Im Jahr 2016 aus dem Karlsruher Institut für Technologe (KIT) ausgegliedert, entwickelt, baut und betreibt das Start-Up „INERATEC“ Anlagen zur Produktion von strombasierten Kraftstoffen. Eine Pionieranlage befindet sich seit kurzem nahe des Frankfurter Flughafens.
Es sollte keine Frage sein: Auch der Verkehrssektor muss klimaneutral werden und von fossilen Energieträgern wegkommen. Beim Pkw bietet sich wegen seiner hohen Energieeffizienz und der technologischen Verfügbarkeit der batterieelektrische Antrieb an. Um Ressourcen zu schonen, sollte Mobilität zudem mit deutlich weniger Autos organisiert werden. Aber was geschieht mit Schiffen und Flugzeugen? Hier kommen Batterien zumindest für große Lasten und lange Strecken absehbar nicht in Frage. Mittels Elektrolyse kann aus Strom fast alles erzeugt werden: „Power to Liquid-Anlagen“ können E‑Benzin, E‑Diesel, E‑Marinediesel und E‑Kerosin erzeugen. Ein Problem: Für die Herstellung des Ausgangsstoffs, „grünen“ Wasserstoff, werden sehr große Mengen an regenerativ erzeugtem Strom benötigt[1]. Doch dieser Strom steht nicht immer und nicht überall in ausreichend großer Menge zu günstigen Preisen zur Verfügung. Lösungsansatz von „Ineratec“: Die Entwicklung von Anlagen, die mit fluktuierenden Strommengen zurechtkommen und eine hohe Belastungsflexibilität aufweisen. Die modularen Anlagen müssen dafür kurze An- und Abfahrtszeiten ermöglichen und an unterschiedlichen, auch dezentralen Standorten betrieben werden können. Ziel des Unternehmens ist es, die alternativen Energieträger für den Verkehrssektor, aber auch als Erdölersatz in der Chemieindustrie in den Markt zu bringen.
Ich habe das Unternehmen gemeinsam mit interessierten Grünen-Mitgliedern aus Karlsruhe besucht. Wir konnten aus den Gesprächen und der Besichtigung der Produktionshalle, in der die Anlagen gebaut werden, wichtige Informationen mitnehmen. Das Unternehmen beschäftigt 170 Mitarbeitende, die meisten davon am Standort Karlsruhe. Im Blick hat man alle Verkehrsträger, die betankt werden müssen. Der Flugverkehr ist gut reguliert, da bis zu 50 Prozent an E‑Fuels beigemischt werden dürfen. Doch die Zahlungsbereitschaft sei gerade in der Luftfahrt wie auch in der Schifffahrt besonders gering. Im Straßenverkehr sei diese höher. Aufgrund des hohen Stromkostenanteils von 75 Prozent bei zugleich noch geringen verfügbaren Mengen liegt der Herstellungspreis derzeit im höheren einstelligen Preis pro Liter. Auch in Ländern mit niedrigeren Strompreisen liegt der Erzeugungspreis noch über dem der Preise für fossiles Benzin/fossilen Diesel – hier verspricht die Skalierung die notwendige Kostenreduktion und ‑annäherung. Einen großen Schritt hat das Unternehmen nach eigener Einschätzung mit der Installation und Inbetriebnahme seiner erste kommerziellen Anlage in Deutschland gemacht.
Seine Kernkompetenz sieht das Unternehmens in der sehr kompakten, modularen Bauweise der „Power to Liquid-Anlagen“ und umfangreicher Betriebserfahrung. Die Anlage in Frankfurt kann 2.500 Tonnen E‑Fuels pro Jahr produzieren. Am Flughafen entspricht dies der Menge, die in wenigen Stunden von den Flugzeugen geschluckt wird. Aktuell sind noch Mengen verfügbar, es gibt noch keinen vollständigen Absatz. Dies zeigt, wie weit und wie schwierig der Weg zur Klimaneutralität ist, wenn nur der Preis zählt. Für das junge Unternehmen Ineratec ist die Zähigkeit des Marktes, der seit jeher auf sehr günstigen fossilen Ressourcen basiert, eine entscheidende Herausforderung. Europa und unser Land sollten erkennen, dass wir unbedingt Vorreiter der PtX-Technologie bleiben sollten, wenn wir nicht in neue Abhängigkeiten bei unserer Versorgung mit Energieträgern geraten wollen.
[1] Die Herstellung von Wasserstoff über die Elektrolyse ist alles andere als effizient.