Schließung der Grenze bei Konstanz prüfen

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18.04.2020

Brief zur Grenzschließung zwischen Konstanz und Kreuzlingen

Sehr geehr­ter Herr Innen­mi­nis­ter See­ho­fer,

sehr geehr­ter Herr Innen­mi­nis­ter Strobl,

Kon­stanz am Boden­see ver­kör­pert und lebt schon auf Grund sei­ner geo­gra­fi­schen Lage Inter­na­tio­na­li­tät: Trotz der EU-Außen­gren­ze zur Schweiz sind die Städ­te Kon­stanz (D) und Kreuz­lin­gen (CH) in den letz­ten Jah­ren ste­tig zusam­men­ge­wach­sen. Das Ver­schwin­den von Grenz­be­fes­ti­gun­gen, die noch aus der Vor­kriegs­zeit stamm­ten, haben in den letz­ten Jah­ren einen zusam­men­hän­gen­den Metro­pol­be­reich ent­ste­hen las­sen. Im Ergeb­nis gibt es zwi­schen den bei­den Städ­ten heu­te kei­nen effek­ti­ven Grenz­strei­fen mehr. Die Haus­be­bau­ung ist bis an die Gren­zen erfolgt, sodass die bei­den Städ­te optisch nicht mehr aus­ein­an­der­zu­hal­ten sind. Im All­tag spielt die Gren­ze für die Men­schen in Kon­stanz und Kreuz­lin­gen kei­ne gro­ße Rol­le mehr und die Men­schen füh­len sich mit­ein­an­der ver­bun­den. Vie­le pen­deln zum Arbei­ten zwi­schen den bei­den Städ­ten und es gibt vie­le Men­schen, die ihre Part­ne­rin oder ihren Part­ner, ihre Fami­lie und vie­le gute Freun­de in der ande­ren Stadt haben. Kon­stanz und Kreuz­lin­gen sind zu Zwil­lings­städ­ten gewor­den, obwohl zwi­schen den bei­den Kom­mu­nen eine Staats­gren­ze ver­läuft.
Durch die Maß­nah­men zur Ein­däm­mung der Coro­na-Pan­de­mie wur­de die Gren­ze zwi­schen Deutsch­land und der Schweiz geschlos­sen. Der­zeit darf die Gren­ze nur in abso­lu­ten Aus­nah­me­fäl­len (z.B. Pfle­ge eines Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen oder Wahr­neh­mung des Sor­ge­rechts) über­schrit­ten wer­den. Durch die Grenz­schlie­ßung wer­den aller­dings momen­tan vie­le Lebens­part­ner­schaf­ten, Freund­schaf­ten und Fami­li­en von­ein­an­der getrennt, was eine enor­me psy­chi­sche Belas­tung für vie­le Betrof­fe­ne dar­stellt.
In die­sen schwe­ren Zei­ten nimmt der Gesund­heits­schutz der Bevöl­ke­rung einen hohen Stel­len­wert ein. Die Ver­hin­de­rung von wei­te­ren Covid-19-Infek­tio­nen dient dem Schutz eines jeden ein­zel­nen Men­schen wie auch der Bewah­rung unse­res Gesund­heits­sys­tems vor einer Über­be­las­tung. Bei­den Aspek­ten wird rich­ti­ger­wei­se höchs­te Prio­ri­tät gewid­met und wird von uns in kei­ner Wei­se in Fra­ge gestellt. Wir wol­len aller­dings den Blick auf den Gesund­heits­schutz um einen wei­te­ren Aspekt erwei­tern. Denn dazu gehört auch das psy­chi­sche Wohl­be­fin­den der Men­schen.
Wir möch­ten Sie als Innen­mi­nis­ter vor die­sem Hin­ter­grund per­sön­lich bit­ten, regel­mä­ßig gemein­sam mit dem Bun­des­in­nen­mi­nis­ter zu über­prü­fen, ob der dop­pel­te Grenz­zaun an der deutsch-schwei­zer Gren­ze zwi­schen Kon­stanz und Kreuz­lin­gen aus Grün­den des Infek­ti­ons­schut­zes wei­ter­hin unab­ding­bar und ohne eine erwei­ter­te Durch­läs­sig­keit für einen eng begrenz­ten, zusätz­li­chen Per­so­nen­kreis mit Wohn­sitz in Kon­stanz oder Kreuz­lin­gen not­wen­dig ist.
Ins­be­son­de­re bit­ten wir Sie im Namen der hier im Metrol­pol­be­reich leben­den Men­schen unter Berück­sich­ti­gung aller rele­van­ten gesund­heit­li­chen und sozia­len Aspek­te ernst­haft zu prü­fen, ob es für Fami­li­en, Freun­de, Lebens­part­ne­rin­nen und Lebens­part­ner gege­be­nen­falls groß­zü­gi­ge­re Aus­nah­me­re­ge­lun­gen für den Grenz­über­tritt nach Deutsch­land bzw. in die Schweiz geben könn­te. Für die Men­schen aus den bei­den Städ­ten Kon­stanz und Kreuz­lin­gen haben sich in den Jah­ren der offe­nen Gren­zen viel­fa­che sozia­le, fami­liä­re und part­ner­schaft­li­che Bin­dun­gen erge­ben. Die­se sind aber doch das, was die Men­schen und unse­re Gesell­schaft zuein­an­der fin­den lässt und auf das wir in und nach der Coro­na-Kri­se bau­en wol­len.
Abschlie­ßend wei­sen wir noch­mal dar­auf hin, dass es uns gegen­wär­tig nicht um das Ermög­li­chen von Ein­kaufs­fahr­ten, Tou­ris­mus und von Par­tys geht. Es geht uns dar­um, mas­si­ve Beschrän­kun­gen beim Leben von Bezie­hun­gen in ihrer Här­te zu dämp­fen, ohne die drin­gen­den Erfor­der­nis­se des Gesund­heits­schut­zes aus den Augen zu ver­lie­ren. Dies setzt vor­aus, dass die Ange­mes­sen­heit der Maß­nah­men regel­mä­ßig hin­ter­fragt wird.
Was es zumin­dest braucht ist ein Sze­na­rio, ab wel­chen Fort­schrit­ten bei der Bekämp­fung des Virus die Durch­läs­sig­keit der Gren­ze schritt­wei­se wie­der­her­ge­stellt wird. Zusätz­lich bit­ten wir Sie, dies­be­züg­lich umge­hend Gesprä­che mit der Schwei­zer Regie­rung und der Bun­des­re­gie­rung auf­zu­neh­men.

Wir freu­en uns über Ihre Ant­wort und ste­hen für Rück­fra­gen ger­ne zur Ver­fü­gung.

Mit freund­li­chen Grü­ßen

Die­ser Text ging in jeweils ange­pass­ter inhalt­li­cher Form in zwei offe­nen Brie­fen an den Bun­des- und den Lan­des­in­nen­mi­nis­ter. Geschrie­ben und unter­zeich­net wur­de er von Nese Erik­li (MdL), Fran­zis­ka Brant­ner (MdB) und mir.