Rollende Landstraße: Komplette Lkw auf der Schiene

Hinweis: Dieser Beitrag ist schon älter und wurde möglicherweise noch nicht in das neue Format umgewandelt.

01.08.2021

Besuch im Terminal in Freiburg

Sind „Rol­len­de Land­stra­ßen“, bei denen gleich die gan­zen Last­wa­gen auf die Schie­ne gebracht wer­den, eine Lösung? Ich habe mir die­ses Modell in Frei­burg ange­schaut.

An der Zufahrt ste­hen war­ten­de Last­wa­gen und auf dem Betriebs­ge­län­de, direkt neben den acht Glei­sen, eben­falls. Die Fah­rer sit­zen in ihren Kabi­nen oder nut­zen die Zeit, um zu Duschen oder sich im War­te­raum bei einem Häpp­chen und mit Fern­se­hen die Zeit zu ver­trei­ben. Mit der Frei­bur­ger Bun­des­tags­kan­di­da­tin Chan­tal Kopf war ich beim Ope­ra­teur RAl­pin, der drei Eigen­tü­mern, dar­un­ter den Schwei­zer Bun­des­bah­nen, gehört. Die Deut­sche Bahn oder ande­re deut­sche Unter­neh­men haben kei­nen Anteil. Wir haben eine Füh­rung über das lang­ge­zo­ge­ne Gelän­de und ein anschlie­ßen­den ver­tie­fen­des Gespräch gebo­ten bekom­men. In Euro­pa gibt es nur drei Rol­len­de Land­stra­ßen: Am Bren­ner (Öster­reich), zwi­schen Wels und Mari­bor (Öster­reich – Slo­we­ni­en) – und zwi­schen Frei­burg und Nova­ra (Ita­li­en). Letz­te­re wird von RAl­pin ange­bo­ten und von der Schweiz sub­ven­tio­niert, um mög­lichst vie­le Güter auf die Schie­ne zu bekom­men. Die Last­wa­gen kom­men aus einer Ent­fer­nung von meist zwi­schen 150 und 350 Kilo­me­ter auf der Stra­ße ange­fah­ren, fah­ren dann auf spe­zi­el­le Güter­zü­ge auf, durch­que­ren auf die­se Wei­se die Schweiz bis nach Ita­li­en, um von dort noch­mal ein ähn­li­ches Stück auf der Stra­ße zu fah­ren wie im Vor­lauf. Die Fahrer*innen stei­gen für die Bahn­fahrt in einem Lie­ge­wa­gen um und ver­brin­gen dort ihre Ruhe­zei­ten. Die­se Begleit­wa­gen haben wir uns auch anschau­en kön­nen. Pro Kabi­ne kön­nen maxi­mal drei Per­so­nen auf Klapp­bet­ten näch­ti­gen. Die Wagen ver­fü­gen über WC, ein­fa­che Wasch­ge­le­gen­hei­ten und einen Auf­ent­halts­raum. Da wäh­rend der Pan­de­mie die Kabi­nen nur ein­zeln belegt wer­den kön­nen, wer­den nach Mög­lich­keit zusätz­li­che Schlaf­wa­gen mit­ge­führt und/oder weni­ger Last­wa­gen auf­ge­la­den. Mit­ge­führt wer­den kön­nen nahe­zu alle Last­wa­gen, die eine Stra­ßen­zu­las­sung haben. Zuvor wer­den die Höhen und die Gewich­te über­prüft und es wird sicher­ge­stellt, dass wäh­rend der Fahrt kei­ne Tei­le abflie­gen kön­nen. Die Auf­lie­ger müs­sen nicht kran­bar sein. Auch die meis­ten Gefahr­gü­ter kön­nen beför­dert wer­den. An den Last­wa­gen müs­sen die Hand­brem­sen ange­zo­gen und die Außen­spie­gel ein­ge­klappt wer­den. Die Fahr­zeu­ge wer­den mit jeweils min­des­tens vier Kei­len gesi­chert. In 10 Stun­den geht es mit maxi­mal 100 Stun­den­ki­lo­me­ter die 420 Kilo­me­ter lan­ge Gesamt­stre­cke über die Alpen. 40 Pro­zent der Züge kom­men pünkt­lich oder mit maxi­mal einer Ver­spä­tung von einer hal­ben Stun­de an. Bis zu einer Stun­de Ver­spä­tung wird von den meis­ten Kun­den akzep­tiert.

Ist die Rol­len­de Land­stra­ße die Lösung? Nein, das sagen selbst die Eisen­bah­ner von RAl­pin. Es hand­le sich viel­mehr um einen Ansatz für eine Über­gangs­zeit. Die RoLa bie­te schnell umsetz­ba­re Ver­la­ge­rungs­ef­fek­te. Die Nach­tei­le: Da die Zug­ma­schi­nen mit­trans­por­tiert wer­den, wird der begrenz­te Platz auf den Güter­wa­gen schnel­ler erschöpft und das Maxi­mal­ge­wicht frü­her erreicht. Es wer­den also begrenz­te Kapa­zi­tä­ten ver­geu­det. Ohne direk­te För­de­rung durch die Schweiz ist die­ses Modell nicht dar­stell­bar – schon gar nicht, solan­ge der Lkw so bil­lig fährt. Man kön­ne davon aus­ge­hen, so erfuh­ren wir in Frei­burg, dass ohne die RoLa etwa die eine Hälf­te der Güter auf die unbe­glei­te­te Schie­ne und die ande­re Hälf­te voll­stän­dig auf den Lkw wan­dern dürf­te. Dabei muss gese­hen wer­den, dass in der Schweiz stren­ge Nacht- und Sonn­tags­fahr­ver­bo­te und hohe Lkw-Maut­sät­ze gel­ten. Vor­teil der RoLa: Es kön­nen auch nicht kran­ba­re Auf­lie­ger auf die Bahn gehen und es muss nichts umge­la­den wer­den. Das alles macht deut­lich: Es han­delt sich um eine Nische. Wenn Güter in grö­ße­rem Umfang auf die Schie­ne ver­la­gert wer­den sol­len, dann braucht es ande­re Ansät­ze.