Rollende Landstraße: Komplette Lkw auf der Schiene
Besuch im Terminal in Freiburg
Sind „Rollende Landstraßen“, bei denen gleich die ganzen Lastwagen auf die Schiene gebracht werden, eine Lösung? Ich habe mir dieses Modell in Freiburg angeschaut.
An der Zufahrt stehen wartende Lastwagen und auf dem Betriebsgelände, direkt neben den acht Gleisen, ebenfalls. Die Fahrer sitzen in ihren Kabinen oder nutzen die Zeit, um zu Duschen oder sich im Warteraum bei einem Häppchen und mit Fernsehen die Zeit zu vertreiben. Mit der Freiburger Bundestagskandidatin Chantal Kopf war ich beim Operateur RAlpin, der drei Eigentümern, darunter den Schweizer Bundesbahnen, gehört. Die Deutsche Bahn oder andere deutsche Unternehmen haben keinen Anteil. Wir haben eine Führung über das langgezogene Gelände und ein anschließenden vertiefendes Gespräch geboten bekommen. In Europa gibt es nur drei Rollende Landstraßen: Am Brenner (Österreich), zwischen Wels und Maribor (Österreich – Slowenien) – und zwischen Freiburg und Novara (Italien). Letztere wird von RAlpin angeboten und von der Schweiz subventioniert, um möglichst viele Güter auf die Schiene zu bekommen. Die Lastwagen kommen aus einer Entfernung von meist zwischen 150 und 350 Kilometer auf der Straße angefahren, fahren dann auf spezielle Güterzüge auf, durchqueren auf diese Weise die Schweiz bis nach Italien, um von dort nochmal ein ähnliches Stück auf der Straße zu fahren wie im Vorlauf. Die Fahrer*innen steigen für die Bahnfahrt in einem Liegewagen um und verbringen dort ihre Ruhezeiten. Diese Begleitwagen haben wir uns auch anschauen können. Pro Kabine können maximal drei Personen auf Klappbetten nächtigen. Die Wagen verfügen über WC, einfache Waschgelegenheiten und einen Aufenthaltsraum. Da während der Pandemie die Kabinen nur einzeln belegt werden können, werden nach Möglichkeit zusätzliche Schlafwagen mitgeführt und/oder weniger Lastwagen aufgeladen. Mitgeführt werden können nahezu alle Lastwagen, die eine Straßenzulassung haben. Zuvor werden die Höhen und die Gewichte überprüft und es wird sichergestellt, dass während der Fahrt keine Teile abfliegen können. Die Auflieger müssen nicht kranbar sein. Auch die meisten Gefahrgüter können befördert werden. An den Lastwagen müssen die Handbremsen angezogen und die Außenspiegel eingeklappt werden. Die Fahrzeuge werden mit jeweils mindestens vier Keilen gesichert. In 10 Stunden geht es mit maximal 100 Stundenkilometer die 420 Kilometer lange Gesamtstrecke über die Alpen. 40 Prozent der Züge kommen pünktlich oder mit maximal einer Verspätung von einer halben Stunde an. Bis zu einer Stunde Verspätung wird von den meisten Kunden akzeptiert.
Ist die Rollende Landstraße die Lösung? Nein, das sagen selbst die Eisenbahner von RAlpin. Es handle sich vielmehr um einen Ansatz für eine Übergangszeit. Die RoLa biete schnell umsetzbare Verlagerungseffekte. Die Nachteile: Da die Zugmaschinen mittransportiert werden, wird der begrenzte Platz auf den Güterwagen schneller erschöpft und das Maximalgewicht früher erreicht. Es werden also begrenzte Kapazitäten vergeudet. Ohne direkte Förderung durch die Schweiz ist dieses Modell nicht darstellbar – schon gar nicht, solange der Lkw so billig fährt. Man könne davon ausgehen, so erfuhren wir in Freiburg, dass ohne die RoLa etwa die eine Hälfte der Güter auf die unbegleitete Schiene und die andere Hälfte vollständig auf den Lkw wandern dürfte. Dabei muss gesehen werden, dass in der Schweiz strenge Nacht- und Sonntagsfahrverbote und hohe Lkw-Mautsätze gelten. Vorteil der RoLa: Es können auch nicht kranbare Auflieger auf die Bahn gehen und es muss nichts umgeladen werden. Das alles macht deutlich: Es handelt sich um eine Nische. Wenn Güter in größerem Umfang auf die Schiene verlagert werden sollen, dann braucht es andere Ansätze.