„Brauchen wir eine Verkehrswende?“
So lautete der Titel einer Podiumsdiskussion der „Allianz pro Schiene“, zu der zunächst die „Jamaika“-Parteien und nach dem Abbruch der Sondierungsgespräche alle Bundestagsfraktionen eingeladen waren.
Hätte Jamaika die Verkehrswende gebracht? Das lässt sich schwer beurteilen, da zum Zeitpunkt des Abbruchs der Gespräche noch zu viele Aspekte strittig geblieben oder noch überhaupt nicht angesprochen waren. Aber: Für die Bahn hätte das Bündnis ziemlich sicher viel erreichen können. So war beispielsweise die Verdoppelung der Mittel nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) im Protokoll festgehalten worden. Diese Gelder werden von den Aufgabenträgern des öffentlichen Nahverkehrs dringend für den Ausbau der Schienenwege benötigt. Festgehalten war auch ein Investitionsschwerpunkt für die Bundesschienenwege. Konkret benannt waren die Beseitigung von Engpässen, Elektrifizierungen und der Lärmschutz an der Schiene. Besonders wichtig: Auch beim Deutschlandtakt bestand Einigkeit, ebenso beim „Mobilpass“, mit dem wir Grüne im Wahlkampf geworben hatten. Mit dem Mobilpass sollen die digitalen Chancen genutzt werden, um die Suche, das Buchen und Bezahlen verschiedener Verkehrsmittel – vom Bus über die Bahn bis hin zu Carsharing und Leihfahrrad – mit einer App möglich zu machen. Neben deutlichen Verbesserungen im Bereich der Bahn waren sich die Parteien einig, alternative Antriebe für Straßenfahrzeuge und konkret die Umstellung von Bussen und Flotten besser zu fördern. Für eine wirkliche Verkehrswende hätte es jedoch auch noch eine Einigung für den Ausstieg aus dem fossilen Verbrennungsmotor und den Abbau von ökologisch schädlichen Subventionen wie die Begünstigung von Diesel gebraucht. Bei diesen Themen war keine Aussicht auf eine Einigung erkennbar.
Auf dem Podium waren sich Union, FDP und Grüne einig, dass „Jamaika“ nicht an der Verkehrspolitik gescheitert ist und sich für einige wichtige Punkte eine Einigung hat herstellen lassen.
Es wurden jedoch – bei den Sondierungsgesprächen wie auf dem Podium – auch gravierende Unterschiede sichtbar. Dies wurde bereits in der Diskussion um den Begriff der „Verkehrswende“ seitens CDU und FDP deutlich. „Wende“ würde bedeuten, dass zuvor alles falsch gelaufen sei und man es nun anders machen müsste. Noch dazu sei der Begriff ideologisch gefärbt.
Ich konnte für mich und uns Grüne auf dem Podium klar machen, dass es eine Verkehrswende, bestehend aus zwei Säulen, braucht: Nämlich aus der Energiewende im Verkehr („Antriebswende“) und der (ungleich schwierigeren) Mobilitätswende, die am Verhalten der Menschen ansetzt und bewusstere Entscheidungen für das für den jeweiligen Weg geeignete Verkehrsmittel voraussetzt. Dazu gehört der massive Ausbau von Bus- und Bahnangeboten und der Radverkehrsinfrastruktur. Die Alternativen zum Auto sollen so attraktiv sein, dass die gefühlte wie die tatsächliche Abhängigkeit vom Auto deutlich geringer ist als gegenwärtig. Dies gilt im Grundsatz auch für ländliche Regionen, wobei hier das Auto noch länger eine wichtige Rolle spielen wird.
Bevor man sich jedoch zu lange am Begriff der Verkehrswende aufhält, sollte man besser an konkreten Maßnahmen entlang diskutieren. Und auch hier wurde deutlich, wo Übereinstimmungen und wo Differenzen bestehen.
Zwar wollen alle die Schiene stärken und sind bereit, dafür auch mehr Geld in die Hand zu nehmen. Aber Union und FDP setzen doch noch immer stark auf das Auto und auch den Straßenbau. Es soll also mehr von allem sein. Interessant ist auch, dass immer dann, wenn es um die Bahn geht, die Frage nach der Finanzierbarkeit aufgeworfen wird. Bei den Straßen hingegen sind Zweifel an der Finanzierbarkeit deutlich seltener zu vernehmen.
Fazit: Mit „Jamaika“ wären aus heutiger Sicht einige sehr wichtige Schritte für die Stärkung der Bahn und vielleicht auch für die Antriebswende möglich gewesen. Für eine wirkliche Verkehrswende hätten die Gemeinsamkeiten aller Voraussicht nach nicht ausgereicht.