Presseerklärung 02.02.2016
Zum sechsten Jahrestag des symbolischen Baubeginns des Bahnprojekts Stuttgart 21 erklärt Matthias Gastel, Mitglied des Bundestags-Verkehrsausschusses und bahnpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen:
„Auch sechs Jahre nach dem symbolischen Baubeginn bleibt das Prestigeprojekt Stuttgart 21 eine extrem teure und risikobehaftete Großbaustelle. Es handelt sich um ein von der Bundesebene politisch erzwungenes Projekt, für das die Deutsche Bahn AG (DB) als Bauträger die enormen finanziellen Risiken zu tragen hat.
Der Bau des Tiefbahnhofs und der Zulaufstrecken bergen erhebliche finanzielle Risiken sowie verkehrliche Unzulänglichkeiten. Die verkehrlichen Nachteile von Stuttgart 21 werden immer deutlicher: Wie bisher geplant würde Stuttgart 21 zu massiven betrieblichen Einschränkungen führen und Wachstumspotentiale für den Verkehrsträger Schiene massiv einschränken. Die baden-württembergische Landeshauptstadt droht einen Hauptbahnhof zu erhalten, der weitgehend auf den schnellen Ein- und Ausstieg von Fahrgästen beschränkt ist. Für das Warten eines Zuges auf Fahrgäste anderer Züge reichen die vorgesehenen Kapazitäten von acht (bisher 16) Gleisen häufig nicht aus. Ein integraler Taktfahrplan mit optimalen Umsteigemöglichkeiten, wie ihn inzwischen auch die Bundesregierung anstrebt, ist mit den bisherigen Stuttgart 21-Planungen nicht vereinbar.
Daher müssen Erweiterungsoptionen für die Schienenwege in Stuttgart geprüft werden. Dies gilt für den Hauptbahnhof selber wie für die Zulaufstrecke bei Zuffenhausen/Feuerbach sowie die eingleisige Wendlinger Kurve, für die eine Studie der Bundesregierung eine zweigleisige Ausführung empfohlen hat. Entwickelt werden sollte außerdem ein Nutzungskonzept für die Gäubahnstrecke zwischen Stuttgart-Vaihingen und Feuerbach, um weitere Stadtgebiete an die Schiene anzubinden und den Hauptbahnhof zu entlasten. Der Erhalt dieser Strecke und der Bahnbetrieb darauf war eine Forderung des Schlichterspruchs von Heiner Geißler, die erst genommen werden sollte. Als weitere Option für attraktive Verbindungen und zur Entlastung des Hauptbahnhofs bietet sich die Stärkung der Schusterbahn zwischen Stuttgart-Untertürkheim und Kornwestheim an.
Viele Rahmenbedingungen für den Schienenverkehr haben sich geändert: Das Thema Deutschlandtakt, für das mehr Trassen- und Stationskapazitäten benötigt werden, ist in Fahrt gekommen. Zugleich hat der DB-Konzern eine Fernverkehrsstrategie entwickelt und will bundesweit mehr Züge aufs Gleis setzen. Und dann kommt noch die Stuttgarter Feinstaubbelastung hinzu, die ein Umdenken in der Verkehrspolitik erzwingt. Ein „weiter so“ mit Stuttgart 21 kann und darf es daher nicht geben. Wer mehr Verkehr über die Schiene abwickeln möchte, muss jetzt umsteuern und alles dafür unternehmen, dass Engpässe im Hauptbahnhof und im Netz vermieden werden.“