Urbane Seilbahnen: Ein Drahtseilakt?

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Seilbahn Koblenz3

30.05.2016, aktua­li­siert am 10.06.2016

Mit Seilbahnen die städtische Mobilität verbessern

Sie fris­ten ein Mau­er­blüm­chen­da­sein in den Köp­fen der Ver­kehrs­pla­ner und noch viel mehr in der Mobi­li­täts­wirk­lich­keit der Städ­te: Seil­bah­nen. Das haben sie nicht ver­dient.

Für die stö­rungs­freie Abwick­lung ober­ir­di­scher Ver­keh­re – sei es der moto­ri­sier­te Indi­vi­du­al­ver­kehr oder sei­en es Stra­ßen­bah­nen – fehlt in den Städ­ten viel­fach der Platz. Die Ver­keh­re unter die Erde zu ver­la­gern ist mit enorm lan­gen Pla­nungs­zei­ten und hohen Bau­kos­ten, noch dazu hohen Unter­hal­tungs­kos­ten, ver­bun­den. Daher ist es selt­sam, dass Seil­bah­nen gegen­über vie­le Vor­ur­tei­le gepflegt wer­den und sie sich erst zöger­lich durch­set­zen. Aber ganz lang­sam sind sie auch jen­seits tou­ris­ti­scher Zwe­cke im Kom­men: New York, Port­land, La Paz, Bogo­ta, Lon­don und – mit einer Mischung aus tou­ris­ti­schen Zwe­cken und der Erschlie­ßung von abge­le­ge­nen Wohn­ge­bie­ten – Koblenz. Auch Lud­wigs­burg, Kon­stanz, Rott­weil, Zürich, Bonn und Wup­per­tal dis­ku­tie­ren über Seil­bah­nen auch als Teil des öffent­li­chen Nah­ver­kehrs. Die Vor­tei­le lie­gen auf der Hand:

  • Der Platz­be­darf beschränkt sich auf die weni­gen Sta­tio­nen und die Stüt­zen.
  • Der Betrieb ist nahe­zu geräusch­los und sehr ener­gie­ef­fi­zi­ent; die Rück­spei­sung von Strom auf der Tal­fahrt ist mög­lich.
  • Die Stör­an­fäl­lig­keit ist gering und die Sicher­heit für die Fahr­gäs­te hoch.
  • Bar­rie­re­frei­heit pro­blem­los mög­lich; auch die Mit­nah­me von Fahr­rä­dern.
  • Da Seil­bah­nen kon­ti­nu­ier­lich fah­ren, sind kei­ne Fahr­plä­ne erfor­der­lich.
  • Seil­bah­nen über­win­den pro­blem­los Hin­der­nis­se wie Höhen­un­ter­schie­de, Flüs­se oder stark befah­re­ne Ver­kehrs­ach­sen.
  • Die ein­zel­nen Sta­tio­nen wer­den auf dem direk­ten Weg mit­ein­an­der ver­bun­den, was kon­kur­renz­los attrak­ti­ve Fahrt­zei­ten ermög­licht.
  • Pro Stun­de und Rich­tung kön­nen bis zu 10.000 Per­so­nen beför­dert wer­den.
  • Seil­bah­nen las­sen sich meist inner­halb weni­ger Mona­te errich­ten.

Das letz­te Argu­ment muss jedoch gleich wie­der ein­ge­schränkt wer­den. Die Debat­ten in den Orten, in denen Seil­bah­nen zur Dis­kus­si­on ste­hen, zei­gen, dass Grund­stücks­ei­gen­tum und Ver­let­zun­gen des Eigen­tums­rechts in Euro­pa einen hohen Stel­len­wert haben, wie ein Ver­tre­ter des schwei­zer Seil­bahn­bau­ers Dop­pel­mayr im Inter­view erklär­te („Der Nah­ver­kehr“, Mai 2016).

Um Städ­te vom mas­sen­haf­ten moto­ri­sier­ten Indi­vi­du­al­ver­kehr zu ent­las­ten, der die Mobi­li­tät der Men­schen behin­dert und deren Lebens­qua­li­tät beein­träch­tigt, braucht es Ideen wie Seil­bah­nen. Sie kön­nen die vor­han­de­nen Ange­bo­te an Bus­sen und Bah­nen oder auch den erfreu­li­cher­wei­se fast über­all zuneh­men­den Rad­ver­kehr sinn­voll ergän­zen.

Das Karls­ru­her Insti­tut für Tech­no­lo­gie (KIT) ist kürz­lich in ein For­schungs­pro­jekt ein­ge­stie­gen. Es wird die Pla­nun­gen rea­li­sier­ter wie ver­wor­fe­ner Pro­jek­te ana­ly­sie­ren, um die Zusam­men­hän­ge bes­ser zu ver­ste­hen und die Her­aus­for­de­run­gen beschrei­ben zu kön­nen.