Pandemie und Berufsbilder

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14.05.2021

Wie Corona das Arbeiten verändert hat

Wie haben Pan­de­mie und Lock­down die All­ta­ge in ver­schie­de­nen Beru­fen ver­än­dert? Dar­über sprach ich mit einer Ver­tre­te­rin der Kran­ken­pfle­ge-Aus­bil­dung, einem jun­gen Alten­pfle­ger und einem Gas­tro­nom, der auch als Kul­tur­anbie­ter auf­tritt.

Moni­ka Kne­er ist stell­ver­tre­ten­de Lei­te­rin des Pfle­ge-Bil­dungs­zen­trums an der Fil­der­kli­nik. Auch wenn die Sym­pa­thie­wel­le für die Pfle­ge nicht mehr so offen­sicht­lich ist wie zu Beginn der Pan­de­mie, als aus vie­len Fens­tern geklatscht wur­de, genießt der Kran­ken­pfle­ge­be­ruf nach ihrer Wahr­neh­mung ein hohes Anse­hen. Den­noch gebe es „Luft nach oben“. Die Öffent­lich­keit wis­se viel­fach zu wenig über den Beruf. Eltern wür­den ihren Kin­dern bis­wei­len abra­ten, Pfle­ge­fach­kraft zu wer­den. Die Aus­zu­bil­den­den wür­den mit viel Idea­lis­mus in die Aus­bil­dung star­ten, weil sie Men­schen begeg­nen und ihnen hel­fen wol­len. Die Rea­li­tät in den Kli­ni­ken, auf die sie tref­fen, sei dann nicht immer gut und es gebe in der Aus­bil­dung (nicht spe­zi­ell in der Aus­bil­dung in der Fil­der­kli­nik) eine hohe Abbre­chen­den­quo­te. Jedoch bie­te der Beruf Arbeits­platz­si­cher­heit. Wie stellt sich die Arbeit unter Pan­de­mie­be­din­gun­gen dar? Anfangs sei man über­haupt nicht vor­be­rei­tet gewe­sen und habe kei­ne Online-Mög­lich­kei­ten für den Unter­richt gehabt. Vie­les habe sich inzwi­schen aber ein­ge­spielt. Eini­ge Aus­zu­bil­den­den wür­den vom Distanz­un­ter­richt pro­fi­tie­ren, ande­re wie­der­um hät­ten damit Pro­ble­me. Pra­xis­ein­sät­ze sei­en beson­ders schwie­rig, vie­le ande­re Kli­ni­ken hät­ten die­se abge­sagt. Alle prak­ti­schen Prü­fun­gen sei­en aber mög­lich gewe­sen. Der Theo­rie­un­ter­richt kön­ne dank gro­ßer Räu­me und Raum­lüf­tern wie­der in Prä­senz statt­fin­den. Für den im April gestar­te­ten neu­en Aus­bil­dungs­gang habe es die übli­che Zahl an Bewer­bun­gen gege­ben und alle 20 bis 22 Aus­bil­dungs­plät­ze hät­ten belegt wer­den kön­nen.

Kai Schu­bert arbei­tet als jun­ger Alten­pfle­ger (seit 2,5 Jah­ren exami­niert) in zwei Pfle­ge­ein­rich­tun­gen eines Trä­gers im Tag- und Nacht­dienst. Bereits seit Febru­ar 2020 gebe es Beschrän­kun­gen in den Ein­rich­tun­gen des Trä­gers. Der Beginn der Pan­de­mie sei durch Man­gel an Schutz­aus­rüs­tung geprägt gewe­sen. Die Bewohner*innen hät­ten damit zurecht­kom­men müs­sen, viel Zeit in ihren Zim­mern zu blei­ben oder nur allei­ne auf die Flu­re zu dür­fen. Pfle­ge­kräf­te nur mit Mas­ken zu sehen sei für eini­ge von ihnen, ins­be­son­de­re dem Demenz­kran­ken, depri­mie­rend gewe­sen. Teil­wei­se sei daher auf die Mas­ken ver­zich­tet wor­den und man habe früh auf regel­mä­ßi­ge Schnell­tests gesetzt. Auch die Begren­zung der Besuchs­zahl sei für alle belas­tend gewe­sen. Auch hier sei durch Tests eine Locke­rung mög­lich gewor­den. Ein­mal habe es an einem Tag drei Tote im Zusam­men­hang mit Coro­na gege­ben. Das habe auch für erfah­re­ne Pfle­ge­kräf­te eine beson­de­re Belas­tung dar­ge­stellt. Es wur­de eine Iso­lier­sta­ti­on ein­ge­rich­tet, um Infi­zier­te und Kran­ke von nicht infi­zier­ten Bewohner*innen zu tren­nen. Die ohne­hin nicht ein­fa­che Per­so­nal­si­tua­ti­on sei durch Posi­tiv­tes­tun­gen noch ange­spann­ter gewor­den. So sei­en auch posi­tiv getes­te­te Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen zur Arbeit erschie­nen, um den Betrieb auf­recht zu erhal­ten. Die Sterb­lich­keit sei erhöht gewe­sen. Die Imp­fun­gen wür­den wie­der mehr Frei­hei­ten wie Besu­che, Zusam­men­sein ohne Mas­ken und den Ein­satz von All­tags­be­glei­tern ermög­li­chen. Was das Image des Berufs angeht sei es erfor­der­lich, dass Pfle­ge­kräf­te mehr Selbst­be­wusst­sein ent­wi­ckeln. Die Pfle­ge müs­se sich mehr nach außen dar­stel­len, „um Leu­te vom Beruf zu über­zeu­gen“. Noch wich­ti­ger als die Fra­ge der Bezah­lung sei­en die Arbeits­be­din­gun­gen.

Micha­el Holz ist Gast­wirt aus Kirch­heim unter Teck und Kul­tur­anbie­ter. Er betreibt eine Ver­an­stal­tungs­lo­ka­ti­on und eröff­ne­te nach einer Pau­se nur weni­ge Mona­te vor der Pan­de­mie wie­der eine Spei­se­gast­stät­te, mit der er sich seit Novem­ber im Lock­down befin­det. Micha­el Holz hob ein­gangs eine Gemein­sam­keit der drei Gesprächspartner*innen her­vor: Sie alle wür­den Beru­fe reprä­sen­tie­ren, in denen zu Zei­ten gear­bei­tet wür­de, wenn die meis­ten Leu­te frei hät­ten. Zu sei­ner Situa­ti­on: Er freue sich auf bevor­ste­hen­de Tei­l­öff­nung, sehe aber mit Sor­ge, ob noch aus­rei­chend Per­so­nal bereit stün­de. Ein Mit­ar­bei­ter habe für eine Stel­le in einem ande­ren Arbeits­feld gekün­digt. Mit dem Per­so­nal wer­de es in der Gas­tro­no­mie schwie­rig. Die Attrak­ti­vi­tät der Aus­bil­dungs­be­ru­fe in sei­ner Bran­che habe durch die Pan­de­mie gelit­ten. Er sel­ber sei noch nie so lan­ge „raus gewe­sen“ und müs­se erst weder „rein fin­den“. Die Hil­fen von Bund und Land sei­en sehr gut. Er rech­ne mit einem Neu­start Anfang Juni. Man sol­le nichts über­stür­zen, son­dern sicher sein kön­nen, dass es nicht wie­der zu Schlie­ßun­gen kom­men müs­se. Die Aus­wei­tung der Außen­gas­tro­no­mie kön­ne hilf­reich sein, um Platz­ver­lus­te durch Abstands­ge­bo­te aus­zu­glei­chen. Außer­dem wür­den, so die Erfah­run­gen aus dem letz­ten Som­mer, vie­le Leu­te die Innen­be­rei­che mei­den. Ob „to go“ Sinn mache hän­ge von der Lage der Gas­tro­no­mie und davon ab, ob dies schon früh­zei­tig, am bes­ten bereits vor dem Lock­down, zum Ange­bot gehört habe. Bei ihm habe dies nicht geklappt, da er vor allem von Geträn­keum­sät­zen gelebt habe. Die Kul­tur­schaf­fen­den, mit denen er bald­mög­lichst wie­der zusam­men arbei­ten wol­le, hät­ten sich sehr unter­schied­lich behol­fen. Eini­ge wür­den Online-Musik­un­ter­richt geben. Ande­re ver­die­nen Gagen mit Strea­ming auf You­tube. Wie­der ande­re sei­en in ande­re Berufen/Tätigkeiten wie den Gar­ten­bau gewech­selt. Beson­ders schwie­rig sei die Lage für die­je­ni­gen in der Ver­an­stal­tungs­tech­nik, da die­se häu­fig inves­tiert und nun null eige­nes Ein­kom­men hät­ten. Auf die sozia­len Kon­tak­te mit einer Wie­der­eröff­nung freue er sich ganz beson­ders. Der Opti­mis­mus und die Vor­freu­de waren zu spü­ren …

Ich fand auch die­ses Gespräch wie­der sehr inter­es­sant. Etwas scha­de war, dass nur sehr weni­ge Men­schen die­ses Ange­bot ange­nom­men hat­ten.