Strukturreform bei Deutscher Bahn

Erle­digt sich der Tren­nungs-Streit?

Die Ampel hat in ihrem Koali­ti­ons­ver­trag ver­ein­bart, die Infra­struk­tur­spar­ten der Deut­schen Bahn zusam­men­zu­le­gen und am Gemein­wohl aus­zu­rich­ten. Die Reform wird seit Mona­ten ent­wi­ckelt. Wenn sie zum Jah­res­wech­sel in Kraft tritt, so han­delt es sich um die ers­te Reform beim bun­des­ei­ge­nen Bahn­kon­zern seit 30 Jah­ren – und um einen Erfolg des Drei-Par­tei­en-Bünd­nis­ses.

Der Koali­ti­ons­ver­trag ent­hält fol­gen­de Aus­sa­ge: „Wir wer­den die Deut­sche Bahn AG als inte­grier­ten Kon­zern inklu­si­ve des kon­zern­in­ter­nen Arbeits­mark­tes im öffent­li­chen Eigen­tum erhal­ten. Die inter­nen Struk­tu­ren wer­den wir effi­zi­en­ter und trans­pa­ren­ter gestal­ten. Die Infra­struk­tur­ein­hei­ten (DB Netz, DB Sta­ti­on und Ser­vice) der Deut­schen Bahn AG wer­den inner­halb des Kon­zerns zu einer neu­en, gemein­wohl­ori­en­tier­ten Infra­struk­tur­spar­te zusam­men­ge­legt. Die­se steht zu 100 Pro­zent im Eigen­tum der Deut­schen Bahn als Gesamt­kon­zern. Gewin­ne aus dem Betrieb der Infra­struk­tur ver­blei­ben zukünf­tig in der neu­en Infra­struk­tur­ein­heit. Die Eisen­bahn­ver­kehrs­un­ter­neh­men wer­den markt- und gewinn­ori­en­tiert im Wett­be­werb wei­ter­ge­führt.“

Die nach­fol­gen­den Bewer­tun­gen des Sach­stands der Reform und der damit ver­bun­de­nen Erwar­tun­gen ent­stam­men ver­schie­de­nen State­ments, die ich den letz­ten Tagen auf Pres­se­an­fra­gen for­mu­liert habe:

Eine gemein­wohl­ori­en­tier­te Infra­struk­tur­ge­sell­schaft unter dem Dach der Deut­schen Bahn AG (DB) kann ent­schei­den­de Ver­bes­se­run­gen bei der Sanie­rung und dem Aus­bau des Schie­nen­net­zes ermög­li­chen. Zusam­men­ge­legt wer­den soll­ten neben der DB Netz AG und der DB Sta­ti­on & Ser­vice AG (in Pla­nung, sie­he Koali­ti­ons­ver­trag) zudem auch die Infra­struk­tur­tei­le der DB Ener­gie GmbH. Die Arbeit die­ser drei Unter­neh­men ent­schei­det wesent­lich über den Zustand und die Aus­bau­per­spek­ti­ven des Net­zes. Wenn wir sie unter dem Dach der DB zusam­men­le­gen, kön­nen wir auf­wen­di­ge Dop­pel- und Drei­fach­struk­tu­ren beim Infra­struk­tur­ma­nage­ment ver­mei­den. Zudem und vor allem ist es dann mög­lich, bei der unum­gäng­li­chen Aus­wei­tung der Bau­tä­tig­kei­ten alle Arbei­ten end­lich deut­lich bes­ser zu koor­di­nie­ren. Damit es nicht mehr dazu kommt, dass erst DB Netz eine Stre­cke für Gleis­bau­ar­bei­ten sperrt und danach Sta­tio­nen & Ser­vice auf ein und dem­sel­ben Abschnitt wie­der sperrt, dann eben für Bahn­steig­aus­bau­ten. So etwas müs­sen wir mit der Zusam­men­le­gung die­ser Unter­neh­men über­win­den, indem Bau­maß­nah­men bes­ser auf­ein­an­der und unter­ein­an­der abge­stimmt wer­den. Wir brau­chen mehr Sanie­rung und Aus­bau mit weni­ger Beein­träch­ti­gun­gen des Bahn­ver­kehrs. Die neue Struk­tur ermög­licht zudem den Ver­bleib aller womög­lich anfal­len­den Gewin­ne aus Nut­ze­r­ent­gel­te in der Infra­struk­tur­ge­sell­schaft, womit gegen­über dem bis­her kom­pli­zier­ten Mit­tel­fluss mehr Trans­pa­renz ent­steht. Wich­tig sind poli­ti­sche Ziel­set­zun­gen für den Bei­trag der DB-Infra­struk­tur für einen pünkt­li­chen, deut­lich wach­sen­den Bahn­ver­kehr. Für die Kon­trol­le der effi­zi­en­ten und erfolg­rei­chen Mit­tel­ver­wen­dung braucht es aus­sa­ge­kräf­ti­ge Kenn­zif­fern für die Qua­li­tät und Kapa­zi­tät des Net­zes sowie für die Pünkt­lich­keit. Somit ent­ste­hen wirk­sa­me Kon­troll- und Steue­rungs­mög­lich­kei­ten, die umso wich­ti­ger sind, je mehr Geld der Bund für den unab­ding­ba­ren Net­zer­halt und ‑aus­bau bereit­stellt.

Der Erfolg unse­rer Reform ent­schei­det dar­über, ob die Debat­ten über eine strik­te Tren­nung zwi­schen Netz und Betrieb end­gül­tig vom Tisch sind oder ob sie spä­tes­tens in der nächs­ten Legis­la­tur­pe­ri­ode rich­tig an Fahrt auf­neh­men. Denn wenn es abseh­bar nicht zu dem einen, funk­tio­nie­ren­den Infra­struk­tur­un­ter­neh­men für Netz, Sta­tio­nen und Ener­gie mit schlan­ken Struk­tu­ren unter dem Dach der DB kommt, dann ist es nicht unwahr­schein­lich, dass sich nach der Bun­des­tags­wahl die­je­ni­gen durch­set­zen, die durch eine Her­aus­lö­sung aus dem Bun­des­un­ter­neh­men ganz ande­re Struk­tu­ren wol­len. Die par­la­men­ta­ri­sche Mehr­heit, die hier­für bereit sein könn­te, ist inzwi­schen gege­ben. Zuletzt hat­te sich auch die Uni­ons­frak­ti­on für eine Her­aus­lö­sung der Infra­struk­tur aus dem DB-Kon­zern aus­ge­spro­chen. Des­halb rate ich allen, die eine Infra­GO-Reform, die ihren Namen ver­dient, aus­brem­sen und auf ein inef­fi­zi­en­tes Mini­mum ver­klei­nern wol­len, dass sie sich die mög­li­chen Fol­gen einer sol­chen Stra­te­gie vor Augen hal­ten. Das, was manch­mal als „Zer­schla­gung“ bezeich­net wird, ver­hin­dert man am bes­ten durch eine kon­se­quen­te Reform unter dem Dach der Deut­schen Bahn.

Die jetzt geplan­te neue Struk­tur der Deut­schen Bahn ist eine Eini­gung aus dem Koali­ti­ons­ver­trag, der so von allen drei Par­tei­en mit­ge­tra­gen wird. Die­se Reform lässt sich ohne all­zu gro­ße Wider­stän­de und bin­nen einer Legis­la­tur­pe­ri­ode umset­zen. Durch die Zusam­men­le­gung wer­den wesent­li­che Syn­er­gie­ef­fek­te ver­bes­sert. Ent­schei­dend für eine gute Infra­struk­tur ist zum einen die Finan­zie­rung – hier stellt die Ampel vie­le Mil­li­ar­den Euro zusätz­lich bereit – und das Agie­ren auf Augen­hö­he zwi­schen Minis­te­ri­um und Deut­scher Bahn. Das zeigt der Blick ins Aus­land: Bahn­sys­te­me mit getrenn­tem Netz und Betrieb oder auch inte­grier­te Kon­zer­ne funk­tio­nie­ren, sofern die­se bei­den Vor­aus­set­zun­gen gege­ben sind. Soll­te mit der jet­zi­gen Reform zu kurz gesprun­gen wer­den, kommt die Tren­nungs­fra­ge in der nächs­ten Legis­la­tur­pe­ri­ode wie­der auf die Tages­ord­nung. Wir machen uns als Grü­ne sehr für eine weit­rei­chen­de, kon­se­quen­te Reform stark.