Sprinter so schnell wie die Lufthansa, aber auf Schienen?
Krise als Chance für Verkehrsverlagerung
Während die Flieger der Lufthansa Corona-bedingt am Boden bleiben, fährt die Deutsche Bahn (DB) zuverlässig, jedoch mit weit unterdurchschnittlicher Auslastung weiter. Beide Unternehmen fordern nun jeweils rund zehn Milliarden Euro Staatshilfen, um wieder auf die Beine zu kommen.
Viel Geld, um einfach nur weiterzumachen wie bisher. Der Bund, der beide Unternehmen retten soll, hat zudem Interesse daran, dass sie sich bei den Angeboten ergänzen und im Sinne des Klimaschutzes kooperieren. Vielleicht eine Chance, beide Systeme zusammen zu denken?
Wir Grünen fordern seit langem die Verlagerung von Flugverkehr auf die Schiene. Eine Rettung in Form von staatlichen Milliardenhilfen ohne Mitspracherecht kommt für uns nicht infrage. Ähnlich wie bei den Konditionen für die Air-France-Rettung, sollen die Staatshilfen für die Lufthansa und alle weiteren deutschen Fluggesellschaften an ökologische Bedingungen geknüpft sein.
Die Lufthansa muss ihren CO2-Ausstoß auf innerdeutschen Flügen demnach bis 2024 um 50 Prozent reduzieren. Hierfür muss zum einen das Angebot auf der Schiene stimmen, zum anderen braucht es Anreize für Reisende, die auf bestimmten Relationen im Kurzstreckenbereich bislang geflogen sind.
Berlin-München in gut drei Stunden
Unsere Idee: „Die Lufthansa auf Schienen“. Wie wäre es, wenn die Deutsche Bahn in Kooperation mit der Lufthansa künftig innerdeutsche Non-Stop-Verbindungen zwischen den großen Metropolen anbietet, die deutlich schneller sind als die heutigen ICE- und sogar noch flotter als die derzeitigen ICE-Sprinter-Verbindungen?
Die Strecke Berlin-München als die nachfragestärkste innerdeutsche Flugbeziehung (Quelle: Statista 03–2019/03–2020) hat besonders großes Potenzial und ist noch längst nicht voll ausgelastet. Felix Berschin von der Nahverkehrsberatung Südwest hat für uns errechnet, dass die Strecke in nur drei Stunden und 13 Minuten bewältigt werden kann, sobald alle Ausbaumaßnahmen abgeschlossen sind. Dies könnte 2030 der Fall sein.
Hierzu gehört 230 km/h auf der Strecke Berlin-Halle, die Fertigstellung der Ausbaustrecke (ABS) Bamberg-Erlangen und die Bahnhofsdurchfahrt in Nürnberg. Heute schon wäre eine Fahrzeit von etwa drei Stunden und 35 Minuten ohne Zwischenhalte und unter Nutzung des bestehenden Streckenpotenzials möglich.
Aktuell braucht der ICE-Sprinter vier Stunden mit drei Zwischenhalten (beziehungsweise vier mit Berlin-Südkreuz) und etwas Puffer für Verspätungen. Seit die Neubaustrecke (NBS) Halle-Erfurt-Nürnberg in weiten Teilen fertiggestellt ist, hat das Passagieraufkommen auf der Schiene deutlich zugenommen. Allerdings hat es in der Luft nicht abgenommen[1]. Es wurde also vermutlich Mehrverkehre generiert, die gewünschte Verlagerung fand bislang nicht statt.
Kunden könnten der Marke Lufthansa treu bleiben
Wie erreichen wir also die Kunden der Airlines, die oft mit der DB fremdeln? Eine Aufteilung „Lufthansa-Flieger auf mittleren und langen Distanzen, Lufthansa in Kooperation mit der Deutschen Bahn auf der Kurzstrecke mit bis zu vier Stunden Fahrzeit“ würde einen ruinösen Wettbewerb vermeiden und den Klimaschutz voranbringen. Denn die Kunden können bei Ihrer Marke, dem gewohnten Ticketing, dem Service oder den Lounges bleiben.
Der Bahnsektor profitiert insgesamt von einem neuen Service- und Geschwindigkeits-Niveau. Ein Anreiz für Airlines, ihre Verkehre tatsächlich auf die Schiene zu verlagern, könnte die Anrechenbarkeit von „Flügen auf Schienen“ auf ihre CO2-Bilanz sein.
Oft ist es der Föderalismus, der hierzulande schnelle Bahnverbindungen bremst. Bei Schnellzügen, auf dem neben dem DB- auch das Kranich-Logo prangt, dürfte es Landesherren vermutlich leichter vermittelbar sein, dass einzelne, den D‑Takt ergänzende Fernzüge in ihrer Landeshauptstadt nicht halten. Denn die Lufthansa-Flieger von Berlin nach München, die der DB-Lufthansa-Sprinter dann tatsächlich ersetzt, machen ja heute auch keine Zwischenlandung in Erfurt.
[1] https://munich-airport.de/_b/0000000000000008934700bb5e9eb9ac/statistischer-jahresbericht-2019-kompr.pdf
Kommentare zu “Sprinter so schnell wie die Lufthansa, aber auf Schienen?”
sehr geehrte hr. gastel,
so gut ihr vorschlag ist, dass die bahnverbindung von Berlin noch München auf 3:13 uhr optimiert werden soll, genauso achlecht finde ich, dass sie vor erfolgten ausbau bereits die bürger bzw. die lufthansa gängeln wollen. sorgen sie doch erstmal dafür, dass die bahnverbindung schnell auf die möglichen 3:13 uhr ausgebaut werden und dann werden sie sehen, dass auch die flüge weniger werden, da das bahnangebot von den bürgen auch genutzt wird. dazu bedarf es aber vielleicht auch noch einer reduzierung der trassengebühr für die bahn, eine reduzierung der stromsteuer für die bahn und vieles mehr.
… und es wäre auch noch sehr sinnvoll noch sehr viele andere bahnstrecken und auch viel schneller auszubauen. dazu gehören auch kurze standzeiten in den bahnhöfen (stuttgart21, frankfurt hbf planung für unterirdischen durchgangsbahnhof,…)
ihr parteifreunde und viele öko-verbände (BUND,…) haben eine Vielzahl von bahnprojekten teils verhindert oder zumindest erheblich verzögert und verteuert, was sicher auch nicht optimal war.
… und damals hat die rot-grüne regierung sogar den ausbau der bahnstrecke Berlin-München ausgesetzt.
Es gibt somit sehr viel zu optimieren!!!
ich finde es gut, wenn sie sich konstruktive in den bahnausbau in Deutschland einbringen!! …aber nicht destruktiv!! die bürger nutzen bei besseren/schnelleren bahnangeboten diese ganz und für die Fluggesellschaft wird’s dann auch unattraktiv. das dies so wird, ist viel arbeit, deahalb bleiben sie dran am thema!!!
.. dazu fällt mir dann auch noch u. a. die schnellverbinding aus dem rheinland nach berlin ein, die verbindung von Frankfurt über mannheim richtung Stuttgart ein,… wieso dauert der bahnausbau zwischen karlsruhe und baael so lange? den könnten sie auch mal beschleunigen. dort soll der ausbau noch bis 2030 oder länger dauern. wieso wird dass nicht beschleunigt, dass der ausbau in 3 bis 4 jahren feetig ist?
viel erfolg in ihrer arbeit, aber bitte mit dwm Ziel bessere bahnverbindungen zu schaffen und nicht einfach nur anderes zu verhinden.
mit freundlichen grüßen,
martin hirtz
Lieber Herr Hirtz, eine deutliche Verkürzung der Fahrzeit ist bereits ohne den Streckenausbau möglich. Das wird im Text ausgeführt. Es nicht darum, jemanden zu “gängeln”. Es geht einer seits darum, Klimaziele erreichen zu wollen. Dann kann es nicht weitergehen wie bisher. Andererseits müssen Bedingungen gestellt werden, wenn man eine Airline wie die Lufthansa rettet. Das machen die Franzosen auch, weshalb wir nicht?
Dass Grüne Bahnstrecken verhindern oder zumindest verzögern würden ist ein gängiges Vorurteil, meist aber nicht zu belegen. Tatsache ist, dass die Streckenführung der NBS München – Berlin strittig war und leider nicht verkehrlich, sondern politisch entschieden wurde. Das hatten wir zu Recht kritisiert. Die damalige Kritik gibt uns heute Recht: Viele Milliarden wurden für die neue Strecke investiert, die Fluggastzahlen auf dieser Relation sind aber weiter gestiegen oder zumindest nicht gesunken. Außerdem ließ sich noch kein einziger der in die Wirtschaftlichkeitsrechnung eingepreisten Güterzüge auf der Strecke blicken. Auf die Mängel der Planung muss man immer wieder hinweisen, um solch teure Fehler in der Zukunft zu vermeiden. Dennoch wollen wir jetzt das Beste daraus machen. Siehe unseren Vorschlag.
Hallo Matthias,
ich halte den Ansatz, für die LH-Klientel extra schnelle Züge ohne Zwischenhalt fahren zu lassen, für nicht glücklich.
Deren Fahrplanlagen würden gerade im Bereich der Knoten nur schwer konfliktfrei konstruierbar sein. Wollen wir dann dafür die Taktsysteme “opfern”?
Sollen diese Züge wirklich die versprochene Reisezeit einhalten, müssen sie zudem auch im Betrieb hoch priorisiert werden, zu Lasten der anderen Verkehrsarten.
Ich denke auch nicht, daß es nur auf den reinen Reisezeitvergleich ankommt. Mit einer höheren Taktdichte, Zuverlässigkeit und besserem Service sollten sich auch so Marktanteile hinzugewinnen lassen – zumal ja auch der Berliner Flughafen künftig weiter draußen liegt und die An- und Abfahrt länger dauern wird als in Tegel.
Vielleicht hat sich in einigen Jahren das gesellschaftliche Klima auch so gewandelt, daß man mit Mitteln der Ordnungspolitik dem innerdeutschen Flugverkehr beikommt – im Moment wird ja wohl offenbar eine große Chance vergeben, bei der LH entsprechend Einfluss zu nehmen.
Gruß, Sandro
Lieber Sando,
es gibt ausreichend freie Trassen, so dass keine Konflikte mit dem Taktverkehr zu befürchten sind. Wir sind übrigens schon länger der Auffassung und habe dies in der Diskussion um den Deutschlandtakt auch immer wieder vorgebracht, dass es neben dem Taktsystem (das bei der Trassenvergabe Vorrang genießen soll) auch schnelle Sprinterangebote zwischen den Metropolen geben soll, die nicht vertaktet sein müssen. Die Züge unseres aktuellen Vorschlages sollen selbstverständlich nicht ausschließlich der Lufthansa-Kundschaft zur Verfügung stehen, sondern auch “klassischen” Bahnkunden und Umsteigern vom Auto. Zentral für die Vermeidung von Kurzstreckenflügen ist ganz allgemein, dass Bahnfahrten auf unter vier Stunden gedrückt werden. Ab dieser Zeit gewinnt die Bahn gegenüber dem Flugzeug.
Beste Grüße