Abbiegeassistenzsystem für Lkw vorgestellt
Viele Verkehrsunfälle mit zumeist schweren Unfallfolgen für Radfahrende geschehen beim Rechtsabbiegen von Lastwagen und Bussen. Grundproblem sind tote Winkel, in dem Radfahrende und Fußgänger nicht gesehen werden. Mitgliedern des Bundestags-Verkehrsausschusses wurde ein Abbiegeassistenzsystem von Daimler praktisch vorgestellt.
Groß und knallig gelb ist er. Die Rede ist vom Vorführ-Lastwagen, der von Daimler zu Präsentationszwecken auf ein Unternehmensgelände in Berlin gebracht wurde. Während „normale“ Lkw häufig sechs Spiegel aufweisen, damit sich der Fahrer einen Überblick über das, was sich links, rechts und direkt vor ihm abspielt, verschaffen kann (in Wirklichkeit werden die Fahrer damit aber überfordert und die Spiegel mit ihren verzerrten Ansichten versperren die freie Sicht!), hat der gelbe Lkw nur noch einen Spiegel, der das Geschehen unmittelbar vor der Beifahrertüre zeigt. Über dieser Türe hängt auch eine Kamera, die Bilder auf einen Bildschirm überträgt. Ergänzt wird das Bild von der Kamera durch Radartechnik, die ein Piepen im Fahrzeug auslöst, wenn sich ein Mensch im Gefahrenbereich befindet.
Erhältlich ist die Technik, die als erstes vollintegriertes System gilt, seit Dezember 2016 und ist angepasst unter anderem an das Lkw-Modell Actros und Mercedes-Stadtbusse sowie Setra-Reisebusse. Die Kosten dieses Systems liegen bei rund 2.500 Euro ab Werk. Da ist es doch erstaunlich oder gar skandalös, dass erst ein Drittel der Kunden das System, mit dem Menschenleben gerettet werden können, mitbestellen. Ein Lkw kostet rund 100.000 Euro und dann werden 2.500 Euro gespart! Aus meiner Sicht völlig unverständlich, zumal die Unternehmen auch Verantwortung für ihre Fahrer tragen, von denen viele, die an einem tödlichen Unfall beteiligt waren, unabhängig von der Schuldfrage lange Zeit oder gar dauerhaft als Arbeitskraft ausfallen und hilfsbedürftig sind. Daimler unterstützt unsere Forderung nach verpflichtenden Abbiegeassistenzsystemen.
Daimler erklärte uns im Gespräch, dass demnächst auch eine Nachrüstlösung angeboten werden soll. Außerdem wolle man hin zu einem Hilfssystem mit Bremswirkung. Dann würde der Lastwagen oder der Bus automatisch gebremst werden, wenn sich ein Mensch im „Schwenkbereich“ befindet.
Wir durften uns die Funktionsweise des Assistenzsystems vom Lkw aus anschauen. Von hinten näherte sich ein Radfahrer (ein Daimler-Mitarbeiter) und fuhr dicht am Lkw vorbei. Im Spiegel wäre er nicht zu sehen gewesen. Doch auf dem Bildschirm war er deutlich zu erkennen. Noch dazu ertönte das Piepen der Radartechnik. Als der Radfahrer vorbeigefahren war konnten wir – ohne eine Gefahr darzustellen – mit dem Lkw rechts abbiegen.