Reisendenzahlen in den Zügen gestiegen

07.11.2020, zuletzt ergänzt am 07.12.2020

Auswertung für Landkreise in den Jahren 2010 bis 2019

Die Rei­sen­den­zah­len haben sich in den letz­ten Jah­ren in vie­len Bahn­hö­fen des Lan­des äußerst erfreu­lich ent­wi­ckelt. Dies geht aus der Ant­wort der Bun­des­re­gie­rung auf eine Anfra­ge von mir her­vor. Dem­nach ver­zeich­ne­ten die 685 Bahn­hö­fe und Hal­te­punk­te in Baden-Würt­tem­berg im Jahr 2010 noch 1,9 Mil­lio­nen täg­li­che Rei­sen­de. 2019 waren es bereits 2,4 Mil­lio­nen. Das ent­spricht einem Zuwachs um rund ein Vier­tel.

„Spit­zen­rei­ter“ bei den Fahr­gast­ge­win­nen ist der Bahn­hof in Renn­in­gen (Land­kreis Böb­lin­gen). Wur­den dort im Jahr 2010 noch 2.600 Rei­sen­de gezählt, waren es im ver­gan­ge­nen Jahr bereits 11.600, also mehr als eine Ver­vier­fa­chung. In Kon­stanz und Nür­tin­gen ver­drei­fach­ten sich die Rei­sen­den­zah­len nahe­zu auf 13.400 bzw. 10.400. Stark ent­wi­ckel­te sich auch Karls­ru­he-Dur­lach, wo im Jahr 2010 noch 6.500 und zuletzt bereits 17.000 Ein‑, Aus- und Umstei­ger gezählt wur­den. Dies ent­spricht mehr als einer Ver­zwei­ein­halb­fa­chung. Ver­dop­pe­lun­gen bei den Bahn­rei­sen­den ver­zeich­ne­ten die Bahn­hö­fe in Radolf­zell, Stutt­gart-Wei­lim­dorf und ‑Neu­wirts­haus sowie in Ras­tatt und Böb­lin­gen.

Wo Licht ist, da ist auch ver­ein­zelt Schat­ten. Daher gab es eini­ge Bahn­hö­fe mit sin­ken­den Rei­sen­den­zah­len. Jedoch fie­len die ein­zel­nen Abwärts­ent­wick­lun­gen bei wei­tem nicht so stark aus wie die Zuge­win­ne andern­orts. So hat­te bei­spiels­wei­se Kehl ein Minus von 38 und Rott­weil von 16 Pro­zent zu ver­zeich­nen. Auch in Hei­den­heim wur­de weni­ger ein‑, aus- und umge­stie­gen.

Hier eine aus­zugs­wei­se Über­sicht nach Land­krei­sen:

Land­kreis Ess­lin­gen

Die 25 Bahn­hö­fe und Bahn­sta­tio­nen des Land­krei­ses ver­zeich­ne­ten im Jahr 2010 noch 92.000 Rei­sen­de. 2019 waren es bereits 138.000. Das ent­spricht einem Zuwachs von 50 Pro­zent.

Beson­ders stark fiel der Zuwachs an Fahr­gäs­ten in Nür­tin­gen aus. Hier gab es mit einem Plus von 180 Pro­zent nahe­zu eine Ver­drei­fa­chung auf über 10.000 Rei­sen­de. Sehr erfreu­lich waren auch die Fahr­gast­ge­win­ne in Wer­n­au und Kirch­heim-Ötlin­gen von etwa 80 Pro­zent. Deut­lich auf der Gewin­ner­sei­te stan­den auch Ess­lin­gen (plus 64 Pro­zent auf 27.000 Rei­sen­de) und Kirch­heim unter Teck und Ech­ter­din­gen mit knapp 47 Pro­zent auf 7.000 bzw. 9.000 Rei­sen­de. Fil­der­stadt (knapp 9.000) und Plochin­gen (18.000) leg­ten immer­hin noch um über 40 Pro­zent zu. In Lein­fel­den und Ober­aichen waren nur leich­te Zuge­win­ne zu ver­zeich­nen.

Blick nach vor­ne: Mit der Ver­län­ge­rung der S‑Bahn-Linie S 1 nach Nür­tin­gen wer­den in weni­gen Jah­ren zwei Zug­ver­bin­dun­gen pro Stun­de zusätz­lich ange­bo­ten. Mit der Umset­zung des Deutsch­land-Tak­tes sind wei­te­re deut­li­che Ver­bes­se­run­gen zuguns­ten der Fahr­gäs­te zu erwar­ten. Für Kirch­heim und Fil­der­stadt soll­te der Vier­tel­stun­den­takt ein­ge­führt wer­den. In Fil­der­stadt ist dies sehr ein­fach mög­lich, indem die S 2 immer bis Fil­der­stadt durch­fährt. Die Grü­nen im Regio­nal­par­la­ment haben dies kürz­lich bean­tragt. In Kirch­heim kann der Vier­tel­stun­den­takt ent­we­der durch eine Takt­ver­dich­tung der S‑Bahn oder aber die Durch­bin­dung der Teck­bahn bis Wend­lin­gen erreicht wer­den. Per­spek­ti­visch wird die Schie­ne in der Regi­on noch durch die mög­li­che Reak­ti­vie­rung der Bahn­stre­cke von Göp­pin­gen nach Bad Boll und die Wei­ter­füh­rung nach Weil­heim und Kirch­heim gestärkt.

Land­kreis Böb­lin­gen

Die 20 Bahn­hö­fe und Bahn­sta­tio­nen des Land­krei­ses ver­zeich­ne­ten im Jahr 2010 noch 89.000 Rei­sen­de. 2019 waren es bereits 131.000. Das ent­spricht einem Zuwachs von annä­hernd 50 Pro­zent.

Beson­ders stark fiel der Zuwachs an Fahr­gäs­ten in Renn­in­gen aus. Hier gab es mit einem Plus von 350 Pro­zent mehr als eine Ver­vier­fa­chung auf über 11.500 Rei­sen­de. Sehr erfreu­lich waren auch die Fahr­gast­ge­win­ne in Böb­lin­gen und in Weil der Stadt von etwa 90 und 75 Pro­zent. Deut­lich auf der Gewin­ner­sei­te stan­den auch Leon­berg (plus 58 Pro­zent auf 10.500 Rei­sen­de) und Ehn­in­gen (bei Böb­lin­gen) und Hulb mit knapp unter 30 Pro­zent auf 4.500 bzw. 6.000 Rei­sen­de. In Her­ren­berg und Nuf­rin­gen waren nur leich­te Zuge­win­ne zu ver­zeich­nen.

Blick nach vor­ne: Der Ver­band Regi­on Stutt­gart (VRS) als Auf­ga­ben­trä­ger denkt an eine Aus­wei­tung des Ange­bo­tes zwi­schen Böb­lin­gen und Renn­in­gen auf einen 15-Minu­ten-Takt, für den es aller­dings eini­ge infra­struk­tu­rel­le Anpas­sun­gen benö­tigt. Nach ers­ten Pro­gno­sen erwar­tet der VRS bis zu 7.800 zusätz­li­che Fahr­gäs­te durch die­se Ange­bots­aus­wei­tung.

Land­kreis Göp­pin­gen

Die 11 Bahn­hö­fe und Bahn­sta­tio­nen des Land­krei­ses ver­zeich­ne­ten im Jahr 2010 noch 15.000 Rei­sen­de. 2019 waren es bereits 22.000. Das ent­spricht einem Zuwachs von annä­hernd 50 Pro­zent.

Beson­ders stark fiel der Zuwachs an Fahr­gäs­ten an den klei­nen Hal­te­punk­ten im Land­kreis aus. So kam es in Salach mit einem Plus von über 150 Pro­zent auf 900 Rei­sen­de zu weit mehr als einer Ver­dopp­lung. Den Bahn­hof in Uhin­gen nut­zen im ver­gan­ge­nen Jahr fast genau dop­pelt so vie­le, näm­lich 1.500 Men­schen, zum Ein- und Aus­stieg als neun Jah­re zuvor. Erfreu­lich waren auch die Fahr­gast­ge­win­ne an den größ­ten Sta­tio­nen im Land­kreis: In Geis­lin­gen (Stei­ge) stie­gen im Tages­durch­schnitt 1.500 Fahr­gäs­te mehr ein und aus. Dies ent­spricht einem Wachs­tum um 55 Pro­zent. In Göp­pin­gen kön­nen ähn­li­che posi­ti­ve Ent­wick­lun­gen beob­ach­tet wer­den: 2019 wur­den dort 7.600 Fahr­gäs­te gezählt, das sind 2.250 mehr als noch 2010 und ent­spricht einem Wachs­tum um 42%.

Blick nach vor­ne: Wei­te­re Ver­bes­se­run­gen sind abseh­bar, ins­be­son­de­re der Ein­füh­rung des VVS-Tarifs im Land­kreis Göp­pin­gen zum Jah­res­wech­sel. Durch kla­re und ein­heit­li­che Tarif­struk­tu­ren in der gesam­ten Metro­pol­re­gi­on wer­den wei­te­re Fahr­gäs­te in Bus und Bahn ein­stei­gen. Dar­über hin­aus bli­cke ich auch opti­mis­tisch wei­ter in die Zukunft: Die Unter­su­chung des Lan­des für die Chan­cen der Reak­ti­vie­rung still­ge­leg­ter Bahn­stre­cken ver­lie­fen für den Land­kreis Göp­pin­gen äußerst erfolg­ver­spre­chend. Die Stre­cke von Göp­pin­gen nach Bad Boll und wei­ter nach Weil­heim und Kirch­heim unter Teck hat sehr gut abge­schnit­ten. Das­sel­be gilt für die Stre­cke nach Schwä­bisch Gmünd.

Land­kreis Kon­stanz

Die 21 Bahn­hö­fe und Bahn­sta­tio­nen des Land­krei­ses ver­zeich­ne­ten im Jahr 2010 noch 31.000 Rei­sen­de. 2019 waren es bereits 69.000. Das ent­spricht einem Zuwachs von über 100 Pro­zent und damit mehr als einer Ver­dopp­lung der Fahr­gast­zah­len.

Beson­ders stark fiel der Zuwachs an Fahr­gäs­ten am Hal­te­punkt Kon­stanz-Peters­hau­sen aus. Hier gab es mit einem Plus von fast 250 Pro­zent mehr als eine Ver­drei­fa­chung auf über 3000 Rei­sen­de. Sehr erfreu­lich waren auch die Fahr­gast­ge­win­ne in den Sta­tio­nen Rei­chen­au (Baden) und in Sin­gen-Indus­trie­ge­biet von weit über 200 Pro­zent. Im Kon­stan­zer Haupt­bahn­hof waren im ver­gan­ge­nen Jahr über 13.000 und damit drei­mal so vie­le Rei­sen­de unter­wegs als neun Jah­re zuvor. Deut­lich auf der Gewin­ner­sei­te stan­den auch Mühl­hau­sen und Kon­stanz-Woll­ma­tin­gen jeweils mit Zuwäch­sen von etwa 170 Pro­zent auf 913 bzw. 2.700 Rei­sen­de. Aber auch an den Hal­te­stel­len Radolf­zell und Allens­bach konn­ten in den ver­gan­ge­nen Jah­ren mehr als eine Ver­dopp­lung der Rei­sen­den­zah­len gemes­sen wer­den. In Sin­gen konn­te ein Zuwachs um 80 Pro­zent auf täg­lich 18.000 Rei­sen­de ver­zeich­net wer­den.

Blick nach vorn: Im Land­kreis Kon­stanz sind zahl­rei­che Ver­bes­se­run­gen des Schie­nen­ver­kehrs mög­lich und not­wen­dig. Mit der Moder­ni­sie­rung und dem bar­rie­re­frei­en Aus­bau des Kon­stan­zer Haupt­bahn­ho­fes wird ein wich­ti­ger Anfang gemacht. Der Aus­bau der Gäu­bahn ist für die west­li­che Boden­see­re­gi­on von zen­tra­ler Bedeu­tung. Die Sin­ge­ner Kur­ve ist not­wen­dig, die Per­so­nen­zü­ge müs­sen aber nach wie vor nach Sin­gen fah­ren. Die Aus­bau- und Elek­tri­fi­zie­rungs­lü­cke zwi­schen Radolf­zell und Fried­richs­ha­fen muss geschlos­sen wer­den, um die Boden­see­gür­tel­bahn auf­zu­wer­ten. Die Reak­ti­vie­rung der Ablach­tal­bahn von Men­gen bis Stock­ach ist eben­so von Bedeu­tung für die Regi­on.

Land­kreis Lör­rach

Im Land­kreis Lör­rach betreibt die Deut­sche Bahn 32 Bahn­hö­fe und Bahn­sta­tio­nen. Waren dort im Jahr 2010 noch rund 27.000 Rei­sen­de unter­wegs, waren es 2019 bereits mehr als 58.000. Das ent­spricht einem Zuwachs von 115 Pro­zent. Beson­ders stark fiel der Fahr­gast­zu­wachs an den bei­den Sta­tio­nen Schwarz­wald­stra­ße und Brombach/Hauingen in Lör­rach und in Weil am Rhein Gar­ten­stadt aus. Dort lag die­ser zuletzt bei jeweils 260 Pro­zent über dem Ursprungs­wert des Jah­res 2010. Auch an der Sta­ti­on in Lör­rach Museum/Burghof gab es einen deut­li­chen Zuwachs: Hier stie­gen die Zah­len von 1.000 auf mehr als 3.400 Rei­sen­de pro Tag. Bemer­kens­wert sind auch die Fahr­gast­zah­len für den Haupt­bahn­hof Lör­rach. Waren hier 2010 noch 3.200 Rei­sen­de mit der Bahn unter­wegs, wur­den im ver­gan­ge­nen Jahr mehr als 9.200 gezählt. Hohe Fahr­gast­zah­len konn­ten ins­be­son­de­re auch an Hal­te­punk­ten ent­lang der Wie­sen­tal­bahn beob­ach­tet wer­den. Gegen­über den Fahr­gast­zah­len im Jahr 2010 von 1.450 Rei­sen­den pro Tag in Stei­nen und 1.800 Rei­sen­den pro Tag in Schopf­heim war mit 3.700 bzw. 4.700 Rei­sen­den pro Tag im Jahr 2019 in bei­den Fäl­len ein deut­li­cher Anstieg von rund 160 Pro­zent zu ver­zeich­nen.

All­ge­mei­ne Hin­wei­se:

Bei den hier dar­ge­stell­ten Land­krei­sen han­delt es sich über­wie­gend um mei­ne Betreu­ungs­wahl­krei­se. Eine ver­gleich­ba­re Aus­wer­tung für alle Land­krei­se ist auf­grund des hohen Auf­wan­des lei­der nicht mög­lich. Die Ent­wick­lung an den kleins­ten Sta­tio­nen blen­de ich hier in der Detail­be­trach­tung aus, da die Zah­len durch die gro­be Erhe­bungs­me­tho­de von zu gerin­ger Zuver­läs­sig­keit sein dürf­ten. Berück­sich­tigt wer­den hier ledig­lich Sta­tio­nen an den von der Deut­schen Bahn betrie­be­nen Stre­cken. So sind bei­spiels­wei­se die Täles­bahn und die Schön­buch­bahn nicht ent­hal­ten. Bei den Fahr­gast­zah­len han­delt es sich um die Ein- und Aus­stei­ger. Umstei­gen­de Fahr­gäs­te wer­den dem­nach dop­pelt gezählt. Die Beson­der­hei­ten durch die Coro­na-Kri­se konn­te in die­sen Zah­len nicht abge­bil­det wer­den. Die Bun­des­tags­druck­sa­che mit einer umfang­rei­chen Sta­ti­ons-Tabel­le im Anhang ist hier zu fin­den: https://dserver.bundestag.de/btd/19/226/1922668.pdf