Streit um neue Flugroute auf den Fildern

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04.10.2021

Transparenz, Information, Beteiligung – dann entscheiden

In Tei­len von Nür­tin­gen, Wolf­schlu­gen und Aich­tal schla­gen die Wogen wegen der geplan­ten neu­en Flug­rou­te des Lan­des­flug­ha­fens Stutt­gart hoch. Denn dort  wären zusätz­li­che Belas­tun­gen zu erwar­ten. Nach­fol­gend mei­ne Sicht auf die Din­ge, wie ich sie auch kom­mu­ni­ziert habe.

Wich­tig ist mir, dass die­ses The­ma in einer trans­pa­ren­ten Vor­ge­hens­wei­se so bespro­chen und schließ­lich auch geklärt wird, dass die Aus­wir­kun­gen auf die Men­schen aller im Umkreis des Flug­ha­fens lie­gen­den Gemein­den im Blick behal­ten wer­den. Nach dem Aspekt der Luft­ver­kehrs­si­cher­heit sind der Kerosinverbrauch/Klimaschutz und die Lärm­aus­wir­kun­gen zu berück­sich­ti­gen. Die­se Aspek­te kön­nen manch­mal in Kon­kur­renz zuein­an­der ste­hen und eine Lösung lässt sich in unse­rem dicht besie­del­ten Raum womög­lich nicht ohne wei­te­res ein­ver­nehm­lich fin­den. Umso wich­ti­ger ist, dass das Ver­fah­ren für alle Betrof­fe­nen eben­so klar ist wie die Vor- und Nach­tei­le der jewei­li­gen Vari­an­ten. Ent­schie­den wer­den kann erst, wenn alle rele­van­ten Fra­gen geklärt sind.

Tech­ni­sche Ansät­ze zur Redu­zie­rung von Flug­lärm

Am Flug­ha­fen Stutt­gart wird schon seit lan­gem eine lärm­ab­hän­gi­ge Start- und Lan­de­ge­bühr erho­ben. Damit wird ein Anreiz gesetzt, ver­mehrt neue­re Flug­zeu­ge ein­zu­set­zen, die meist weni­ger Lärm erzeu­gen. Es ist immer wie­der zu prü­fen, ob die­ses Len­kungs­in­stru­ment gestärkt wer­den kann.

Flug­ver­keh­re ver­rin­gern

Der wich­tigs­te Ansatz, um sowohl Lärm als auch Treib­haus­gas­emis­sio­nen zu ver­rin­gern, ist die Redu­zie­rung des Flug­ver­kehrs. Hier sind wir alle gefor­dert, unser Ver­hal­ten immer wie­der kri­tisch zu hin­ter­fra­gen. Bei­spiel: Mit dem Trend zu Video- und Tele­fon­kon­fe­ren­zen las­sen sich so man­che Geschäfts­rei­sen ver­mei­den.

Ein wei­te­rer wich­ti­ger Ansatz ist der mas­si­ve Aus­bau der Bahn­an­ge­bo­te. Wir wol­len den Deutsch­land­takt mit mehr und schnel­le­ren Ver­bin­dun­gen umset­zen und die­sen durch mehr Sprin­ter- und Nacht­zug­an­ge­bo­te ergän­zen. Erfah­rungs­ge­mäß wird auf die Bahn umge­stie­gen, wenn die Rei­se­zei­ten auf unter vier Stun­den ver­rin­gert wer­den.

Der Umstei­ge­ef­fekt wird durch fis­ka­li­sche Anrei­ze ver­stärkt: Flug­ben­zin soll­te genau­so besteu­ert wer­den die das Ben­zin fürs Auto. Die Sen­kung der Tras­sen­prei­se für die Bahn eröff­nen Spiel­räu­me für Tarif­sen­kun­gen.

Flug­rou­ten: Vor­ge­hens­wei­se und Abwä­gun­gen – Kei­ne poli­ti­sche Ent­schei­dung

Antrag­stel­le­rin der neu­en Abflug­rou­te ist die Deut­sche Flug­si­che­rung, die im Auf­trag von Lufthansa/Eurowings geplant wur­de. Ziel der neu­en Rou­te sei es, die Anzahl der durch Flug­lärm stär­ker belas­te­ten Bürger*innen zu redu­zie­ren. Kon­kret geht es um eine Ände­rung der Abflug­rou­te aus­ge­hend von Betriebs­rich­tung 07 in Rich­tung Osten. Dort könn­ten eini­ge Starts, die bis­her über das Neckar­tal in Rich­tung Süden gehen, teil­wei­se über eine alter­na­ti­ve und kür­ze­re Flug­rou­te über den Sau­hag geführt wer­den. Dabei wür­de es sich um einen Flug pro Stun­de im Durch­schnitt han­deln, bezo­gen auf 365 Tage, bei 16 Stun­den Betriebs­zeit. Die übri­gen Starts wür­den bei der Betriebs­rich­tung 07 wei­ter­hin über die bis­he­ri­ge Flug­rou­te flie­gen. Durch die neue zusätz­li­che Abflug­mög­lich­keit könn­ten – nach Berech­nun­gen der Deut­schen Flug­si­che­rung (DFS) – bis zu 90.000 Men­schen vom Flug­lärm ent­las­tet wer­den. Gleich­zei­tig wer­den dadurch die Gemein­de Wolf­schlu­gen, die Teil­or­te Nür­tin­gen-Hardt und auch Nür­tin­gen-Obe­r­ensin­gen sowie Aich­tal mehr durch Flug­lärm belas­tet.

Nach Aus­sa­gen der Luft­han­sa wür­de die neue Rou­te nur an Flug­zeu­ge frei­ge­ge­ben, die den vor­ge­ge­be­nen gro­ßen Steig­gra­di­en­ten bewäl­ti­gen kön­nen. Dies ist beson­ders für schwe­re Flug­zeu­ge nicht der Fall. Es wird davon aus­ge­gan­gen, dass etwa nur ein Drit­tel aller bis­her die Abflug­rou­te in Rich­tung Osten nut­zen­den Luft­fahr­zeu­ge die­se alter­na­ti­ve Rou­te über den Sau­hag beflie­gen könn­ten.

Die Flug­lärm­kom­mis­si­on wird sich für eine Flug­rou­te aus­spre­chen (stimm­be­rech­tigt sind die Mit­glie­der), die dann durch das Bun­des­auf­sichts­amt für Flug­si­che­rung (BAF) geprüft und dem Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Ver­kehr und digi­ta­le Infra­struk­tur zur Geneh­mi­gung vor­ge­legt wird.

Zum Ver­fah­ren

Jede von der mög­li­chen neu­en Flug­rou­te betrof­fe­ne Gemein­de soll­te umfas­send über die wahr­schein­li­chen Aus­wir­kun­gen infor­miert wer­den. Hier­bei ist auf öffent­li­che Ver­an­stal­tungs­for­ma­te zu set­zen, um auch den Bür­ge­rin­nen und Bür­gern eine Teil­nah­me und die Mei­nungs­bil­dung zu ermög­li­chen. Wenn sich Kom­mu­nen wie Aich­tal unzu­rei­chend infor­miert füh­len und ein­ge­reich­te Fra­gen bis­her unbe­ant­wor­tet geblie­ben sind, so ist dies recht­zei­tig vor einer Ent­schei­dung nach­zu­ho­len. So man­che öffent­li­che Dis­kus­sio­nen legen nahe, dass die Kom­mu­ni­ka­ti­on und Betei­li­gung bis­her nicht aus­rei­chend statt­ge­fun­den hat.

Die Deut­sche Flug­si­che­rung (DFS) soll­te (sofern noch nicht gesche­hen) mit der Erstel­lung einer Lärm­kar­tie­rung beauf­tragt wer­den, in der dann auch die Stadt Aich­tal berück­sich­tigt wird, um die Aus­wir­kun­gen einer mög­li­chen neu­en Flug­rou­te bes­ser ein­schät­zen zu kön­nen.

Vor Abschluss die­ser Mei­nungs­bil­dungs­pro­zes­se soll­te kei­ne Ent­schei­dung über die zukünf­ti­gen Flug­rou­ten getrof­fen wer­den. Dies bedeu­tet, dass die Ent­schei­dung hier­über (der­zeit am 02. Novem­ber 2021 vor­ge­se­hen) ggf. erst zu einem spä­te­ren Zeit­punkt getrof­fen wer­den kann.

Für die Zukunft könn­te es rat­sam sein, dass die Stadt Aich­tal die Mit­glied­schaft in der Flug­lärm­kom­mis­si­on anstrebt. Dann ist sie auto­ma­tisch Teil der Infor­ma­ti­ons- und Emp­feh­lungs­pro­zes­se.

 

Abschlie­ßend wie­der­ho­le ich mei­ne Auf­fas­sung, dass nicht ein Teil des Flug­ha­fen-Umlan­des gegen einen ande­ren aus­ge­spielt wer­den darf. Alle Betrof­fen­hei­ten sind kon­kret offen zu legen, unge­klär­te Fra­gen zu beant­wor­ten und erst dann kann eine ver­ant­wort­li­che Ent­schei­dung getrof­fen wer­den.