28.05.2015
Mit meiner Fraktionskollegin Valerie Wilms und Mitarbeiterinnen aus beiden Abgeordnetenbüros habe ich kürzlich den Hamburger Hafen besucht. Wir führten ein Gespräch mit der Betreibergesellschaft des Hafens, HPA, das wir bei einer Hafenrundfahrt fortsetzten.
Ein Blick hinter die Kulissen des größten europäischen Güterumschlagsplatzes werfen zu dürften – diese Chance wollte ich mir nicht entgehen lassen. Mit meiner Fraktionskollegin Valerie Wilms habe ich den Hamburger Hafen besucht. Die Nummer 15 weltweit (nach Umschlagsmengen) erstreckt sich auf einer gigantischen Fläche von 70 Quadratkilometern. Auf dem Gelände, das außer dem Bergbau jede Industriebranche beherbergt, arbeiten 50.000 Menschen. Außer einigen wenigen Feiertagen kennt er keine Ruhe.
Das birgt Konflikte. Zumal der Hafen auf allen Seiten von Wohngebieten eingesäumt ist. Emissionen von Luftschadstoffen, Lärm und Licht sowie riesige Mengen an Verkehr stellen enorme Belastungen für Mensch und Umwelt dar. Und das Wachstum setzt sich fort. Nicht in die Fläche, denn die steht kaum mehr zur Verfügung. Aber die verfügbare Fläche wird effizienter genutzt. Die Schiffe werden größer, bei Längenmaßen von 400 Meter wird nicht Schluss sein und schon gar nicht in der Breite. Die umgeschlagenen Gütermengen haben sich seit 1980 mehr als verdoppelt; der Großteil (98 Prozent) davon wird inzwischen in Containern transportiert. Der Hafenbetreiber und die Reedereien sind damit vor mindestens zwei große Herausforderungen gestellt. Für die erste ist der Mond verantwortlich. Schiffe mit starkem Tiefgang sind tideabhängig, können also nur mit der Flutwelle ein- und auslaufen. Die Wassertiefe schwankt gezeitenabhängig um mehr als drei Meter („Tidehub“). Die zweite Herausforderung liegt im Güteran- und ‑abtransport. 60 Prozent der Güter werden mit dem Lastkraftwagen an- und abgefahren, das sind 40.000 Lastwagen pro Tag! 39 Prozent werden mit der Bahn und nur knapp 2 Prozent mit dem Binnenschiff transportiert. Der hohe LKW-Anteil lässt sich auch damit erklären, dass 16 Prozent der Güter aus dem Nahbereich (150 Kilometer) stammen oder dorthin verbracht werden müssen. Für diese Distanzen bietet sich der Transport auf dem Schienenweg nicht an. Es sind aber auch die Engpässe im Schienennetz sowie Wettbewerbsbedingungen zu Ungunsten der Schiene, die den LKW unangemessen stark machen. Die Betreibergesellschaft des Hafens, der sich damit indirekt in öffentlicher Hand (genauer gesagt in der Hand der Stadt Hamburg) befindet, plant den Ausbau des Schienennetzes innerhalb des Hafengeländes. Was dann noch zur Stärkung der Schiene fehlt ist die Beseitigung der Engpässe im Hinterland (Stichwort „Y‑Trasse“), aber ebenso entlang der Rheintalstrecke. Auch das Binnenschiff hat noch Potential nach oben. Die Elbe ist nur bedingt schifffahrtstauglich. Bis zum Fall der Mauer und des eisernen Vorhangs war die Elbe für die Binnenschifffahrt noch zu kurz und zu unbedeutend. Das könnte heute anders sein. Doch dazu müsste mit höheren Brückenbauwerken und tieferen Fahrrinnen massiv in eine ökologisch verhältnismäßig intakte Flusslandschaft eingegriffen werden.
Und selbstverständlich waren es eben die ökologischen Aspekte, die in unserem Gespräch mit dem Hafenbetreiber die wesentlichste Rolle gespielt haben. Beispiel Landstromversorgung: Der Energiebedarf eines Kreuzfahrtschiffes – und davon gibt es auch in Hamburg immer mehr – entspricht dem einer Kleinstadt mit 75.000 EinwohnerInnen. Von der Betreibergesellschaft wird dafür inzwischen eine feste Landstromanlage zur Verfügung gestellt. Außerdem konnten wir bei der Hafenrundfahrt „Hummel“ sehen, das neue schwimmende Flüssiggaskraftwerk, das weitere Schiffe mit emissionsarmem Strom versorgen kann. Leider aber können bislang nur wenige Schiffe überhaupt Landstrom nutzen. Ein weiteres Problem enttäuscht: Die Entsorgung von Müll und Fäkalien erfolgt über private Unternehmen und ist nicht in der Hafengebühr enthalten. Damit ist zu befürchten, dass diese noch immer allzu häufig auf See illegal, aber preiswert „entsorgt“ werden.
Wenn das Schiff nicht nur das oftmals kostengünstigste, sondern auch ein ökologisch vorteilhaftes Transportmittel werden möchte, gibt es also noch viel zu tun!