Endlich wird Rechtsabbiegen bei Rot geprüft!
Endlich mal zumindest ein klein wenig Bewegung in der Radverkehrspolitik der Bundesregierung: Das Rechtsabbiegen bei Rot könnte bald vereinfacht werden.
Rechtsabbiegeunfälle sind mit die häufigsten und vor allem die schwerwiegendsten unter Beteiligung des Radverkehrs. Radfahrende, die rechts neben wartenden Lastkraftwagen, Bussen oder auch Personenkraftwagen auf „Grün“ warten, befinden sich häufig im toten Winkel und laufen Gefahr, beim Anfahren in die Rechtskurve übersehen zu werden. Die Verkehrspolitik muss sich endlich ernsthaft Gedanken machen, wie sie dieses Risiko verringern möchte. Spiegel und elektronische Warnsysteme sind eine, leider noch längst nicht an allen großen Fahrzeugen umgesetzte Möglichkeit. Eine andere, die ergänzend dazu gesehen werden kann, ist das erleichterte Rechtsabbiegen für den Radverkehr an dafür geeigneten Kreuzungen. Radfahrende, die bereits abgebogen sind, können nicht mehr übersehen werden. Bislang vertrat die Bundesregierung eine strikt ablehnende Haltung gegenüber der Forderung, Radfahrenden an geeigneten Kreuzungen das Rechtsabbiegen durch ein spezielles Verkehrszeichen zu vereinfachen. Aus der Antwort auf eine aktuelle Anfrage geht hervor, dass die Bundesregierung ihre Haltung geändert hat und einer Änderung des Rechtsrahmens nach dem Vorbild unserer Nachbarstaaten offen gegenübersteht. Konkret sagt die Bundesregierung:
„Es ist geplant im Rahmen der nächsten StVO-Novelle§ 37 Absatz 2 Nr. 1 Satz 8 StVO im Hinblick auf Radsonderwege zu erweitern. Darüber hinaus soll die Bundesanstalt für Straßenwesen mit einer Untersuchung zur Klärung der Frage beauftragt werden, ob es unter Verkehrssicherheitsgesichtspunkten sinnvoll ist, die Grünpfeil-Regelung in Einzelfällen nur auf den Radverkehr beschränken zu können und ob dafür die Anforderungsvoraussetzungen der Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) im Hinblick auf die unterschiedlichen Radwegeführungen modifiziert werden können.“
Ich begrüße die neue Offenheit. Es ist gut, dass die Bundesregierung einen Abbiegepfeil speziell für Radfahrer als rechtlich möglich ansieht und unter Verkehrssicherheitsgesichtspunkten von der Bundesanstalt für Straßenwesen prüfen lässt. Bisherige Studien aus dem Ausland (bspw. der Stadt Basel) konnten keine nachteiligen Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit feststellen.
Kritisch sehe ich jedoch, dass die Bundesregierung die Meinung vertritt, dass es für Radfahrende auch bei einem neuen Verkehrszeichen eine Pflicht geben muss, auch bei freier Fahrt, vor dem Abbiegen zunächst anzuhalten. Auch die rechtliche Begründung ist aus meiner Sicht nicht überzeugend, da z. B. unsere Nachbarländer Frankreich und Belgien auch Unterzeichner des Wiener Abkommens für Verkehrszeichen sind und dennoch eine Regelung ohne Anhaltepflicht eingeführt haben.
Den neuen Kurs der Bundesregierung habe ich wie folgt kommentiert:
„Der Kurswechsel des Verkehrsministeriums beim Rechtsabbiegen von Radfahrern ist erfreulich. Angesichts anhaltend hoher Unfallzahlen müssen neue Maßnahmen ergriffen werden. Allerdings können auch Unterzeichner des Wiener Abkommens Verkehrszeichen einführen, die Radfahrern an geeigneten Kreuzungen das Rechtsabbiegen bei Rot auch ohne Anhaltepflicht ermöglichen. Der Status quo in Frankreich und Belgien zeigt, dass dies nicht unzulässig ist. Notwendig ist keine Anhaltepflicht, sondern ein festgeschriebener Vorrang für Fußgänger und Querverkehre. Eine Anhaltepflicht wäre praxisfern und würde den Fluss des Radverkehrs unnötig einschränken.“