10.06.2016
Die Doppelmayr Seilbahnen GmbH mit Unternehmenssitz in Österreich und der Schweiz ist einer der führenden Hersteller von Seilbahnen in Europa. Das Unternehmen ist in 35 Ländern der Welt präsent. Bis heute realisierte das Unternehmen nach eigenen Angaben über 14.700 Seilbahnsysteme für Kunden in 90 Staaten. Herrn Günter Troy, der den Vertrieb und die Projektierung verantwortet, habe ich einige Fragen gestellt.
Mit welchen drei Hauptargumenten stehen Ihre Chancen am besten, großstädtische Verkehrsplaner, Entscheidungsträger und die Öffentlichkeit von der Idee einer Seilbahn als Ergänzung zum bestehenden ÖPNV überzeugen zu können?
Es gibt in vielen Ballungszentren Situationen im ÖPNV, die mit herkömmlichen und bekannten Systemen schwierig oder gar nicht zu bewältigen sind. Mit einer Seilbahn ließe sich in der einen oder anderen Situation eine Lösung herbeiführen. Seilbahnen sind unschlagbar, wenn es um die Überwindung von Hindernissen wie zum Beispiel einen Fluss oder Höhenunterschied geht. Seilbahnen erschließen eine neue Verkehrsebene und entlasten die bestehende Infrastruktur, Seilbahnen gehören zur “E‑Mobilität”, moderne Seilbahnsysteme sind extrem leise und benötigen sehr wenig Platz.
Die Städte wachsen weltweit permanent, die Entwicklung der Infrastruktur kostet Unsummen und kann schon heute vielerorts kaum mit dem Bevölkerungswachstum mithalten. Mit der Seilbahn können wir ein Transportsystem anbieten, das mit all seinen Eigenschaften für viele Situationen die geeignete Lösung darstellt und im Vergleich zu anderen Verkehrssystemen zudem sehr kostengünstig ist.
Seilbahnen haben sich weltweit an vielen Standorten bestens bewährt, ihre Zuverlässigkeit und vor allem Sicherheit ist beeindruckend. Warum sollen diese Erfahrungen meist aus dem touristischen Bereich nicht auch im urbanen Raum genutzt werden?
Trotz bester Argumente kommen die vielerorts diskutierten Seilbahn-Ideen nicht so richtig voran. Im Bergtourismus wollen alle gerne mit der Gondel fahren, im urbanen Raum jedoch kommt dieses Thema trotz Stauproblematik und hohen, verkehrsbedingten Luftschadstoffbelastungen kaum voran. An welchen Denkblockaden liegt das?
Seilbahnen können sich bereits viele Menschen auch im städtischen Bereich vorstellen. Voraussetzung ist die Integration in das öffentliche Umfeld und vor allem in den ÖPNV. Sobald jedoch konkrete Pläne bekannt werden, wächst der Widerstand der durch die Überfahrt der Seilbahn betroffenen Grundstücks- und Hausbesitzer. Daneben gibt es natürlich auch Gegner, die generell Seilbahnen im ÖPNV für nicht geeignet halten.
Wie lassen sich diese Widerstände überwinden? Welche Erfahrungen haben Sie mit intensiver Bürgerbeteiligung gemacht?
Die Widerstände können mit Argumenten kaum überwunden werden. Es geht oftmals um ganz persönliche Gründe eben der Betroffenen, die gegen den Bau einer Seilbahn sprechen, daraus entsteht ein nicht unerhebliches, politisches Risiko und dadurch eine Verunsicherung in den Reihen der Entscheidungsträger. Bürgerbeteiligungen sind für uns schwierig einzuschätzen. An und für sich ist eine Seilbahn ein sehr umweltfreundliches, verlässliches und auch attraktives Transportsystem. Es fehlt die Erfahrung mit Seilbahnen im ÖPNV, bei Bürgerbeteiligungen wird oft polarisiert und dann die Seilbahnen eindeutig dem Tourismus zugeordnet. So lässt sich auch unterstellen, dass Seilbahnen für den täglichen Bedarf nicht geeignet sind.
Welche deutschen oder europäischen Städte werden die nächsten sein, die eine Seilbahn bekommen und wie sind dort die Diskussionen bisher verlaufen?
Das können wir nicht beurteilen. Wir stellen fest, dass die Diskussionen besser werden, die Seilbahn als Transportlösung vermehrt Interesse weckt und mögliche Projekte genauer untersucht werden.
Sind beim Seilbahnbau und ‑betrieb in den nächsten Jahren weitere technologische Entwicklungen zu erwarten? Wenn Sie einen Blick in die Glaskugel werfen: Wie sieht die Seilbahn der Zukunft aus?
Die Anlagen werden noch leiser und die Fahrzeuge komfortabler, Heizung und Klimaanlagen sind schon heute vorstellbar bzw. machbar. Es wird laufend an der Reduzierung des Wartungsaufwandes und an Verbesserungen für den Betrieb der Anlagen gearbeitet. Ein großer Erfolg wäre, wenn die Seilbahn im urbanen Raum jenen Gefallen findet, den sie im touristischen Bereich schon lange hat. Bei einem entsprechenden Durchbruch werden größere technologische Entwicklungen, wie zum Beispiel eine kurvengängige Seilbahn, folgen.