Sprechstunden vor Ort bei den Leuten

Mei­ne Prä­senz im Wahl­kreis habe ich anläss­lich der „Halb­zeit“ in die­ser Legis­la­tur­pe­ri­ode und damit der Ampel-Koali­ti­on noch­mal erheb­lich aus­ge­wei­tet. Neben Ver­an­stal­tun­gen, die ich besu­che oder orga­ni­sie­re und neben mei­nen regel­mä­ßi­gen tele­fo­ni­schen Sprech­stun­den für Bür­ge­rin­nen und Bür­ger war ich zusätz­lich auf Wochen­märk­ten und an Bahn­hö­fen unter­wegs. Dort bot ich Gesprä­che an und ver­teil­te mei­ne gedruck­te Bilanz. Mei­ne Prä­sen­zen waren zuvor ange­kün­digt wor­den.

Den Auf­takt mach­te ich auf dem Wochen­markt in Nür­tin­gen. Zufäl­li­ger­wei­se hat­te der grü­ne Orts­ver­band dort einen Info­stand auf­ge­baut, so dass ich nicht allei­ne mit mei­nen Fly­ern war. Ich schät­ze, dass ich etwa 20 meist sehr kur­ze Gesprä­che füh­ren konn­te. Meh­re­re Wochen­markt­be­su­che­rin­nen äußer­ten sich über unse­re Außen­mi­nis­te­rin Baer­bock, zwei posi­tiv und eine nega­tiv (es ging dabei um Äußer­lich­kei­ten). In einem Gespräch ging es um das „vol­le Pro­gramm“, von den „zu vie­len“ Flücht­lin­gen bis zu den „zu hohen“ Pen­sio­nen, aber den „zu nied­ri­gen“ Ren­ten. Man kön­ne des­we­gen nur noch Pro­test wäh­len, so die Frau. Ein­mal war die neue Flug­rou­te, von der Tei­le Nür­tin­gens betrof­fen sind, ein The­ma, an dem sich ein Mann gewal­tig stör­te. Wie auch frü­her schon und eben­so bei spä­te­ren loka­len Gesprächs­an­ge­bo­ten war wie­der auf­fal­lend, wie wenig Men­schen über­haupt Inter­es­se an Gesprä­chen haben. Manch­mal gab es aber auch etwas kurio­se Situa­tio­nen. So kri­ti­sier­te ein Mann, die Poli­tik lie­ße sich immer nur vor Wah­len bli­cken. Ich wies dar­auf hin, dass gera­de kei­ne Wahl bevor­steht und ich den­noch Gesprä­che anbie­te. Dies ließ er aber nicht gel­ten und wie­der­hol­te, die Poli­tik sei außer­halb von Wahl­kampf­zei­ten nie ansprech­bar.

Wei­ter ging es mit mei­ner früh­mor­gend­li­chen Prä­senz am nass­kal­ten, ver­eis­ten Bahn­hof in Kirch­heim unter Teck. Unter­stützt durch zwei Mit­glie­der des Orts­ver­ban­des sprach ich die war­ten­den Fahr­gäs­te an. Wie ich es aus unzäh­li­gen ver­gleich­ba­ren Situa­tio­nen bereits kann­te, zeig­te ein Groß­teil kein Inter­es­se (an Poli­tik). Es kamen aber den­noch vie­le, meist sehr kur­ze, Dia­lo­ge zustan­de. Manch­mal kamen meh­re­re Per­so­nen unter­ein­an­der ins Gespräch. The­ma war meist der öffent­li­che Nah­ver­kehr. So frag­te mich ein Rei­sen­der, ob ein Vier­tel­stun­den­takt der S‑Bahn nach Kirch­heim rea­lis­tisch sei. Ein ande­rer berich­te­te, seit es das Deutsch­land­ti­cket gebe, wür­de er den öffent­li­chen Nah­ver­kehr nut­zen. Über ver­pass­te Bus­an­schlüs­se beklag­te sich ein jun­ger, offen­bar sehr ÖV-affi­ner Mann aus Len­nin­gen, der in Stutt­gart sei­ne Berufs­aus­bil­dung absol­viert. Da ich die­se Kla­ge häu­fi­ger zu hören bekam, erkann­te ich in die­sem The­ma einen „Arbeits­auf­trag“ und wand­te mich nach die­ser „Sprech­stun­de am Bahn­steig“ an eines der Bus­un­ter­neh­men, um für die bes­se­re Sicher­stel­lung von Anschlüs­sen zu wer­ben. Einem ande­ren Gesprächs­part­ner ging es um die AfD und deren Rhe­to­rik, die er als unan­ge­mes­sen und zu scharf kri­ti­sier­te. Wirk­lich hart nega­ti­ve Reak­tio­nen erfuhr ich nicht. Dass aber die ein oder ande­re Per­son ihre oder sei­ne Anti­pa­thien nicht ver­ber­gen woll­te, indem bei­spiels­wei­se abwei­send, kopf­schüt­telnd und flu­chend schnell wei­ter­ge­lau­fen wur­de, blieb nicht aus.

Mei­nen (bis­lang) letz­ten Prä­senz­ter­min hat­te ich in Bern­hau­sen auf dem Wochen­markt. Dort hat­te ich, um die Auf­merk­sam­keit zu erhö­hen, ein Rol­lup mit Bild und Namen von mir auf­ge­baut. Um es gleich vor­weg­zu­neh­men: Die schlech­te Stim­mung, die sich in Umfra­gen und lei­der auch in Wahl­er­geb­nis­sen wider­spie­gelt, war kaum zu spü­ren. Ich hat­te vie­le wirk­lich gute Gesprä­che. Eine Markt­be­su­che­rin beklag­te sich über die FDP, die im Bund zu vie­le Vor­ha­ben blo­ckie­ren wür­de, wäh­rend sich die Grü­nen zu wenig durch­set­zen wür­den. Als Bei­spiel nann­te sie den Abbau öko­lo­gisch-schäd­li­cher Sub­ven­tio­nen. Eine ande­re teil­te mir sehr klar ihre Mei­nung mit: Ins­ge­samt sei­en wir Grü­nen schon okay, nicht aber unse­re Flücht­lings­po­li­tik. Die Flücht­lin­ge waren immer wie­der mal ein The­ma. Eine Frau mein­te, die­se bekä­men Woh­nun­gen zuge­teilt und finan­ziert, die viel zu teu­er sei­en. Eine ande­re nutz­te die Prä­senz von mir und der Unter­stüt­zung durch mei­nen Orts­ver­band, um über ihr Inter­es­se an einer Mit­glied­schaft zu spre­chen. So lief es aber nicht immer. Ein älte­res Paar wink­te bei­spiels­wei­se schon ab, als es eini­ge Meter von mir ent­fernt war und gab durch ein „nein dan­ke“ zu erken­nen, nichts von mir und mei­ner Par­tei zu hal­ten. Fast so etwas wie Mit­leid hat­te eine Frau mit vol­lem Ein­kauf­korb für mich übrig: „Ihren Job woll­te ich nicht machen, bei all den schwie­ri­gen Ent­schei­dun­gen.“ Leich­ter durchs Leben kommt man aber natür­lich mit einer ganz beson­de­ren Logik, die ich auch zu hören bekam: „Ich habe kei­ne Ahnung von Poli­tik, daher möch­te ich mich auch nicht infor­mie­ren.“

Die tele­fo­ni­schen Sprech­stun­den, in denen ich mir alle vier bis sechs Wochen eine hal­be Stun­de pro Per­son Zeit neh­me, sind übri­gens meist nicht voll­stän­dig aus­ge­bucht. Die The­men sind sehr „gemischt“. Bei mei­nem letz­ten Gesprächs­an­ge­bot ging es bei­spiels­wei­se um die grü­ne Russ­land­po­li­tik und die Angst einer Mut­ter vor der dro­hen­den Arbeits­lo­sig­keit ihres Soh­nes.

Halb­zeit im Bun­des­tag
Mein Ein­satz vor Ort & in Ber­lin