28.04.2019
13.06.2019, wichtige Anmerkung: Inzwischen liegt ein überarbeiteter Zielfahrplan vor. Die hier angegebenen Zeiten stimmen daher nicht mehr. Die generelle Problematik, dass sich in Stuttgart mit dem neuen Tiefbahnhof teilweise ungünstige Umsteigemöglichkeiten ergeben und sich der D‑Takt auf nur acht Gleisen und der daher erforderlichen dichten Zugfolge nicht fahren lässt, bleibt jedoch aktuell.
Neuer Hauptbahnhof lässt keinen Deutschlandtakt zu
Anhand des Zielfahrplans 2030 für den Deutschland-Takt lässt sich erahnen, wie die Züge im Jahr 2030 und danach fahren könnten. Es lässt sich erkennen, in welchen Bahnhöfen die Vertaktungen der Züge funktionieren können und wo vielleicht häufiger keine guten Anschlüsse bestehen zu erwarten sind.
Ich habe mir den Fahrplan für Stuttgart mit zukünftig nur noch acht Gleisen im geplanten neuen Tiefbahnhof mal genauer angeschaut und einige der Feststellungen grafisch dargestellt:
Man sieht: Es zeichnen sich teilweise äußerst ungünstige, weil viel zu lange Umsteigezeiten ab. So muss, wer von Tübingen kommt und in Stuttgart nach Karlsruhe umsteigen möchte, 26 Minuten auf den Anschlusszug warten. Von Zürich nach Heilbronn muss nach derzeitigem Stand von einer Umsteigezeit von 33 Minuten ausgegangen werden.
Auch wenn man ausschließlich den Nahverkehr betrachtet, von dem viel mehr Fahrgäste abhängig sind als vom Fernverkehr, ergibt sich ein Bild mit vielen kritischen Verbindungen:
Fazit: Der neue Tiefbahnhof mit nur acht Gleisen weist keine ausreichende Kapazität für einen zukunftsfähigen Bahnverkehr auf. Weder sind die notwendigen – und selbst von der Bundesregierung angestrebten – Zuwächse realisierbar. Noch können Züge mal einige wenige Minuten auf die Fahrgäste anderer (vielleicht verspäteter) Züge warten. Die geringe Anzahl an Bahnsteiggleisen erfordert einen Bahnverkehr nach der Devise “schnell rein, kurz stehen, schnell wieder raus”. Der Zielfahrplan stellt zwar noch keinen endgültigen Fahrplan dar. Er stellt aber bundesweit die Grundlage für Investitionsentscheidungen dar. Denn auf Basis dieses Fahrplans, der sich nicht an der vorhandenen Infrastruktur, sondern an den Bedürfnissen der Fahrtgäste orientiert, werden Bedarfe für Investitionen in die Infrastruktur ermittelt. Insofern ist er als Entwurf durchaus ernst zu nehmen.
Man kann nur hoffen, dass noch ein Wunder geschieht und die Projektbefürworter endlich Verantwortung für ihr Projekt übernehmen. Verantwortung heißt: Stuttgart 21 als ein Projekt der 1990er-Jahre zu begreifen und für die Zukunft weiterzuentwickeln. Dazu gehören zusätzliche Gleise, die als Kopfgleise rechtwinklig auf den Tiefbahnhof zulaufen, zu bauen. Um die Überbaubarkeit des bisherigen Gleisvorfeldes zu ermöglichen, können diese Gleise (ich gehe von vier Bahnsteiggleisen aus) in Tieflage, beispielsweise auf Höhe des Zwischengeschosses des Tiefbahnhofs, errichtet werden. Die Zuführung sollte über die Gäubahnstrecke erfolgen, die es zu erhalten gilt. Außerdem braucht es im Bereich Zuffenhausen/Feuerbach zwei zusätzliche Gleise, um eine leistungsfähige Zuführung aus Richtung Norden kommend zu erhalten.