15.10.2015
Wie leistungsfähig ist das deutsche Schienennetz? Wo liegen die Flaschenhälse, die ein Wachstum des Personen- und Güterverkehrs auf der Schiene bremsen? Der definierte Begriff der „überlasteten Schienenwege“ gibt dafür wesentliche Hinweise.
„Überlastete Schienenwege“ sind solche, auf denen der angemeldete Personen- oder Güterverkehr aus Kapazitätsgründen nicht abgewickelt werden kann. Der Infrastrukturbetreiber, in der Regel die DB Netz AG, muss solche Konflikte der Bundesnetzagentur melden. Eine Kleine Anfrage der Grünen im Bundestag hat an den Tag gebracht, dass seit dem Jahr 2007 insgesamt 14 Strecken/Knoten als überlastet erklärt wurden:
- 3 Strecken im Dreieck Gemünden – Würzburg – Fürth Bamberg (im Jahr 2007)
- eine Teilstrecke zwischen Fulda und Frankfurt (im Jahr 2008)
- zwei Teilstrecken zwischen Offenburg und Weil am Rhein (im Jahr 2008)
- zwischen Niebüll und Westerland (Sylt) (im Jahr 2010)
- der Hamburger Hauptbahnhof (im Jahr 2010)
- eine Teilstrecke zwischen Hamburg und Hannover (im Jahr 2011)
- der Bahnhof Berlin-Spandau (im Jahr 2011)
- eine Teilstrecke zwischen Hannover und Minden (im Jahr 2012)
- die Berliner Stadtbahn (im Jahr 2013)
- im Ruhrgebiet das Dreieck Köln-Duisburg-Essen-Bochum-Dortmund (im Jahr 2014)
- zwischen Mannheim und Frankfurt (Main) (im Jahr 2015)
Die als überlastet erklärten Schienenwege sind also über das gesamte deutsche Schienennetz verteilt. Obwohl von der DB Netz AG, wie es eine Verordnung des Bundes vorschreibt, regelmäßig sowohl betriebliche als auch infrastrukturelle Maßnahmen vorgeschlagen hat, wurden von der DB Netz AG fast ausschließlich betriebliche Maßnahmen umgesetzt. Auf Flaschenhälse in der Infrastruktur wurde also nicht etwa mit deren Behebung reagiert, sondern beispielsweise mit Beschränkungen der Halte im Personenverkehr oder dem Verweis auf Alternativrouten. Keiner der seit 2007 als überlastet erklärten Strecken konnte seitdem entweder durch die Umsetzung von betrieblichen oder infrastrukturellen Maßnahmen wieder von der Liste der überlasteten Strecken gestrichen werden. Es kam also zu keinen Verbesserungen bei der Netzkapazität. Unter der unzureichenden Kapazität leidet die Betriebsqualität. So kann beispielsweise kein Abbau von Verspätungen erfolgen. Anstatt die Infrastrukturengpässe zu beheben, kommen Jahr für Jahr neue Überlastungen im Netz dazu, ohne dass die DB Netz AG etwas für eine nachhaltige Entlastung unternimmt.
Dazu mein Kommentar:
„Die als überlastet geltenden Schienenwege ziehen sich einmal über das gesamte deutsche Schienennetz. Seit 2007 sind Jahr für Jahr neue Überlastungen hinzugekommen ohne dass der Bund oder die DB Netz AG nachhaltig etwas zu deren Entlastung getan hat. Kurzfristige betriebliche Maßnahmen wie die Einschränkung des Güterverkehrs oder die Beschränkung der Halte im Nahverkehr sind nicht hinnehmbar und werden das Problem auf Dauer nicht lösen. Ein Beitrag zur Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene wird so sicher nicht geleistet. Hier zeigt sich ein weiteres Mal, dass die Bundesregierung es in der Vergangenheit versäumt hat an den richtigen Stellen zu investieren. Aber Deutschland braucht dringend ein leistungsfähiges Schienennetz, um den prognostizierten Verkehr auch wirklich aufnehmen zu können. Der neue Bundesverkehrswegeplan steht vor der Tür. Packen Sie es an, Herr Dobrindt!“