Stuttgart 21: Rosensteintunnel und Mittnachstraße

Bild rechts: Hier wer­den die Züge aus Rich­tung Cannstatt kom­mend im Tun­nel ver­schwin­den.

Beide Baustellen besichtigt

Mit mei­nen Teams aus Ber­lin und Fil­der­stadt sowie inter­es­sier­ten Mit­glie­dern der „Lan­des­ar­beits­ge­mein­schaft Mobi­li­tät“ der Grü­nen Baden-Würt­tem­berg habe ich eini­ge Bau­stel­len von „Stutt­gart 21“ besich­tigt.

Der Rosen­stein­tun­nel ver­bin­det zukünf­tig Bad Cannstatt mit der neu­en S‑Bahn-Sta­ti­on „Mitt­nacht­stra­ße“ nörd­lich des Haupt­bahn­hofs. Von Cannstatt aus betrach­tet fah­ren die S‑Bahnen zunächst über die neue Neckar­brü­cke mit ihren ins­ge­samt vier Glei­sen (je zwei davon für die S‑Bahn und den Regio­nal-/Fern­ver­kehr), um in den 1,2 Kilo­me­ter lan­gen Rosen­stein­tun­nel ein­zu­mün­den. Die­ser führt erst ein Stück gera­de­aus nach Wes­ten, um dann nach Süden abzu­bie­gen und in Trog­la­ge in den neu­en S‑Bahnhof zu mün­den.

Theo­re­tisch hät­te der Bestands­tun­nel wei­ter genutzt wer­den kön­nen. Doch damit wäre die tren­nen­de Wir­kung der Gleis­an­la­gen nicht auf­ge­ho­ben wor­den. Anfangs par­al­lel zum Tun­nel, der aus­schließ­lich der S‑Bahn die­nen soll, wird der „Tun­nel Bad Cannstatt“ gebaut. Die­ser dient dem Regio­nal- und Fern­ver­kehr und unter­quert den Rosen­stein­tun­nel, um dann in einem grö­ße­ren Bogen von Wes­ten kom­mend in den Haupt­bahn­hof (Tief­bahn­hof) zu mün­den. Zurück zum Rosen­stein­tun­nel: Vor der Sta­ti­on Mitt­nacht­stra­ße schwenkt der S‑Bahn-Strang aus Feu­er­bach auf die Tras­se ein.

Brü­cke über den Neckar. Im Bild­hin­ter­grund liegt Bad Cannstatt.

Der Rosen­stein­tun­nel und der Bahn­hof Mitt­nacht­stra­ße sol­len im Jahr 2025 eini­ge Mona­te vor der dem neu­en Haupt­bahn­hof in Betrieb gehen. Der Tun­nel Bad Cannstatt kann dage­gen vor­aus­sicht­lich erst nach Inbe­trieb­nah­me des Haupt­bahn­hofs in Betrieb genom­men wer­den. Im Rah­men unse­rer Bau­stel­len­be­ge­hung konn­ten wir sehen, dass die Bau­ar­bei­ten in bei­den Tun­neln weit fort­ge­schrit­ten sind. Im Rosen­stein­tun­nel sind bereits die Glei­se und Ober­lei­tun­gen ver­legt. Die S‑Bahnen sol­len hier spä­ter mit einer Geschwin­dig­keit von 80 Stun­den­ki­lo­me­ter auf dem mit Schot­ter aus­ge­leg­ten Gleis­bett fah­ren. Im Gegen­satz dazu wird im Tun­nel Bad Cannstatt mit bis zu 160 km/h gefah­ren. Auch hier lie­gen bereits die Glei­se, die in soge­nann­ter fes­ter Fahr­bahn, also einem Gleis­bett aus Beton, aus­ge­führt wur­den.

Die S‑Bahn bleibt zwi­schen Cannstatt und Haupt­bahn­hof wei­ter­hin auf eige­nen Glei­sen unab­hän­gig vom Regio­nal- und Fern­ver­kehr. Fahr­gäs­te, die aus dem Nor­den kom­mend bis­her am Haupt­bahn­hof umstei­gen müs­sen, um nach Cannstatt wei­ter­zu­fah­ren, wird der Umstieg bereits in der Sta­ti­on Mitt­nacht­stra­ße mög­lich sein. Dies erspart eini­ge Minu­ten. Außer­dem erhält die Stutt­gar­ter S‑Bahn-Stamm­stre­cke eine zusätz­li­che Sta­ti­on, an der alle S‑Bahn-Lini­en hal­ten. Somit wer­den sich die Umstie­ge ins­ge­samt bes­ser ver­tei­len und gera­de die beson­ders belas­te­te Sta­ti­on am Haupt­bahn­hof wird ent­las­tet. Für alle Rei­sen­den, die nicht an der Mitt­nacht­stra­ße aus- oder umstei­gen, ver­län­gern sich durch den zusätz­li­chen Halt die Fahr­zei­ten um rund zwei Minu­ten. Für die Fahr­gäs­te der Lini­en S2 und S3 wer­den sich die Fahr­zei­ten sogar um vor­aus­sicht­lich fünf Minu­ten ver­län­gern. Grund dafür sind ver­län­ger­te Stand­zei­ten, die not­wen­dig sind, um freie Fahr­la­gen auf der Rems- und Murr­bahn zu errei­chen. Die­se Stand­zei­ten kön­nen als zusätz­li­che Puf­fer­zei­ten ver­wen­det wer­den. Die Sta­ti­on Mitt­nacht­stra­ße bie­tet außer­dem den Vor­teil, dass Wohn­ge­bie­te im Stutt­gar­ter Nor­den und des zukünf­ti­gen Rosen­stein­quar­tiers, das auf den Flä­chen des jet­zi­gen Abstell­bahn­hofs ent­ste­hen soll, an die S‑Bahn ange­schlos­sen wer­den. Ein Umstieg zur Stadt­bahn ist zwar nicht direkt an der S‑Bahn-Sta­ti­on mög­lich, aber fuß­läu­fig erreich­bar. Die Tun­nel­bau­wer­ke las­sen, ein Vor­teil und momen­tan in der Dis­kus­si­on, die nach­träg­li­che Ergän­zung durch die P‑Option und die T‑Spange offen, indem soge­nann­te Bau­vor­leis­tun­gen geschaf­fen wur­den.

Exkurs (von DB über­nom­men)

  • Mit der P‑Option wird der zukünf­tig am stärks­ten belas­te­te Zulauf gestärkt, indem ein 3. und 4. Gleis aus Rich­tung Feuerbach/Zuffenhausen in den Tun­nel Bad Cannstatt – dem zukünf­tig am wenigs­ten belas­te­ten Zulauf – ein­ge­fä­delt wird. In die­sem Zusam­men­hang wür­de die im Rah­men von Stutt­gart 21 nicht mehr benö­tig­te Fern­bahn-Röh­re des Prag­tun­nels reak­ti­viert und aus­ge­baut.
  • Mit der T‑Spange wird eine direk­te S‑Bahn-Quer­ver­bin­dung zwi­schen Bad Cannstatt und Feu­er­bach geschaf­fen. Die neue Stre­cke fädelt zwi­schen Prag­tun­nel und Nord­bahn­hof aus der S‑Bahn-Bestands­stre­cke aus, unter­fährt den süd­li­chen Rand des Rosen­stein­parks und fädelt vor der neu­en Eisen­bahn­brü­cke über den Neckar in die neue, vom Bahn­hof Mitt­nacht­stra­ße kom­men­de, S‑Bahn-Stre­cke ein. Am Nord­bahn­hof ist dazu ein neu­er unter­ir­di­scher Bahn­steig vor­ge­se­hen.
  • Die Opti­on Nord­kreuz baut auf der T‑Spange auf und schafft mit der Gäu­bahn eine zwei­te Nord-Süd-Ach­se im Stutt­gar­ter S‑Bahn-Netz. Meh­re­re Hal­te­stel­len an der Gäu­bahn erschlie­ßen nicht nur die öst­li­chen Stutt­gar­ter Stadt­tei­le, son­dern stel­len auch viel­fäl­ti­ge Ver­knüp­fun­gen zu Bus und Stadt­bahn her. Die Gäu­bahn wird dabei sowohl an die bestehen­de S‑Bahn-Stre­cke Rich­tung Feu­er­bach als auch Rich­tung Bad Cannstatt ange­schlos­sen. Die Opti­on geht auf eine Mach­bar­keits­stu­die des Ver­bands Regi­on Stutt­gart von 1999 zurück.

Die Sta­ti­on Mitt­nacht­stra­ße

Vor- und Nach­tei­le für die Fahr­gäs­te wur­den bereits oben aus­ge­führt. Hier noch eini­ge pla­ne­ri­sche Details: Im Trog fin­det ein 208 Meter lan­ger Mit­tel­bahn­steig mit einer Brei­te von 10 Metern Platz. Vom Nor­den her kön­nen die Fahr­gäs­te über eine Trep­pe, zwei Roll­trep­pen und einen Auf­zug auf den Bahn­steig gelan­gen. Von Süden her wer­den eine Trep­pe und eine Roll­trep­pe auf den Bahn­steig füh­ren. Optio­nal war ein­mal ein Auf­zug vor­ge­se­hen. Dafür ist jedoch kei­ne Vor­keh­rung zu erken­nen. Ins­ge­samt ist fest­zu­stel­len, dass der Bahn­hof sehr schlicht gehal­ten wur­de. Oder wie es Teil­neh­men­de mei­nes Lokal­ter­mins fest­ge­stellt haben: Es wird ohne Gestal­tungs­an­spruch gebaut. Das lan­ge und brei­te Bahn­steig­dach wur­de lei­der ohne Pho­to­vol­ta­ik gebaut.[1] Ein frü­her mal ange­dach­tes Kehr­gleis wird nicht rea­li­siert. Ein sol­ches hät­te wen­den­de Züge ermög­licht (bspw. für den Fall, dass der Hauptbahnhof/tief gesperrt ist). Statt des Wen­de­glei­ses wur­den zumin­dest Gleis­ver­bin­dun­gen zwi­schen den zwei S‑Bahn-Glei­sen im Rosen­stein­tun­nel geschaf­fen. Damit kön­nen zwar S‑Bahn-Züge im Bahn­hof Mitt­nacht­stra­ße wen­den, da dafür aber lan­ge das Gegen­gleis befah­ren wer­den muss, benö­tigt dies viel Kapa­zi­tät und es wird nicht mög­lich sein, im Stö­rungs­fall alle Züge bis zur Mitt­nacht­stra­ße durch­zu­bin­den. Abhil­fe kann hier die mög­li­che Erwei­te­rung „Nord­kreuz“ schaf­fen (sie­he oben), da dann bei einer Stö­rung auf der Stamm­stre­cke sämt­li­che Züge über die heu­tig Gäu­bahn geführt wer­den kön­nen.

Die Tun­nel- und Bahn­hofs­an­la­ge unter dem Flug­ha­fen hat enor­me Aus­ma­ße. Hier wird noch mit schwe­rem Gerät gebaut, da der Tun­nel­durch­stich noch aus­steht.

Als drit­te Bau­stel­le haben wir übri­gens noch den im Bau befind­li­chen Bahn­hof am Flug­ha­fen besich­tigt. Hier wird noch mit schwe­rem Gerät gebaut. Zu sehen waren auch die ange­deu­te­ten Abzwei­ge von/zum Pfaf­fen­steig­tun­nel, über den ein­mal die Züge der Gäu­bahn fah­ren sol­len.

[1] PV hät­te womög­lich wegen der halb­tie­fen Lage, je nach spä­ter vor­ge­se­he­ner Umge­bungs­be­bau­ung, nicht viel Sinn gemacht.