Vor Ort über Bodenseegürtelbahn und die Lindauer „Zwei-Bahnhofs-Lösung“ informiert

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Lindau Damm 317.04.2015

Foto: Der Lin­dau­er Haupt­bahn­hof befin­det sich auf der Insel. Er ist vier­glei­sig über einen 400 Meter lan­gen Damm erreich­bar. Der Haupt­bahn­hof ver­fügt über acht Kopf­bahn­steig­glei­se. Die Zulauf­stre­cke aus Rich­tung Wes­ten (Fried­richs­ha­fen) ist ein­glei­sig und nicht elek­tri­fi­ziert. Der nächs­te Bahn­hof im Osten ist Bre­genz (Öster­reich).   

 

 

 

 

An was denkt man, wenn man an den Boden­see denkt? An Son­ne, Was­ser, gutes Essen aus dem See sowie Obst und Gemü­se, das um den See her­um präch­tig gedeiht. Und natür­lich an den Tou­ris­mus. Viel­leicht denkt man aber auch dar­an, dass der Boden­see eine wirt­schafts­star­ke Regi­on mit einer hohen Zahl über­wie­gend attrak­ti­ver Arbeits­plät­ze ist. Bei­des – die Wirt­schafts­kraft mit ihren Pend­ler­strö­men wie auch der Tou­ris­mus – benö­ti­gen gute Ver­kehrs­an­bin­dun­gen. Die­se sind bereits weit­ge­hend gut. Wei­te­re Ver­bes­se­run­gen auf dem Schie­nen­we­ge sind aber nur mit einem Aus­bau der Infra­struk­tur mög­lich. Dazu zäh­len vor­dring­lich die Elek­tri­fi­zie­rung der Süd­bahn (Ulm – Fried­richs­ha­fen) und der Boden­see­gür­tel­bahn (Fried­richs­ha­fen – Lin­dau), aber auch die Neu­ord­nung des Bahn­kno­tens in Lin­dau (Bay­ern).

Um mich über Letz­te­res zu infor­mie­ren, nutz­te ich einen Boden­see­ur­laub nach Ostern für zahl­rei­che Erfah­rungs­fahr­ten und Gesprä­che mit Ver­tre­tern zwei­er teil­wei­se gegen­sätz­li­cher Ideen. In Lin­dau tobt seit vie­len Jah­ren ein Streit um die Zukunft des Haupt­bahn­hofs, der sich auf der Insel befin­det. Die einen wol­len den Bahn­hof in sei­ner bis­he­ri­gen Grö­ße erhal­ten (mit Aus­nah­me der Abstell­glei­se). Die ande­ren wol­len einen (gro­ßen?) Teil des Ver­kehrs über einen neu­en Fest­land­bahn­hof in Lin­dau-Reu­tin füh­ren. Zwei Bür­ger­ent­schei­de erga­ben Mehr­hei­ten für einen zusätz­li­chen Fest­lands­bahn­hof. Eine drit­te Abstim­mung schei­ter­te an der zu gerin­gen Wahl­be­tei­li­gung. Seit von einer „Zwei-Bahn­hö­fe-Lösung“ die Rede ist, haben sich die Wogen geglät­tet. Dies war auch mein Ein­druck bei den Gesprä­chen. Ein Kon­sens bis ins Detail ist jedoch noch nicht abseh­bar.

Mei­ne ers­ten Gesprächs­part­ner tre­ten ein für einen star­ken Fest­lands­bahn­hof. Nur mit einem sol­chen könn­ten durch Weg­fall so man­cher Stich­fahr­ten auf die Insel Fahrt­zeit­ge­win­ne rea­li­siert und vor allem der grenz­über­schrei­ten­de Ver­kehr für Berufs­pend­ler attrak­ti­ver wer­den. Hier sei­en vie­le Fahr­gäs­te, die bis­lang das Auto nut­zen, für die Bahn zu gewin­nen. Die Insel soll auf dem Schie­nen­weg jedoch nicht abge­hängt wer­den. Zwei bis drei Züge pro Stun­de hal­ten sie dort­hin für rea­lis­tisch.

Danach traf ich mich mit Ver­tre­tern von der „Akti­ons­ge­mein­schaft Insel­bahn­hof“, der „Initia­ti­ve Ver­kehrs­mu­se­um S3/6 Lin­dau“, von der „Initia­ti­ve Boden­see-S-Bahn“ sowie den ört­li­chen Grü­nen. Sie wie­sen dar­auf hin, dass der Insel­bahn­hof Lin­dau auf­grund sei­ner Lage und sei­ner jet­zi­gen Grö­ße ide­al als zen­tra­ler Takt­kno­ten in der öst­li­chen Boden­see-Regi­on sei. Dabei soll­ten alle heu­te vor­han­de­nen acht Glei­se erhal­ten blei­ben. Mit gerin­gen bau­li­chen Ände­run­gen der Gleis­an­la­gen in Aeschach wären zukünf­tig sogar Takt­ver­dich­tun­gen auf 20 Minu­ten oder weni­ger denk­bar. In Ergän­zung zum Insel­bahn­hof kön­ne Lin­dau-Reu­tin eine bedeut­sa­me Rol­le als Halt aller Fern­zü­ge und für alle Regio­nal­zü­ge nach Vor­arl­berg und die Schweiz fin­den.

Bei bei­den Gesprä­chen habe ich eine Initia­ti­ve im Bun­des­tag ange­kün­digt, um offe­ne Fra­gen zu the­ma­ti­sie­ren und nach Mög­lich­keit zu klä­ren. Den Ent­wurf für eine Klei­ne Anfra­ge habe ich bereits geschrie­ben und den Abstim­mungs­pro­zess mit bei­den Gesprächs­grup­pen ein­ge­lei­tet. Außer­dem habe ich die Durch­füh­rung eines „Grü­nen Boden­see-Bahn-Forums“ zu den Bahn­the­men am nörd­li­chen und öst­li­chen Boden­see­ufer ange­regt.

Übri­gens haben jüngst Bau­ar­bei­ten im Insel­bahn­hof begon­nen. Alle Glei­se inklu­si­ve dem Schot­ter wer­den erneu­ert. Unab­hän­gig davon, wel­che Züge künf­tig in wel­chem Bahn­hof hal­ten wer­den: Der Insel­bahn­hof wird eine Bedeu­tung erhal­ten – vor allem für den Tou­ris­mus inklu­si­ve der Umstei­ge­mög­lich­keit zwi­schen Zug und Schiff; teil­wei­se aber auch für den Umstieg zwi­schen Zügen. Erfreu­lich ist, dass sei­tens der DB AG die Ein­rich­tung eines Run­den Tisches zur wei­te­ren Gestal­tung des Insel­bahn­ho­fes ange­kün­digt wur­de. Ziel muss ein, mög­lichst vie­le Ent­schei­dun­gen im größt­mög­li­chen Kon­sens zu erzie­len. Wün­schens­wert fin­de ich dar­über hin­aus ein Ver­kehrs­kon­zept für Lin­dau und ins­be­son­de­re die Insel. Eine Visi­on könn­te die der auto­frei­en Insel sein. Kur­ze Wege, bes­te Ange­bo­te durch den Ein­zel­han­del, aber auch sei­tens Bahn, Bus und Rad­we­ge­ver­bin­dun­gen prä­de­sti­nie­ren die Insel hier­für. Lin­dau wür­de damit ein die Lebens­qua­li­tät stei­gern­des Allein­stel­lungs­merk­mal hin­zu­ge­win­nen.

Dem­nächst wer­de ich mich dem Schie­nen­ver­kehr in der west­li­chen Boden­see­re­gi­on wid­men. Denn auch hier gibt es Hand­lungs­be­dar­fe …