Härtere Strafen gegen gefährliches Rasen, den “neuen Trendsport“?
Poser und Raser, diese zwei Begriffe tauchen in den letzten Monaten vermehrt in den Medien auf. Es geht um meist junge Männer, die ihre Autos aufmotzen, tunen und sich damit auf den Straßen zur Schau stellen, die Motoren aufheulen lassen und sich mitten in den Städten Rennen liefern. Die Tagesschau sprach von einem „neuen Trendsport“. Was für die einen Spaß und Hobby ist, ist für die anderen nervig und vor allem – auch für Unbeteiligte – gefährlich.
Die Grünen im Bundestag haben sich per Kleiner Anfrage mit diesem Thema beschäftigt. Wie viele Unfälle deutschlandweit durch illegale Straßenrennen verursacht werden, kann die Bundesregierung nicht sagen, da „illegale Straßenrennen“ in der Unfallstatistik nicht als Merkmal erfasst werden. Der Bundesregierung liegt kein bundesweites Lagebild vor, wie viele Verkehrsteilnehmer durch illegale Autorenne zu Schaden kamen.
Doch bekannte Beispiele zeigen, dass es Opfer dieses Phänomens gibt. Im April 2015 starb eine 19-jährige Studentin auf dem Fahrrad, als bei einem spontanen Rennen in Köln ein Fahrer die Kontrolle über sein Auto verlor. Die zwei Raser, die für den Tod der jungen Frau verantwortlich sind, wurden wegen fahrlässiger Tötung zu Bewährungsstrafen verurteilt. In einem Fall ist die Staatsanwaltschaft in Revision gegangen.
Straßenrennen sind in Deutschland grundsätzlich verboten. Doch stellt die Teilnahme an einem illegalen Rennen, bei dem niemand gefährdet oder verletzt wird, nur eine Ordnungswidrigkeit dar. Diese kann mit einem Bußgeld von 400 Euro, zwei Punkten in Flensburg und einem Monat Fahrverbot geahndet werden. Das Bußgeld für die Organisation eines unerlaubten Rennens beträgt 500 Euro. Und selbst wenn Unbeteiligte bei einem Rennen zu Schaden kamen, gab es bislang, wenn überhaupt, Bewährungsstrafen, siehe oben. Aus der Sicht der Polizei wird dieses Strafmaß der Gefahr, die von einem solchen Rennen ausgeht, nicht gerecht und auch die erwünschte Abschreckungswirkung kann hier angezweifelt werden. Im September hat der Bundesrat deutliche Strafverschärfungen gefordert. Die Teilnahme an illegalen Autorennen soll demnach mit Gefängnisstrafen von bis zu zwei Jahren und damit als Straftat geahndet werden können.
Die Bundesregierung sieht jedoch bezüglich der Sanktionierung von illegalen Autorennen derzeit keinen Handlungsbedarf und verweist auf die Möglichkeit, illegale Straßenrennen nach dem Straftatbestand der Gefährdung des Straßenverkehrs zu bestrafen. So wären in bestimmten Fällen Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafen möglich.
Ein aktueller Fall aus Berlin zeigt, dass es noch andere Möglichkeiten der Sanktionierung geben könnte, wenn unbeteiligte Personen durch Unfälle bei illegalen Wettrennen zu Schaden kommen: Anfang Februar diesen Jahres hatten sich zwei Raser auf dem Ku‘damm ein Rennen geliefert. Dabei wurde das Auto eines unbeteiligten Mannes gerammt, der dabei sein Leben verlor. Die beiden beteiligten Fahrer wurden wegen Mordes angeklagt, was bei entsprechender Verurteilung für beide eine lebenslange Haftstrafe bedeuten könnte. Dies ist der erste Fall eines illegalen Autorennens, bei dem die Staatsanwaltschaft auf Mord plädiert. Ein Urteil steht aus.
Ein anderes Beispiel für den Kampf gegen Raser ist die „Soko Rennen“, die in Köln gegründet wurde. Diese Einheit fahndet gezielt mit Blitzaktionen, Großkontrollen und Zivilstreifen nach Rasern. Im ersten Jahr wurden so 270 Autos sichergestellt, gut 650 Fahrverbote erteilt und mehr als 110 Rennen angezeigt. Trotzdem, so heißt es von dort, könne nicht festgestellt werden, dass die Szene kleiner geworden sei. Hier besteht also weiterhin Handlungsbedarf. Die Akzeptanz der Bevölkerung für dieses Vorgehen der Polizei zeigt die Schilderung eines Polizisten der „Soko Rennen“, der mitten in Köln einen zu lauten Audi R8 sicherstellte und Beifall von der Menge erhielt, als das Auto auf den Abschleppwagen geladen wurde.
In Mannheim ist es bis jetzt zum Glück noch zu keinem schlimmen Vorfall im Zusammenhang mit Straßenrennen gekommen. Damit dies so bleibt, geht die Polizei seit einiger Zeit verstärkt gegen Poser und deren getunte Autos vor. Innerhalb von weniger als zwei Monaten im Sommer dieses Jahres wurden 423 Fahrzeuge kontrolliert und es gab 130 Verfahren wegen Erlöschen der Betriebserlaubnis. Autos mit Verdacht auf illegales Tuning werden sofort aus dem Verkehr gezogen und abgeschleppt. Dann überprüft ein Gutachter das Fahrzeug. Stellt er die Unregelmäßigkeit des Fahrzeuges fest, erlischt die Betriebserlaubnis. Getunte Fahrzeuge stellen auch eine enorme Lärmbelästigung für Anwohnerinnen und Anwohner der als Rennpisten missbrauchten Straßen dar. Auch hier hat in den letzten Monaten die Stadt Mannheim mit Schwerpunktkontrollen für Schlagzeilen gesorgt. Sie hat dabei eine ganze Reihe von Autos und Motorrädern sichergestellt. Auch zu dieser Thematik gab sich die Bundesregierung, hier auf eine Anfrage von mir, unwissend und verwies schlicht auf die Zuständigkeit der Bundesländer.
Durch Manipulationen an Fahrzeugen kann beispielsweise ein Auto Lärm mit einer Lautstärke von 135 Dezibel verursachen. Das ist lauter als ein startender Düsenjet (120 Dezibel) und kann sogar eine Schädigung des Innenohrs herbeiführen. Bei Autos ist abhängig vom Modell ein Pegel von etwa 70 Dezibel zulässig.
Quellen:
Kleine Anfrage „Gefährdung der Verkehrssicherheit durch illegale Straßenrennen“: http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/089/1808993.pdf
„Mit hundert durch die Stadt“ aus FAZ-Sonntagszeitung, 12.06.2016
„Jagd auf Poser und Raser“ aus Die Zeit, 29.09.2016
Staatsanzeiger Baden-Württemberg, 19.08.2016