Zu Besuch bei ZF in Friedrichshafen

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Gemein­sam mit Mit­glie­dern der bei­den grü­nen Lan­des­ar­beits­ge­mein­schaf­ten “Mobi­li­tät” und “Wirt­schaft, Finan­zen und Sozia­les” war ich bei ZF in Fried­richs­ha­fen. Der Besuch begann mit einem Rund­gang durch das haus­ei­ge­ne Muse­um. Im Vor­der­grund sind Hybrid-Antrie­be für Nutz­fahr­zeu­ge zu sehen.

22.02.2020

Auf dem Weg zu elektrischen Antrieben

ZF („Zahn­rad­fa­brik“ Fried­richs­ha­fen, 1915 gegrün­det) ist der fünft­größ­te Auto­mo­bil­zu­lie­fe­rer der Welt und ein welt­weit akti­ver Tech­no­lo­gie­kon­zern. Er lie­fert Sys­te­me für Pkw, Nutz­fahr­zeu­ge (Bahn, Schiff, Hub­schrau­ber) und Indus­trie­tech­nik. Ein Schwer­punkt der Wei­ter­ent­wick­lung der ZF-Sys­te­me ist nach Fir­men­an­ga­ben die digi­ta­le Ver­net­zung und Auto­ma­ti­sie­rung.

ZF ist – nach eini­gen Unter­neh­mens­zu­käu­fen – mit rund 150.000 Mit­ar­bei­tern (ein Drit­tel davon in Deutsch­land) an rund 230 Stand­or­ten in 40 Län­dern ver­tre­ten. Der Jah­res­um­satz liegt bei knapp 40 Mil­li­ar­den Euro. Das Unter­neh­men wen­det eige­nen Anga­ben zufol­ge jähr­lich mehr als sechs Pro­zent sei­nes Umsat­zes für For­schung und Ent­wick­lung auf. Geglie­dert ist es in die neun Divi­sio­nen Pkw-Antriebs­tech­nik, Pkw-Fahr­werk­tech­nik, Nutz­fahr­zeug­tech­nik, Indus­trie­tech­nik (u. a. Bahn­tech­nik), E‑Mobility, After­mar­ket, Elek­tro­nik und ADAS, Pas­si­ve Sicher­heits­tech­nik (bspw. sich selbst straf­fen­de Sicher­heits­gur­te und Air­bags) und Akti­ve Sicher­heits­tech­nik (bspw. elek­tro­ni­sche Sta­bi­li­täts­kon­trol­len für Pkw). ZF fir­miert als Akti­en­ge­sell­schaft, ist aber nicht an der Bör­se notiert. Aktio­nä­re sind die Zep­pe­lin- und die Dr. Jür­gen und Irm­gard Uld­e­r­up-Stif­tung. Da die Zep­pe­lin­stif­tung zum weit über­wie­gen­den Teil von der Stadt Fried­richs­ha­fen ver­wal­tet wird und der Ober­bür­ger­meis­ter als Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­der fun­giert, hat die Stadt einen sehr aus­ge­präg­ten Ein­fluss.

Schwer­punkt unse­res Gesprächs war der Bei­trag, den ZF zur Ver­kehrs­wen­de leis­tet bzw. leis­ten kann. Auf der Home­page ver­kün­det ZF: „Elek­tri­sche oder elek­tri­fi­zier­te Antrie­be sind ein wesent­li­cher Hebel, um loka­le Emis­sio­nen im Ver­kehr rasch zu sen­ken.“ Der Kon­zern bie­tet rein elek­tri­sche und Hybrid-Lösun­gen für alle Fahr­zeug­seg­men­te, vom Fahr­rad über den Leicht-Trans­por­ter und den Stadt­bus bis zum 40-Ton­ner. Neben dem Antrieb wer­den Leis­tungs­elek­tro­nik, Wech­sel­rich­ter und die pas­sen­de Soft­ware mit­an­ge­bo­ten. Ange­bo­ten wer­den Kom­po­nen­ten für die unter­schied­li­chen Stu­fen der Elek­tri­fi­zie­rung, so die Mild-Vari­an­te mit 20 kW elek­tri­scher Extra­leis­tung als auch mit 90 kW für rein elek­tri­sches Fah­ren. Elek­tri­sche Hin­ter­achs­mo­du­le kön­nen in bestehen­den Fahr­zeug­platt­for­men von Bus­sen und Lkw kon­ven­tio­nel­le Hin­ter­ach­sen erset­zen und für emis­si­ons­frei­en Vor­trieb sor­gen. Inter­es­sant war für uns zu hören, dass ZF kei­ne Pro­duk­te mehr für aus­schließ­lich kon­ven­tio­nel­le Antrie­be (für „rei­ne“ Ver­bren­nungs­mo­to­ren) ent­wi­ckelt. Viel­mehr wird auf Hybrid- und rein elek­tri­sche Lösun­gen gesetzt. Die Abhän­gig­keit des Unter­neh­mens vom Ver­bren­nungs­mo­tor konn­te von über 50 auf inzwi­schen nur noch rund 25 Pro­zent (bezo­gen auf den Umsatz) redu­ziert wer­den. Über Sinn und Unsinn von hybri­den Antrie­ben haben wir kon­tro­vers dis­ku­tiert. Bei uns Grü­nen herrscht ein skep­ti­scher Blick dar­auf vor, da die elek­tri­sche Reich­wei­te meist sehr zu wün­schen übrig lässt und vie­le Hybrid­au­tos nie von außen elek­trisch gela­den wer­den. Dann wird viel Gewicht spa­zie­ren gefah­ren und die Umwelt­bi­lanz ist schlech­ter als bei einem Ver­bren­ner ohne zusätz­li­chen E‑Motor und ohne Akku. Die Ver­tre­ter von ZF ver­wie­sen jedoch dar­auf, dass der Trend zu grö­ße­ren elek­tri­schen und kür­ze­ren ver­bren­ner­tech­no­lo­gi­schen Reich­wei­ten gehe. In der Prä­sen­ta­ti­on, die uns gezeigt wur­de, ging es auch um die Wir­kungs­gra­de der ver­schie­de­nen Antriebs­tech­no­lo­gien: Voll­elek­tri­scher Antrieb 70 Pro­zent, Brenn­stoff­zel­le 35 Pro­zent, E‑Diesel 15 Pro­zent. Zwar vari­ie­ren die kon­kre­ten Anga­ben in ver­schie­de­nen Dar­stel­lun­gen, sie spre­chen aber letzt­lich immer die glei­che Spra­che und spre­chen gegen die Ver­bren­ner­tech­no­lo­gie.

ZF ist auch im Bereich der Bahn­tech­nik tätig. Hier geht es um Antriebs­tech­nik für alle Antriebs­ar­ten (Die­sel, Hybrid und elek­trisch) sowie Fahr­werk­tech­nik.

Eben­so gibt es ein Geschäfts­feld im Bereich der Wind­kraft­an­la­gen. Ent­wi­ckelt und pro­du­ziert wer­den Getrie­be. Man ist, so beka­men wir zu hören, alles ande­re als glück­lich über die der­zei­ti­ge nega­ti­ve Ent­wick­lung der Wind­ener­gie in Deutsch­land.

Abschlie­ßend spra­chen wir über die Beschäf­ti­gungs­si­che­rung und den Fach­kräf­te­man­gel. Das Unter­neh­men geht davon aus, dass es kei­ne stär­ke­ren Ver­än­de­run­gen bei der Anzahl der Beschäf­tig­ten geben wird. Ver­schie­bun­gen zwi­schen den nach­ge­frag­ten Qua­li­fi­ka­tio­nen sind aber bereits ein­ge­tre­ten: Wäh­rend weni­ger Maschi­nen­bau­er benö­tigt wer­den, steigt bei­spiels­wei­se die Nach­fra­ge nach ITlern. Die Trans­for­ma­ti­on hat Fahrt auf­ge­nom­men.