Überraschend schwierige Bahn-Finanzierung – Schlechter Netzzustand

Die Ampel ist bahn­po­li­tisch gut gestar­tet. Wir haben mit dem Geneh­mi­gungs­be­schleu­ni­gungs­ge­setz alle Schie­nen­pro­jek­te zum über­ra­gen­den öffent­li­chen Inter­es­se erklärt und wei­te­re Schie­nen­pro­jek­te in den Bedarfs­plan auf­ge­nom­men. Wir haben einen ers­ten Schritt für die ers­te Struk­tur­re­form bei der Deut­schen Bahn seit 30 Jah­ren umge­setzt. Wir haben im Haus­halt 2023 die Mit­tel für Inves­ti­tio­nen ins Schie­nen­netz erhöht und mit der Erhö­hung der Lkw-Maut eine gute Grund­la­ge geschaf­fen, um die Inves­ti­tio­nen wei­ter zu erhö­hen und auf hohem Niveau sta­bil zu hal­ten.

Doch nun das: Es muss im Gesamt­haus­halt und damit auch im Ver­kehrs­etat gekürzt wer­den. Wäh­rend die Stra­ße unge­scho­ren davon kommt, muss die Schie­ne blu­ten. Der erfor­der­li­che wei­te­re Mit­tel­auf­wuchs für die Infra­struk­tur fällt erst­mal weit­ge­hend aus. Ins­be­son­de­re der Güter­ver­kehr auf der Schie­ne wird star­ken Tras­sen­preis­er­hö­hun­gen aus­ge­setzt. Auch eine Unter­stüt­zung von Logis­tik­un­ter­neh­men beim schritt­wei­sen Umstieg auf Last­wa­gen mit alter­na­ti­ven Antrie­ben ist nicht mehr abseh­bar. So woll­ten es die Minis­ter für Finan­zen und Ver­kehr. Das ist Ver­kehrs­po­li­tik ohne Weit­blick: Züge wer­den nicht zuver­läs­si­ger, es wird kein zusätz­li­ches Ange­bot auf der Schie­ne geben, die Lkw fah­ren wei­ter mit Die­sel, der durch den CO2-Preis immer teu­rer wird. Weder Kli­ma, Gesell­schaft noch Wirt­schaft ver­tra­gen die­sen Kurs.

So kann es nicht wei­ter­ge­hen. Die Finan­zie­rung der Schie­ne muss neu auf­ge­stellt wer­den. Finanz- und Ver­kehrs­mi­nis­te­ri­um kön­nen die ver­kehrs­po­li­ti­schen Zie­le nicht durch Spa­ren an fal­scher Stel­le, son­dern nur durch geziel­tes Inves­tie­ren errei­chen. Der Spar­kurs bei der maro­den Infra­struk­tur sowie beim Neu- und Aus­bau der Schie­ne ist Gift für die Wirt­schaft und den Stand­ort Deutsch­land. Inves­ti­tio­nen wer­den sich ren­tie­ren: Bes­se­re Löh­ne, eine gut lau­fen­de Wirt­schaft und ein funk­tio­nie­ren­der Kli­ma­schutz wer­den die staat­li­chen Inves­ti­tio­nen wie­der ein­spie­len.

Der par­la­men­ta­ri­sche Beauf­trag­te der Bun­des­re­gie­rung Micha­el Theu­rer hat zuletzt ange­kün­digt, er wol­le das öster­rei­chi­sche Finan­zie­rungs­mo­dell für die Schie­ne ein­füh­ren. Ich neh­me ihn beim Wort, denn das wür­de Mehr­in­ves­ti­tio­nen in die Schie­ne, gera­de beim Neu- und Aus­bau bedeu­ten. Das Modell Öster­reich, das Herr Theu­rer vor­schlägt, ermög­licht ver­läss­li­che Inves­ti­tio­nen für die Zukunft.

Zum Haus­halt 2024

Im Bereich Schie­ne erge­ben sich star­ke Ver­än­de­run­gen gegen­über dem ursprüng­li­chen Haus­halts­ent­wurf. Hier ver­glei­che ich jedoch 2023 mit dem zwei­ten Haus­halts­plan­ent­wurf für 2024 (noch nicht beschlos­sen). Die im ers­ten Haus­halts­plan­ent­wurf vor­ge­se­he­nen Beträ­ge las­se ich hier außen vor. Posi­tiv ist das erheb­li­che Anwach­sen der Mit­tel nach der Leis­tungs- und Finan­zie­rungs­ver­ein­ba­rung (LuFV). Die­se Gel­der wer­den für Ersatz­maß­nah­men (Ersatz von Alt gegen Neu) ein­ge­setzt. Es soll einen Auf­wuchs von 4,7 auf 7,4 Mil­li­ar­den Euro geben. Der Eigen­ka­pi­tal­zu­schuss an die Deut­sche Bahn wächst von 1,1 auf 5,5 Mil­li­ar­den Euro an. Die­se Mit­tel wer­den eben­falls in die Infra­struk­tur inves­tiert, sowohl ins Bestand­netz als auch in die Digi­ta­li­sie­rung. Pro­blem dabei: Die­se Zuschüs­se kön­nen sich erhö­hend auf die Tras­sen­prei­se aus­wir­ken. Hier kommt dazu, dass die Tras­sen­preis­för­de­rung, um die Anstie­ge abzu­fe­dern, gesenkt wer­den soll. Beim Aus- und Neu­bau gibt es eine Mit­tel­kür­zung: Hier ist ein Minus von 2,0 auf 1,7 Mil­li­ar­den Euro vor­ge­se­hen. Die Deut­sche Bahn sieht aber einen Bedarf von 2,3 Mil­li­ar­den Euro, um die Auf­trä­ge des Bun­des erfül­len zu kön­nen. Hier ist dar­auf hin­zu­wei­sen, dass in den Vor­jah­ren (auch in 2023) die Mit­tel sei­tens DB nicht ver­baut wer­den konn­ten und sich rund 600 Mil­lio­nen Euro an „Rest­mit­teln“ ange­sam­melt haben, die wei­ter­hin zur Ver­fü­gung ste­hen. Mehr als in 2023, aber erheb­lich weni­ger als ursprüng­lich für 2024 vor­ge­se­hen, soll für die Digi­ta­li­sie­rung der Schie­ne bereit­ge­stellt wer­den. Schmerz­haft ist der Ein­schnitt auch bei den Bahn­hö­fen.

Ins­ge­samt ist zu sagen: Für 2024 wer­den die Ände­run­gen im Haus­halt eine über­schau­ba­re Aus­wir­kung haben. Viel pro­ble­ma­ti­scher ist die Ver­un­si­che­rung bezüg­lich der kom­men­den Jah­re. Wird es end­lich gelin­gen, auf einen ver­läss­li­chen Pfad der Mit­tel­er­hö­hun­gen für eine bes­se­re, leis­tungs­fä­hi­ge­re Infra­struk­tur zu gelan­gen? Es ist wich­tig, dass die Deut­sche Bahn ihre Pla­nungs- und die Bau­wirt­schaft ihre Bau­ka­pa­zi­tä­ten an abseh­bar ver­füg­ba­ren Finan­zie­rungs­mit­teln aus­rich­ten kön­nen.

Zum Netz­zu­stand

Der jüngst ver­öf­fent­lich­te Netz­zu­stands­be­richt für 2022 zeigt auf, wie es um die Schie­nen-Infra­struk­tur steht und wie hoch die Finan­zie­rungs­be­dar­fe sind. Die Gesamt­no­te hat sich auf einer Ska­la von eins bis fünf gegen­über dem Vor­jahr leicht auf 3,01 ver­schlech­tert. In beson­ders kri­ti­schem Zustand sind vor allem vie­le Stell­wer­ke und Bahn­über­gän­ge. Der drin­gen­de Sanie­rungs­be­darf wird auf 90,3 Mil­li­ar­den Euro berech­net. Am höchs­ten sind die Finan­zie­rungs­be­dar­fe für Brü­cken (27,6 Mil­li­ar­den Euro) und Stell­wer­ke (26,2 Mil­li­ar­den Euro). Zu den Stell­wer­ken ist hin­zu­zu­fü­gen, dass die Umstel­lung auf elek­tro­ni­sche oder digi­ta­le Stell­werks­tech­nik auch des­halb eilt, weil der Per­so­nal­man­gel immer gra­vie­ren­der wird. Moder­ne Stell­wer­ke erfor­dern erheb­lich weni­ger Per­so­nal.

Das Abbau­en der Infra­struk­tur­ver­säum­nis­se kann nicht in einem Jahr funk­tio­nie­ren. Hier braucht es einen mehr­jäh­ri­gen Plan, der auch finan­zi­ell abge­si­chert ist. Gera­de an der aus­rei­chen­den Finan­zie­rung, ohne den Neu- und Aus­bau völ­lig zu ver­nach­läs­si­gen, fehlt es bis­her noch.

Noch ein wenig Hin­ter­grund zum Netz­zu­stands­be­richt: Die­ser bewer­tet alle Anla­gen in der Infra­struk­tur anhand ver­schie­de­ner Kri­te­ri­en. Die­se Kri­te­ri­en wer­den zusam­men­ge­rech­net zu einer Note. Ab der Note 4 muss die Anla­ge abseh­bar ersetzt wer­den. Die­se Metho­dik wird auch in der Schweiz, Öster­reich und Nor­we­gen ange­wandt.