Unfallbilanz: Ziele definieren, Maßnahmen angehen!
Das Statistische Bundesamt hat die Unfallzahlen für das Jahr 2014 vorgelegt. Demnach starben im vergangenen Jahr bei Verkehrsunfällen in Deutschland 396 Menschen, die auf dem Fahrrad unterwegs waren. Darunter waren 39 Benutzer von Pedelecs. Weiterhin wurden bei Verkehrsunfällen 77.900 Fahrradfahrer verletzt. Damit waren 12% der bei Verkehrsunfällen Getöteten und 20% der Verletzten als Radfahrer unterwegs. 58% der getöteten Fahrradbenutzer starben bei Unfällen innerhalb geschlossener Ortschaften, 42% außerorts. Von den 396 getöteten Fahrradbenutzern waren 71% männlich und 29% weiblich. Über die Hälfte (57%) der getöteten Radfahrer waren mindestens 65 Jahre alt. Soweit die Zahlen des vergangenen Jahres.
Hier einige Aspekte zur Einordnung dieser Zahlen:
- Insgesamt stieg die Zahl der Verkehrstoten im Vergleich zum Vorjahr um 1%, im Radverkehr aber um 12%. Ein Teil davon dürfte sich durch die allgemeine Zunahme des Radverkehrs erklären lassen. Auf keinen Fall darf dies dazu führen, dass man sich an steigende Zahlen von Unfalltoten im Radverkehr gewöhnt. Der Radverkehr muss sicherer werden!
- Nur 42% der Radfahrer verschuldeten „ihren“ Unfall selbst. Dies macht deutlich, dass für eine Verkehrssicherheitsstrategie der gesamte Verkehrsraum mit allen Verkehrsarten betrachtet werden muss.
- Pedelecs und E‑Bikes fallen mit einem Anteil von zehn Prozent in der Unfallstatistik nicht besonders auf. Dies hatten bereits zuvor auch Gutachten festgestellt.
Verkehrstote – ein verdrängtes Problem
Weltweit sterben jährlich 1,4 Millionen Menschen im Straßenverkehr – mehr als durch Krieg und Terror. In Deutschland ist die Zahl der Unfalltoten in den letzten Jahrzehnten deutlich gesunken. Sie ist aber mit 3.377 im Jahr 2014 noch immer inakzeptabel hoch. Und es wird kaum darüber geredet. Stattdessen wird dieser Umstand weitgehend einfach so hingenommen. Wirksame Maßnahmen – allen voran Absenkungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeiten – werden als Eingriffe in die persönliche Freiheit vielfach abgelehnt. Man stelle sich vor: Jemand möchte eine neue, Komfort und andere Annehmlichkeiten versprechende Technologie einführen. Er preist diese an, muss dann aber einräumen, dass die Nebenwirkungen dieser Technologie Jahr für Jahr einige Tausend Menschen das Leben kosten würde. Ich vermute, dass diejenigen, die den hohen Preis nicht in Kauf zu nehmen bereit sind, schnell die Oberhand gewinnen. Im Straßenverkehr ist es anders. Man hat sich längst an die vielen Opfer – Tote wie schwer Verwundete mit bleibenden Schäden – gewöhnt. Wir Grünen gehören zu denen, die sich daran nicht gewöhnen wollen und können. Wir verfolgen die „Vision Zero“, die Vision einer Mobilitätskultur, die keine Toten kennt. In Schweden hat das Parlament bereits vor Jahren beschlossen, diese Vision zu verfolgen. Und das Land im Norden setzt diese Vision Schritt für Schritt um. Grundlage sind wissenschaftliche Erkenntnisse, die aus der intensiven Auswertung eines jeden schweren Unfalles gewonnen werden. Zwei Maßnahmen, die in Deutschland, wenn sie gefordert werden, immer wieder Empörungen auslösen, sind strikt überwachte Tempolimits und die Bekämpfung von Alkohol im Straßenverkehr. Es geht aber auch darum, den Verkehrsraum so zu gestalten, dass es zu möglichst wenigen Unfällen kommt. Die Statistik gibt den Schweden Recht: Auf 100.000 EinwohnerInnen verunglücken 2,8 Menschen pro Jahr tödlich. In Deutschland liegt dieser Wert bei über vier Toten.
Endlich handeln – Vor allem zum Schutz der Radfahrenden
Wir sind uns sicher: Mehr Radverkehr und dennoch weniger verunglückende Radfahrende ist möglich! Dazu fordern wir kurzfristig folgende zwei Maßnahmen:
1. Den Kommunen soll das Recht eingeräumt werden, innerhalb von bebauten Ortschaften autonom über die Ausweisung von Tempo 30 entscheiden zu dürfen. Bislang stoßen sie damit häufig auf Granit, wenn es sich um Landes- oder Bundesstraßen handelt. Die Schwere von Unfallfolgen steigt aber bei Geschwindigkeiten jenseits der 30 Stundenkilometer dramatisch an!
2. Dem Radverkehr muss im Verkehrsraum mehr und sichererer Platz eingeräumt werden – und zwar ohne, dass es zu Konflikten mit Fußgängerinnen und Fußgängern kommt. Auf stark befahrenen Straßen braucht es ausreichend breite, hindernisfreie Spuren für den Radverkehr. Kopenhagen macht dies vor.
Ein Indiz für attraktive und vor allem sichere Radwege und Radverkehrsverbindungen stellen übrigens radelnde Kinder und ältere Menschen dar. Ich wünsche mir viele Kinder sowie Seniorinnen und Senioren, die in den Städten wie auch in ländlich geprägte Räumen gerne und mit dem Gefühl, sicher unterwegs zu sein, mit ihren Fahrrädern die Straßen bevölkern.