Thementage: „Schiene, Binnenschiff und Lastenrad – Mehr Güter auf alternative Transportmittel”
Diesmal habe ich meine Vor-Ort-Termine auf mehrere Tage verteilen müssen, um diese alle unterzubringen. Es ging vom Schienengüterverkehr über die Binnenschifffahrt bis hin zum Einsatz des Lastenrades.
Erste Station bei Velocarrier in Stuttgart: Der Logistikdienstleister liefert die Waren seiner gewerblichen und privaten Kunden im gesamten Stadtgebiet mit Lastenrädern aus. Neben der Zentrale in Stuttgart-West gibt es Depots für den Warenumschlag in Degerloch, Cannstatt und Zuffenhausen. 12 Lastenräder stehen momentan zur Verfügung. Kunden sind Blumenhändler, Modegeschäfte, Elektrofachgeschäfte und weitere Firmen. Der Lebensmittelmarkt ist wegen der durchgehend zu gewährleistenden Kühlkette schwieriger zu bedienen. Bei Bosch in Feuerbach wird die Werkslogistik mit Lastenrädern unterstützt. Für längere Strecken, die aus dem Stadtgebiet hinaus führen, wird mit der DPD kooperiert. Standorte von Velocarrier gibt es auch u. a. in Tübingen und Esslingen. Weitere sind bundesweit geplant. Das Unternehmen ist seit 20 Jahren am Markt, wenngleich ursprünglich mit Lkw und vermutlich noch unter anderem Namen. Mitte 2014 stieg es auf Lastenräder um. Als Probleme schildert der Geschäftsführer neben einzelnen Mängeln in der Radverkehrs-Infrastruktur die Beschränkung der Leistung von E‑Bikes auf 250 Watt.
Der Rangierbahnhof in Mannheim gehört der DB Netze AG und ist mit seiner Fläche von 200 Hektar der zweitgrößte in Europa. 3.000 bis 4.000 Wagen werden pro Tag abgefertigt. Mit einer Förderanlage, die mein Gesprächspartner für dringend erforderlich hält, ließe sich die Menge auf 6.000 Wagen steigern. In Mannheim werden Züge für längere Strecken gebildet. Fünf bis sechs Züge mit entsprechender Wagenzahl fahren nach Italien, eine ähnliche Anzahl nach Frankreich. Der Großteil der rund 100 Züge, die jeweils eingehen bzw. ausgehen, hat jedoch sein Ziel innerhalb von Deutschland. Geplant sind Umbauten wie die Verlängerung von Gleisen und die Erneuerung von Weichen. Die umgeschlagenen Mengen sind über die Jahre hinweg betrachtet relativ stabil. Ich konnte mir, gemeinsam mit meinem Landtags-Kollegen Raufelder, die Verwaltung, das Gleisfeld und das Stellwerk anschauen. Wir erhielten dabei sehr genaue Einblicke in die Arbeitsweise eines Rangierbahnhofs, insbesondere auch die Zugbildung.
Europaweit an zweiter Stelle steht nicht nur der Rangierbahnhof, sondern auch der Binnenhafen in Mannheim. Auf seinem Gelände befinden sich 500 Unternehmen mit insgesamt 20.00 Arbeitsplätzen. Im Hafen, der auf mehrere Standorte verteilt ist, dessen Großteil sich aber im Mündungsbereich zwischen Neckar und Rhein befindet, werden pro Jahr acht Millionen Tonnen Fracht, darunter 120.000 Container, umgeschlagen. Knapp 8.000 Schiffe laufen ein und aus. Umgeschlagen werden am häufigsten feste mineralische Brennstoffe (30 Prozent), Nahrungs- und Futtermittel (20 Prozent) und Fahrzeuge sowie Maschinen (10 Prozent). Der Hafen verfügt aus Umweltschutzgründen über eine LNG-Tankstelle (Flüssigerdgas) und fünf Landstromtankstellen, an denen vor allem Kreuzfahrtschiffe anlegen. Der Trend, so erklärte uns der Hafendirektor während der Rundfahrt durch den Hafen, gehe zu 135-Meter-Schiffen. Kleinere Schiffe würden allmählich gänzlich verschwinden. Er hält daher eine Verlängerung aller Schleusen entlang des Neckars auf diese Länge für notwendig.
Knapp 200 Güterverladestellen will die Deutsche Bahn entweder schließen oder nicht mehr anfahren. Auf der Streichliste stand auch die Güterverladestelle in Ottenhöfen. Gemeinsam mit meinem Landtagskollegen Marwein habe ich die Firma Wilhelm Bohnert GmbH & Co. KG im Ortenaukreis besucht. Sie betreibt einen großen Steinbruch und bricht dort Gleisschotter für die Deutsche Bahn und weitere Infrastrukturunternehmen wie die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB). Es wäre schon höchst peinlich, wenn ausgerechnet der Gleisschotter per Lkw angeliefert werden müsste. Nach den öffentlichen Protesten, die auch wir Grünen unterstützt hatten, kam just am Tag unseres Vor-Ort-Termins die positive Nachricht: Die Deutsche Bahn hat sich verpflichtet, die Verladestelle auch zukünftig anzudienen. Bohnert hat sich dafür bereit erklärt, eine Mindestmenge an Fracht zu garantieren. Dann wird rund ein Viertel des insgesamt am Steinbruch abgebauten Materials auf der Schiene abtransportiert, perspektivisch noch mehr. So muss es laufen!
Die Thementage schlossen in Offenburg mit einem Gespräch über den Ausbau der Rheintalbahn, insbesondere den Bau des sieben Kilometer langen Offenburger Güterzugtunnel. Mein Landtags-Kollege Marwein und ich trafen uns dort mit Vertretern der Deutschen Bahn, der Oberbürgermeisterin und dem Baubürgermeister. Die DB stellte uns die begleitenden Gremien vor und erläuterte detailliert die Zeitplanung, die sich bis zum Jahr 2035, dem geplanten Jahr der Fertigstellung, erstreckt. Momentan läuft die europaweite Ausschreibung für den Generalplaner. Auch die Autobahnparallele, das 3. und 4. Gleis, das sich südlich an den Tunnel anschließen wird, soll im Jahr 2035 in Betrieb gehen. Wir Grünen hoffen auf eine frühzeitigere Fertigstellung, da die Kapazitäten für den Güterverkehr, aber auch für Verbesserungen im Personenverkehr, dringend benötigt werden.