumsätzen gelebt habe. Die Kulturschaffenden, mit denen er baldmöglichst wieder zusammen arbeiten wolle, hätten sich sehr unterschiedlich beholfen. Einige würden Online-Musikunterricht geben. Andere verdienen Gagen mit Streaming auf Youtube. Wieder andere seien in andere Berufen/Tätigkeiten wie den Gartenbau gewechselt. Besonders schwierig sei die Lage für diejenigen in der Veranstaltungstechnik, da diese häufig investiert und nun null eigenes Einkommen hätten. Auf die sozialen Kontakte mit einer Wiedereröffnung freue er sich ganz besonders. Der Optimismus und die Vorfreude waren zu spüren …
Ich fand auch dieses Gespräch wieder sehr interessant. Etwas schade war, dass nur sehr wenige Menschen dieses Angebot angenommen hatten.