Thementag „Zukunft der Binnenschifffahrt“

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Hafen

10.12.2015

 „Unsere Konkurrenz ist nicht der andere Hafen, sondern die Straße“

Die Bin­nen­schiff­fahrt hat am Trans­port­auf­kom­men der Land­ver­kehrs­trä­ger in Deutsch­land nur einen Anteil von sta­bi­len 5,5 Pro­zent. Und doch ist sie neben der Bahn eine der Alter­na­ti­ven zum LKW-Ver­kehr auf der Stra­ße. In Sachen Ener­gie­ef­fi­zi­enz spielt sie in etwa in der glei­chen Liga wie der Schie­nen­gü­ter­ver­kehr. In Punk­to Lärm schnei­det sie bes­ser ab. Grund genug, im Rah­men eines The­men­ta­ges nähe­re Infor­ma­tio­nen zur Bin­nen­schiff­fahrt zu sam­meln.

Der Tag begann im Plochin­ger Neckar­ha­fen. Das Beson­de­re am Neckar gleich vor­weg: Er ver­fügt über die unge­wöhn­lich hohe Anzahl von 27 Schleu­sen. Dies bringt Vor- und Nach­tei­le. Vor­teil: Der Fluss ist auch bei Nied­rig­was­ser unein­ge­schränkt befahr­bar, da immer aus­rei­chend Was­ser auf­ge­staut wer­den kann. Nach­teil: Die Schleu­sen sind über­wie­gend alt, häu­fig maro­de und eine voll­stän­di­ge Sanie­rung scheint in wei­ter Fer­ne. Und die Schleu­sen sind zu kurz für die andern­orts inzwi­schen übli­chen 135-Meter-Schif­fe. In Plochin­gen wer­den über­wie­gend Schrott (Anteil 30 Pro­zent) und Dün­ge­mit­tel (17 Pro­zent) umge­schla­gen. Wobei Umschlag, das habe ich heu­te gelernt, nicht zwin­gend immer etwas mit dem Schiff zu tun haben muss. Es gibt auch den Umschlag zwi­schen Zug und LKW. Das gilt für alle Häfen. Der Plochin­ger Hafen ist der kleins­te am Neckar und wird von jähr­lich 600 bis 700 Schif­fen ange­fah­ren. Die für Plochin­gen span­nen­de Fra­ge lau­tet: Wird der Bund, der für die Bun­des­was­ser­stra­ßen ver­ant­wort­lich ist, die Sanie­rung und Ver­län­ge­rung der Schleu­sen mit aus­rei­chend hoher Prio­ri­tät in den Bun­des­ver­kehrs­we­ge­plan, der der­zeit erstellt wird, auf­neh­men? Der Hafen­di­rek­tor hegt denn auch den Wunsch: „Hof­fent­lich hal­ten die Schleu­sen so lan­ge durch.“

Wei­ter ging es zum Hafen Heil­bronn. Knapp die Hälf­te der Güter, die auf dem Neckar umge­schla­gen wer­den, wer­den hier umge­schla­gen. Das sind was­ser­sei­tig etwa drei Mil­lio­nen Ton­nen pro Jahr. Ganz vor­ne liegt Salz, gefolgt von Koh­le. Damit ist Heil­bronn nach der Umschlag­men­ge aktu­ell der zwölft­größ­te Bin­nen­ha­fen in Deutsch­land. Der Hafen gehört der Stadt. Neben den Schleu­sen gibt es wei­te­ren Sanie­rungs­be­darf: Die Schräg­ufer soll­ten durch senk­rech­te Spund­wän­de ersetzt wer­den. Dann kön­nen die Schif­fe dich­ter anle­gen und beim Ver­la­den geht nichts ver­lo­ren. Außer­dem kön­nen – falls die Schleu­sen ver­län­gert wer­den – nur dann die 135-Meter-Schif­fe anle­gen. In Heil­bronn hör­te ich die glei­che Ein­schät­zung zur Ver­län­ge­rung der Schleu­sen wie zuvor schon in Plochin­gen: Wür­den die Schleu­sen nur bis Heil­bronn ver­län­gert wer­den, wie es in der Dis­kus­si­on ist, wür­de dar­un­ter auch der Hafen in Heil­bronn lei­den. Denn die Fahrt in den Neckar wäre für vie­le Bin­nen­schif­fer nicht mehr wirt­schaft­lich, da die Aus­las­tung durch Weg­fall von Gütern aus den ande­ren Häfen sin­ken wür­de.

Der Hafen in Karls­ru­he ist der zweit­größ­te in Baden-Würt­tem­berg nach dem in Mann­heim. Die Lang­fris­tent­wick­lung geht nach oben. Wegen der Spe­zia­li­sie­rung der Häfen ste­hen die­se nach Ein­schät­zung der Geschäfts­füh­re­rin nur bedingt im Wett­be­werb zuein­an­der. In Karls­ru­he lie­gen Mine­ral­öl­er­zeug­nis­se mit einem Anteil von geschätzt 40 Pro­zent weit vor­ne. Das wird die­sem Hafen so schnell auch kei­ner abspens­tig machen. Denn eine wich­ti­ge Roh­öl­pipe­line endet dort und wird ergänzt durch eine Raf­fi­ne­rie. Neu für mich war, dass an allen Lie­ge­plät­zen Land­stro­m­an­schlüs­se vor­han­den sind. Weil der Strom kos­ten­los zur Ver­fü­gung gestellt wird, wer­den die Die­sel­mo­to­ren der lie­gen­den Schif­fe aus­ge­schal­tet. Für die Umwelt ist dies ein ein­deu­ti­ger Vor­teil.

Was neh­me ich von heu­te mit? Ers­tens: Die Häfen soll­ten bes­ser „Tri­mo­da­le Ver­la­de­ein­rich­tun­gen“ hei­ßen, da nur ein Teil der umge­schla­ge­nen Ware einen Bezug zum Schiff auf­weist. Zwei­tens: Die Häfen mit ihren Bin­nen­schif­fen ste­hen auf­grund ihrer Spe­zia­li­sie­rung kaum im Wett­be­werb zuein­an­der, son­dern viel­mehr in Kon­kur­renz zur Stra­ße. Und letz­te­re hat die Nase deut­lich vor­ne. Er hat einen Anteil von über 80 Pro­zent.