Foto: Der Lindauer Hauptbahnhof befindet sich auf der Insel. Er ist viergleisig über einen 400 Meter langen Damm erreichbar. Der Hauptbahnhof verfügt über acht Kopfbahnsteiggleise. Die Zulaufstrecke aus Richtung Westen (Friedrichshafen) ist eingleisig und nicht elektrifiziert. Der nächste Bahnhof im Osten ist Bregenz (Österreich).
An was denkt man, wenn man an den Bodensee denkt? An Sonne, Wasser, gutes Essen aus dem See sowie Obst und Gemüse, das um den See herum prächtig gedeiht. Und natürlich an den Tourismus. Vielleicht denkt man aber auch daran, dass der Bodensee eine wirtschaftsstarke Region mit einer hohen Zahl überwiegend attraktiver Arbeitsplätze ist. Beides – die Wirtschaftskraft mit ihren Pendlerströmen wie auch der Tourismus – benötigen gute Verkehrsanbindungen. Diese sind bereits weitgehend gut. Weitere Verbesserungen auf dem Schienenwege sind aber nur mit einem Ausbau der Infrastruktur möglich. Dazu zählen vordringlich die Elektrifizierung der Südbahn (Ulm – Friedrichshafen) und der Bodenseegürtelbahn (Friedrichshafen – Lindau), aber auch die Neuordnung des Bahnknotens in Lindau (Bayern).
Um mich über Letzteres zu informieren, nutzte ich einen Bodenseeurlaub nach Ostern für zahlreiche Erfahrungsfahrten und Gespräche mit Vertretern zweier teilweise gegensätzlicher Ideen. In Lindau tobt seit vielen Jahren ein Streit um die Zukunft des Hauptbahnhofs, der sich auf der Insel befindet. Die einen wollen den Bahnhof in seiner bisherigen Größe erhalten (mit Ausnahme der Abstellgleise). Die anderen wollen einen (großen?) Teil des Verkehrs über einen neuen Festlandbahnhof in Lindau-Reutin führen. Zwei Bürgerentscheide ergaben Mehrheiten für einen zusätzlichen Festlandsbahnhof. Eine dritte Abstimmung scheiterte an der zu geringen Wahlbeteiligung. Seit von einer „Zwei-Bahnhöfe-Lösung“ die Rede ist, haben sich die Wogen geglättet. Dies war auch mein Eindruck bei den Gesprächen. Ein Konsens bis ins Detail ist jedoch noch nicht absehbar.
Meine ersten Gesprächspartner treten ein für einen starken Festlandsbahnhof. Nur mit einem solchen könnten durch Wegfall so mancher Stichfahrten auf die Insel Fahrtzeitgewinne realisiert und vor allem der grenzüberschreitende Verkehr für Berufspendler attraktiver werden. Hier seien viele Fahrgäste, die bislang das Auto nutzen, für die Bahn zu gewinnen. Die Insel soll auf dem Schienenweg jedoch nicht abgehängt werden. Zwei bis drei Züge pro Stunde halten sie dorthin für realistisch.
Danach traf ich mich mit Vertretern von der „Aktionsgemeinschaft Inselbahnhof“, der „Initiative Verkehrsmuseum S3/6 Lindau“, von der „Initiative Bodensee-S-Bahn“ sowie den örtlichen Grünen. Sie wiesen darauf hin, dass der Inselbahnhof Lindau aufgrund seiner Lage und seiner jetzigen Größe ideal als zentraler Taktknoten in der östlichen Bodensee-Region sei. Dabei sollten alle heute vorhandenen acht Gleise erhalten bleiben. Mit geringen baulichen Änderungen der Gleisanlagen in Aeschach wären zukünftig sogar Taktverdichtungen auf 20 Minuten oder weniger denkbar. In Ergänzung zum Inselbahnhof könne Lindau-Reutin eine bedeutsame Rolle als Halt aller Fernzüge und für alle Regionalzüge nach Vorarlberg und die Schweiz finden.
Bei beiden Gesprächen habe ich eine Initiative im Bundestag angekündigt, um offene Fragen zu thematisieren und nach Möglichkeit zu klären. Den Entwurf für eine Kleine Anfrage habe ich bereits geschrieben und den Abstimmungsprozess mit beiden Gesprächsgruppen eingeleitet. Außerdem habe ich die Durchführung eines „Grünen Bodensee-Bahn-Forums“ zu den Bahnthemen am nördlichen und östlichen Bodenseeufer angeregt.
Übrigens haben jüngst Bauarbeiten im Inselbahnhof begonnen. Alle Gleise inklusive dem Schotter werden erneuert. Unabhängig davon, welche Züge künftig in welchem Bahnhof halten werden: Der Inselbahnhof wird eine Bedeutung erhalten – vor allem für den Tourismus inklusive der Umsteigemöglichkeit zwischen Zug und Schiff; teilweise aber auch für den Umstieg zwischen Zügen. Erfreulich ist, dass seitens der DB AG die Einrichtung eines Runden Tisches zur weiteren Gestaltung des Inselbahnhofes angekündigt wurde. Ziel muss ein, möglichst viele Entscheidungen im größtmöglichen Konsens zu erzielen. Wünschenswert finde ich darüber hinaus ein Verkehrskonzept für Lindau und insbesondere die Insel. Eine Vision könnte die der autofreien Insel sein. Kurze Wege, beste Angebote durch den Einzelhandel, aber auch seitens Bahn, Bus und Radwegeverbindungen prädestinieren die Insel hierfür. Lindau würde damit ein die Lebensqualität steigerndes Alleinstellungsmerkmal hinzugewinnen.
Demnächst werde ich mich dem Schienenverkehr in der westlichen Bodenseeregion widmen. Denn auch hier gibt es Handlungsbedarfe …