Verlorene Jahre für eine nachhaltige Mobilität

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16.06.2017

Kaum etwas geht vor­an mit der Ver­kehrs­po­li­tik der gro­ßen Koali­ti­on. Vor allem die Bahn­po­li­tik wur­de aufs Abstell­gleis gestellt.

Fata­le ver­kehrs­po­li­ti­sche Bilanz der Gro­Ko

Die ablau­fen­de Legis­la­tur­pe­ri­ode war für die Ver­kehrs­po­li­tik eine ver­lo­re­ne Legis­la­tur­pe­ri­ode. Der eigent­lich zustän­di­ge Minis­ter Alex­an­der Dob­rindt hat sich für die meis­ten The­men sei­nes Res­sorts nicht inter­es­siert. Anstatt die Wei­chen auf nach­hal­ti­ge und bezahl­ba­re Mobi­li­tät zu stel­len, war das Bun­des­ver­kehrs­mi­nis­te­ri­um drei Jah­re lang durch die unsin­ni­ge Aus­län­der­maut lahm gelegt. Bahn und ÖPNV wur­den als Rest­ver­keh­re behan­delt und star­ke Trends wie das Car­sha­ring und der Rad-Boom ver­nach­läs­sigt. Die Ver­kehrs­etats sind haupt­säch­lich in den moto­ri­sier­ten Stra­ßen­ver­kehr geflos­sen. Bei der För­de­rung der Elek­tro­mo­bi­li­tät hat sich die Bun­des­re­gie­rung ein­sei­tig auf E‑Autos beschränkt, not­wen­di­gen Elek­tri­fi­zie­run­gen von Schie­nen­stre­cken hat sie kei­nen Stel­len­wert bei­gemes­sen.

Der Ver­kehrs­an­teil des Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs ist im Jahr 2016 auf nur noch 17,5 Pro­zent gefal­len, wäh­rend der Ver­kehrs­an­teil des Lkw wei­ter auf inzwi­schen 71,5 Pro­zent ange­wach­sen ist. Hier­für gibt es ver­schie­de­ne Ursa­chen, wie zum Bei­spiel die zurück­ge­bau­te Infra­struk­tur für den kom­bi­nier­ten Ver­kehr und pri­va­te Gleis­an­schlüs­se, die feh­len­den Inno­va­tio­nen im Schie­nen­gü­ter­ver­kehr oder auch ver­schie­de­ne regu­la­to­ri­sche Benach­tei­li­gun­gen der Schie­ne gegen­über der Stra­ße. Unter Dob­rindt sind die Maut­sät­ze für LKW abge­senkt wor­den, wäh­rend die Tras­sen­prei­se für die Bahn ange­stie­gen sind.

Der Bun­des­ver­kehrs­we­ge­plan, das zen­tra­le Pla­nungs­in­stru­ment für die Ver­kehrs­we­ge der nächs­ten 15 bis 20 Jah­re, ver­folgt kei­ner­lei umwelt­po­li­ti­sche Zie­le. Viel­mehr wird ein­sei­tig dem Stau auf der Stra­ße hin­ter­her gebaut. Die Schie­ne ist gegen­über der Stra­ße benach­tei­ligt. Wäh­rend bei der Stra­ße die Kenn­zeich­nung als Bun­des­stra­ße aus­reicht, um Orts­um­fah­run­gen ohne über­re­gio­na­le Bedeu­tung in den Bedarfs­plan zu rücken, erklärt sich der Bund für die Bun­des­schie­nen­we­ge ohne höhe­ren Fern­ver­kehrs­an­teil schlicht für nicht zustän­dig. Für die Schie­ne sind über ein Jahr nach dem Ent­wurf noch 60 Pro­zent aller Pro­jek­te nicht ein­mal bewer­tet. Ins­be­son­de­re betrifft dies die vie­len bestehen­den Eng­päs­se in den Kno­ten sowie das für den Güter­ver­kehr ent­schei­den­de 740-Meter-Netz. So kann die viel geprie­se­ne Ver­kehrs­ver­la­ge­rung von der Stra­ße auf die umwelt­freund­li­che­re Schie­ne nicht gelin­gen.

Zuletzt hat die gro­ße Koali­ti­on mit der „Ver­stei­ne­rungs­klau­sel“ im Grund­ge­setz fest­ge­schrie­ben, dass die Mit­tel des Bun­des für ÖPNV-Pro­jek­te bis 2025 nicht stei­gen dür­fen, obwohl die Mit­tel seit 20 Jah­ren nicht erhöht wur­den und sich ein erheb­li­cher Inves­ti­ti­ons- und Sanie­rungs­stau ange­sam­melt hat. Bei der der­zei­ti­gen Finanz­aus­stat­tung dau­ert die Umset­zung des ermit­tel­ten Bedarfs meh­re­re Deka­den – viel zu lang, um den öffent­li­chen Ver­kehr zu stär­ken und als Alter­na­ti­ve zum Auto zu posi­tio­nie­ren.

Die Mobi­li­tät wan­delt sich vie­ler­orts schnel­ler, als es der Ver­kehrs­mi­nis­ter und die gro­ße Koali­ti­on nach­voll­zie­hen. Es man­gelt in Deutsch­land nicht an guten Kon­zep­ten und prak­ti­schen Bei­spie­len für eine nach­hal­ti­ge­re Mobi­li­tät – es ist die Bun­des­ver­kehrs­po­li­tik, die den Anschluss ans Fah­rer­feld ver­liert. Wer Mobi­li­tät neu gestal­ten will, muss mehr poli­ti­schen Wil­len, mehr Prag­ma­tis­mus und Expe­ri­men­tier­freu­de an den Tag legen.

Für die kom­men­de Legis­la­tur­pe­ri­ode ist es wich­tig, ver­kehrs­trä­ger­über­grei­fend zu den­ken und die rich­ti­gen Rah­men­be­din­gun­gen zu set­zen. Mit dem grü­nen Mobil­pass wol­len wir Mobi­li­tät ver­ein­fa­chen und die Tarif­dschun­gel beim öffent­li­chen Ver­kehr lich­ten. Sämt­li­che Ange­bo­te des öffent­li­chen Ver­kehrs wie auch Car- und Bikesha­ring sol­len über eine Platt­form abruf- und buch­bar wer­den – von Sylt bis zur Zug­spit­ze. Um nach­hal­ti­ge Mobi­li­tät zu för­dern, set­zen wir uns dafür ein, die umwelt­schäd­li­chen Sub­ven­tio­nen im Ver­kehrs­sek­tor für Dienst­wa­gen, Die­sel und Flug­ben­zin abzu­bau­en. Die Poten­tia­le des Rad­ver­kehrs für ein umwelt­freund­li­ches Ver­kehrs­sys­tem wol­len wir heben. Dafür muss der Bund bei der Rad­ver­kehrs­för­de­rung mehr Ver­ant­wor­tung über­neh­men.

Bei der Bahn wol­len wir Grü­ne die Infra­struk­tur ver­bes­sern und aus­bau­en. Hier­zu gehö­ren die Maß­nah­men in den Kno­ten, das 740-Meter-Netz und der Deutsch­land­takt. Die anste­hen­de Leis­tungs- und Finan­zie­rungs­ver­ein­ba­rung (LUFV) III wol­len wir trans­pa­ren­ter und mit kla­ren Ziel­vor­ga­ben aus­ge­stal­ten. Mit einem Elek­tri­fi­zie­rungs­pro­gramm wol­len wir bis 2030 das Schie­nen­netz von der­zeit 60 Pro­zent auf 75 Pro­zent Elek­tri­fi­zie­rungs­grad bun­des­weit ver­bes­sern und den Ein­satz alter­na­ti­ver Antriebs­sys­te­me bes­ser för­dern. Wir set­zen uns dafür ein, die Tras­sen­prei­se zu sen­ken und gleich­zei­tig die LKW-Maut auf allen Stra­ßen und ab 3,5 Ton­nen zu erhe­ben. Um das Sys­tem Schie­ne zukunfts­fest zu machen, wol­len wir die Digi­ta­li­sie­rung durch ein grü­nes Inno­va­ti­ons­pro­gramm „Schie­ne 4.0“ vor­an­trei­ben.

Wir Grü­ne ste­hen für die Ver­kehrs­wen­de und für eine Poli­tik, die die Bahn ins Zen­trum einer inte­grier­ten Mobi­li­täts­ket­te stellt.

Die­ser Bei­trag wur­de ver­fasst für das Pri­vat­bahn­ma­ga­zin